Die Bundesbank beurteilt die Aussichten für die deutsche Wirtschaft deutlich negativer als noch im Juni. Aus heutiger Sicht würden für das Wirtschaftswachstum die Gefahren überwiegen, erklärte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Freitag zur Vorlage der halbjährigen Konjunkturprognose der Notenbank. Diese Risikoeinschätzung gelte in geringerem Maße auch für die Inflationsrate. Der Auslastungsgrad in der Wirtschaft sei bereits hoch und er nehme in den kommenden Jahren nur noch leicht zu. Die Bundesbank erwartet für 2018 jetzt nur noch einen kalenderbereinigten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,5 Prozent. Im Juni hatte sie noch ein Plus von 2,0 Prozent geschätzt. Für nächstes Jahr wird nun ein Wachstum von 1,6 (bisher 1,9) Prozent erwartet, ebenso für 2020 (bisher 1,6). Für das Jahr 2021 gehen die Bundesbank-Experten von 1,5 Prozent aus.
Insgesamt erwartet die Bundesbank aber, das die deutsche Wirtschaft vorerst in einer Hochkonjunkturphase bleibt. Die demografische Entwicklung enge das künftige Wachstum jedoch ein. "Auf der Angebotsseite begrenzt sie den weiteren Anstieg der Erwerbstätigkeit und trägt so zu zunehmenden Engpässen am Arbeitsmarkt bei, auf der Nachfrageseite dämpft sie den Bedarf an Wohnraum und die Investitionsneigung der Unternehmen", erklärte Weidmann.
Auch die EZB korrigiert angesichts der schwächeren Weltwirtschaft ihre Wachstumsprognosen für die Euro-Zone erneut nach unten. Das Bruttoinlandsprodukt in der Währungsunion dürfte in diesem Jahr um 1,9 Prozent und 2019 um 1,7 Prozent zulegen, teilten die hauseigenen Ökonomen der Notenbank am Donnerstag mit. Noch im September hatten sie jeweils 0,1 Punkte mehr erwartet. Für 2020 werden unverändert 1,7 Prozent vorhergesagt, für 2021 dann 1,5 Prozent.
Die Privatwirtschaft in der Euro-Zone ist im Dezember unterdessen so langsam gewachsen wie seit über vier Jahren nicht mehr. Der Einkaufsmanagerindex - Industrie und Dienstleister zusammen - fiel um 1,4 Punkte auf 51,3 Zähler, wie das Institut IHS Markit am Freitag zu seiner Unternehmensumfrage mitteilte. Das Barometer hält sich aber noch über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. "Ein Großteil geht zwar auf das Konto der Proteste der 'Gelbwesten' in Frankreich, die der Konjunktur und der Reisebranche gleichermaßen schadeten", erklärte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson den Rückgang. "Allerdings verdichten sich die Hinweise, dass die Wachstumsschwäche mittlerweile die gesamte Euro-Zone erfasst hat."
Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im Schlussquartal um knapp 0,3 Prozent zulegen, sagt das Institut voraus. Im Dezember allein dürfte es nur zu einem Mini-Plus von 0,1 Prozent reichen. "Zu schaffen macht den Unternehmen nicht nur das globale wirtschaftliche und politische Klima", sagte Williamson. "Handelsstreitigkeiten und der Brexit erhöhten die Spannungen auf politischer Ebene innerhalb der Euro-Zone zusätzlich." Überdies habe der angeschlagene Automobilsektor der wirtschaftlichen Entwicklung geschadet. Dass Frühindikatoren wie Auftragseingang und Geschäftserwartungen nach wie vor im Keller seien, deute auf eine stockende Nachfrage hin.