Die Bundesregierung erwägt, unerwünschte Übernahmen von Firmen in sensiblen Technologiebereichen durch ausländische Investoren notfalls mithilfe eines Milliardenfonds zu verhindern. "Wir wollen von staatlicher Seite her einen Fonds zur Verfügung haben für Fälle, in denen sich absolut kein privatwirtschaftlicher Investor in Deutschland findet oder auch Garantien von der KfW letztlich nicht zum erwünschten Erfolg führen", hieß es am Mittwoch in Regierungskreisen in Berlin laut Reuters. "Wir reden da von einer Milliarde Euro, die für den Fall der Fälle zur Verfügung stehen soll." Der Fonds solle zweigleisig aufgestellt sein: "Zur Rettung sicherheitsrelevanter Unternehmen in finanzieller Schieflage sowie proaktiv zur gezielten Förderung von deutschen Schlüsseltechnologien."
Noch vergangene Woche hatte das Wirtschaftsministerium Berichte über Planungen für einen Staatsfonds zur Abwehr unerwünschter Übernahmen dementiert. Die neuen Äußerungen aus Regierungskreisen wollte eine Sprecherin des Ministeriums aber nicht kommentieren. Wirtschaftsminister Peter Altmaier arbeitet derzeit an einer Industriestrategie, hat aber bislang noch keine Details dazu dargelegt. Noch seien diese Überlegungen nicht abgeschlossen, hieß es in Regierungskreisen. In diesem Prozess würden verschiedenste Optionen geprüft, wie der Industriestandort Deutschland fit für die Zukunft gemacht werden könne. Dabei dürfte auch der Schutz von Zukunftstechnologien am hiesigen Standort eine Rolle spielen.
Die Regierung beobachtet seit längerem das große Interesse chinesischer Investoren an zukunftsträchtigen Unternehmen in Deutschland und arbeitet an schärferen Instrumenten, um solche Übernahmen gegebenenfalls verhindern zu können. Die Regierung hatte zuletzt etwa den Kauf eines Anteils am Stromnetzbetreiber 50Hertz durch einen Investor aus China verhindert. Auf ihr Geheiß war das Paket stattdessen von der staatlichen Förderbank KfW übernommen worden, um es später weiterzuveräußern.
China arbeite stringent seine Strategie "China 2025" mit dem Ziel ab, seine bestehenden Technologielücken zu schließen und den Weltmarkt im Bereich neuer Technologien zu dominieren, hieß es. Daher stünden deutsche Unternehmen mit speziellem Know-how oder auch Startups im Bereich neuer Technologien auf dem "Einkaufszettel" von teilweise staatlich getriebenen chinesischen Investoren, aber auch die sogenannten kritischen Infrastrukturen.
Die Zahl der Verfahren zur Prüfung von chinesischen Investitionen in inländische Unternehmen ist innerhalb der vergangenen drei Jahre sehr stark angestiegen. Allein auf China entfallen der Regierung zufolge 65 von insgesamt 165 Prüfungen ausländischer Unternehmenserwerbe in diesem Zeitraum. 2017 steigerte China seine Übernahmen im Vergleich zu 2016 um fast 100 Prozent auf 30 Fälle (2016: 16 Fälle). Und dies seien nur jene besonders sicherheitsrelevanten Fälle, die nach der Außenwirtschaftsverordnung einer Prüfung hätten unterzogen werden können.
Die Koalition plant auch, das Außenwirtschaftsrecht zu ändern, wie Bundeswirtschaftsminister Altmaier im August angekündigt hatte. Dazu soll die derzeit geltende Eingriffsschwelle der Regierung gesenkt werden.