Politik

Frankreich attackiert überraschend Pipeline-Projekt Nord Stream 2

Die französische Regierung geht überraschend gegen das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 vor. Auch der US-Botschafter in Deutschland meldet sich wieder zu Wort.
07.02.2019 11:12
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Rückschlag für Deutschland beim Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2: Paris will am Freitag gegen den Willen Berlins für eine Verschärfung der Regeln für Pipelines aus Drittstaaten in die EU stimmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte das Projekt am Donnerstag in Bratislava gegen die anhaltende Kritik osteuropäischer Staaten.

Das Außenministerium in Paris bestätigte am Donnerstag einen Bericht der Süddeutschen Zeitung über die Abstimmung. Das Ministerium betonte, die Arbeiten mit den EU-Partnern - "insbesondere mit Deutschland zu möglichen Änderungen an dem Text" der Richtlinie würden fortgesetzt. Die überarbeitete Gasrichtlinie sieht vor, die Regeln für Pipelines aus Drittstaaten in die EU zu verschärfen - was direkte Auswirkungen auf Nord Stream 2 hätte.

Die Gasleitung soll ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Deutschland würde dadurch zum Hauptverteiler für russisches Erdgas in Westeuropa, während Polen und die Ukraine als Transitländer für Gaslieferungen geschwächt würden. Mit dem Bau wurde bereits teilweise begonnen.

Die rumänische EU-Ratspräsidentschaft hatte die Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten über eine Ende 2017 vorgeschlagene Überarbeitung der sogenannten Gas-Richtlinie für Freitag auf die Agenda gesetzt. Bislang gab es im EU-Rat keine Mehrheit, um die Überarbeitung der Gas-Richtlinie voranzutreiben. Mit der Unterstützung von Frankreich und weiteren Staaten konnte Deutschland eine gemeinsame Position der 28 Mitgliedstaaten verhindern.

Die EU-Kommission will laut SZ erreichen, dass die strengen Regeln für Pipelines innerhalb der EU auch für Gasleitungen außerhalb der Gemeinschaft gelten. So müssten etwa der Betrieb und die Erdgas-Belieferung der Pipelines strikt getrennt werden. Bei Nord Stream 2 hat der russische Gazprom-Konzern beides in der Hand.

Ob Gazprom bei einer Trennung noch an dem Geschäft interessiert sein würde, ist unklar. Allerdings steht eine Entscheidung nicht unmittelbar bevor: Nach der Abstimmung am Freitag beginnen erst die Verhandlungen mit dem Europaparlament über die Änderung der Richtlinie. Die EU-Kommission sieht Nord Stream 2 kritisch, weil es der Strategie widerspricht, Europa bei der Energieversorgung unabhängiger und weniger erpressbar durch Russland zu machen.

Deutschland werde sich "unter gar keinen Umständen allein von Russland abhängig machen", sagte Merkel bei einem Treffen mit den Regierungschefs der sogenannten Visegrad-Staaten in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Eine Abhängigkeit werde nicht eintreten, "wenn wir gleichzeitig diversifizieren", sagte Merkel und verwies auf den geplanten Bau von Terminals für Flüssigerdgas (LNG) – welches höchstwahrscheinlich von US-Unternehmen geliefert wird.

Zudem setze sie sich in ihren Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin immer wieder dafür ein, "dass die Ukraine auch weiterhin Transitland sein wird für russisches Erdgas", sagte Merkel nach Gesprächen mit ihrem slowakischen Kollegen Peter Pellegrini sowie Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki, den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und Tschechiens Regierungschef Andrej Babis.

Neben den östlichen EU-Staaten ist die Pipeline auch US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Bei einem Nato-Gipfel im Juli warf er Deutschland vor, Russland Milliarden für Gaslieferungen zu zahlen und sich dann von den USA vor Moskau militärisch schützen zu lassen. Auch US-Botschafter Richard Grenell warnte in einem Gastbeitrag für die Deutsche Welle gemeinsam mit der US-Botschafterin in Dänemark, Carla Sands, und dem Botschafter der USA bei der EU, Gordon Sondland, das Vorhaben berge "Risiken für Europa und den Westen insgesamt".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...