Politik

Saudi-Arabien versucht diskrete Annäherung an Assad

Die Golf-Staaten sehen ein, dass sie den Syrien-Krieg verloren haben. Nun wollen sie Syriens Präsident Assad davon überzeugen, den Iran aus Syrien zu verdrängen.
22.11.2018 21:16
Lesezeit: 3 min

Die Golf-Staaten haben sich offenbar damit abgefunden, dass der syrische Präsident Baschar al-Assad und die syrische Armee (SAA) den Krieg in Syrien gegen internationale Söldner, die zuvor von den Golf-Staaten unterstützt wurden, gewonnen haben. Das Middle East Eye (MEE) berichtet, dass Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mittlerweile um die Gunst von Assad buhlen würden. Ein syrischer Regierungsbeamter sagte dem russischen Blatt Nezavisimaya Gazeta, dass die VAE Verhandlungen mit Damaskus zur Wiedereröffnung der VAE-Botschaft in Syrien führen würde.

Das MEE gibt Angaben zu den Hintergründen des plötzlichen Positionswechsels der Golf-Staaten. Das Blatt wörtlich: „In einer ironischen Wendung erkannten Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Bahrain und Kuwait plötzlich die Notwendigkeit, Syrien zu stärken, um ein Gegengewicht zu einer wachsenden Kontrolle des Iran und der Türkei über die Angelegenheiten in der Levante zu schaffen (...) Diese Ansicht lautet wie folgt: Nur durch die Zusammenarbeit mit Damaskus kann der Einfluss von Teheran und Ankara ausgeglichen werden.“

Dem MEE zufolge wollen die Golf-Staaten eine Annäherung zwischen der Türkei und Katar mit Syrien verhindern. Gleichzeitig soll der Einfluss des Iran eingedämmt werden. Stattdessen sollen Riyad und Abu Dhabi die Ansprechpartner der Regierung in Damaskus werden.

Anwar Gargasch, Außenminister der VAE, hatte im Juni 2018 nach Angaben des Syrian Observer gesagt: „Ich denke, es war ein Fehler, Syrien aus der arabischen Liga zu streichen. Das bedeutete, dass wir keinerlei politischen Einfluss hatten und keinen offenen Kanal hatten (...) Das Interesse des Iran ist anders. Es versucht, einen Einflussbereich in Syrien zu schaffen, Teil eines schleichenden iranischen geostrategischen Plans in der arabischen Welt, den wir im Irak und im Libanon gesehen haben, sie haben es in Bahrain und Jemen versucht.“

Der Vorstoß der Golf-Staaten richtet sich gezielt gegen das Friedensabkommen von Astana, der von der Türkei, dem Iran und Russland ausgearbeitet wurde. Katar hat den Vorstoß der Golf-Staaten verstanden und setzt sich nach einem Bericht der Zeitung Al Ahram für eine Fünfer-Koalition im Nahen Osten ein. Diese soll aus der Türkei, Katar, Iran, Irak und Syrien bestehen. Dem Bericht zufolge begrüßt Teheran den Vorschlag Katars. Allerdings ist die Positionierung der Türkei zum aktuellen Zeitpunkt unklar. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der im Verlauf des Syrien-Konflikts eine pragmatische Politik verfolgt hat, kooperiert mit Russland und dem Iran, aber auch mit den USA, Frankreich und Großbritannien. Im Verlauf der Spannungen zwischen Katar und Saudi-Arabien im Juni 2017 hatte sich die Türkei klar positioniert. Das Land hat in Katar einen türkischen Militär-Stützpunkt eingerichtet, wo mittlerweile 5.000 türkische Soldaten und schwere Kriegsgeräte stationiert sind. Der Palast des Emirs von Katar und der Emir werden von türkischen Spezialeinheiten beschützt, berichtet das türkische Magazin Gerçek Hayat.

Golf-Staaten wollen Syrien gegen Iran positionieren

Währenddessen sind die Golf-Staaten intensiv darum bemüht, Assad in das Lager der „Arabischen Liga“, die den Krieg in Syrien erst ermöglicht hat, zu holen. Am Rande der 73. Generalversammlung der UN in New York überraschte der bahrainische Außenminister Khalid bin Ahmad al-Khalifa die Zuschauer, indem er den syrischen Außenminister Walid al-Muallem auf die Wangen küsste und umarmte. Anschließend sagte er der Nachrichtenagentur Anadolu: „Syrien ist ein arabisches Land und es ist nicht richtig, dass regionale und internationale Länder in Syrien inmitten arabischer Abwesenheit arbeiten.“

Der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman (MBS) sagte in einem Interview mit dem TIME-Magazine: „Baschar bleibt. Aber ich glaube, dass Baschars Interesse darin besteht, die Iraner nicht tun zu lassen, was immer sie wollen.“ Der Iran werde durch Stellvertreter-Milizen und regionale Verbündete einen Landkorridor schaffen, die von Beirut über Syrien und den Irak nach Teheran führt, sagte Bin Salman. Der sogenannte „schiitische Halbmond“ würde dem Iran durch eine Reihe von Verbündeten einen größeren Halt in einer turbulenten Region geben.

Diese Bemerkung des De-facto-Herrschers von Saudi-Arabien ist eine erstaunliche Umkehrung der Politik von Riad in Syrien, die sich auf „Regimewechsel“ in Damaskus stützt. Man kann es ein Eingeständnis der Niederlage nennen.

Israel und Jordanien haben ihre Haltung gegenüber Syrien ebenfalls verändert. Newsweek führt aus: „Andere Assad-Feinde wie Jordanien und Israel haben ihre Haltung gegen den syrischen Führer etwas gelockert. Jordanien und Syrien haben den Grenzübergang Nasib im vergangenen Monat (...) wiedereröffnet. Israel ist zwar technisch noch immer in einem Kriegszustand mit Syrien, hat jedoch einen umstrittenen Grenzübergang in den besetzten Golanhöhen, der de facto die Grenze zwischen den beiden Ländern bildet, eröffnet.“

Es bleibt unklar, ob es dem Golf-Kooperationsrat (GCC) gelingen wird, die syrische Regierung davon zu überzeugen, dass der Iran aus Syrien verdrängt werden muss. In dieser Angelegenheit wird der GCC von den USA, Israel und Jordanien unterstützt. Entscheidend wird sein, wie sich schlussendlich Russland und die Türkei, die gemeinsam mit dem Iran die Garantiemächte des Friedensabkommens von Astana sind, festlegen.

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