Deutschland

Kriminalstatistik: Polizei erfasst erneut weniger Straftaten

Die Zahl der erfassten Straftaten ist 2018 erneut gesunken. Doch dies bedeutet mitnichten, dass die Kriminalität zurückgegangen ist. Eine wachsende Zahl von Bürgern fühlt sich im eigenen Wohnumfeld nicht mehr sicher.
07.04.2019 17:26
Lesezeit: 2 min

Weniger als ein Prozent der Bevölkerung sei schon einmal Opfer einer schweren Straftat geworden, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Vorlage der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018. Deutschland sei "eines der sichersten Länder der Welt", auch wenn das Gefühl der Unsicherheit zunehme.

Insgesamt zog Seehofer eine positive Bilanz der Sicherheitslage. Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten - mit Ausnahme rein ausländerrechtlicher Verstöße - sei im letzten Jahr um knapp 200.000 auf knapp 5,4 Millionen gesunken. Dies sei "der niedrigste Wert seit Jahrzehnten".

Die Aufklärungsquote sei leicht auf 56,5 Prozent angestiegen und habe damit "einen neuen Höchststand" erreicht, den höchsten Stand seit einer Statistikänderung im Jahr 2005.

Im Sicherheitsempfinden der Bürger spiegelte sich diese positive Entwicklung allerdings nicht unmittelbar wider. Erstmals wurde mit der Polizeilichen Kriminalstatistik eine Befragung vorgestellt, die das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger darstellt.

Die Zahl der Menschen, die sich in ihrem eigenen Wohnumfeld unsicher fühlen, habe zwischen 2012 und 2017 zugenommen - von 17,3 Prozent auf 21,4 Prozent, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch.

Überdurchschnittlich zugenommen habe das Unsicherheitsgefühl bei Frauen. Hier gehe es insbesondere um die Furcht vor sexueller Belästigung. Im Osten Deutschlands sei das Gefühl der Unsicherheit besonders deutlich gewachsen.

In einigen Deliktbereichen verzeichnete die Polizei im Jahr 2018 entgegen dem Trend eine deutliche Zunahme - so etwa bei der Rauschgiftkriminalität, bei Straftaten gegen das Waffenrecht und bei der Verbreitung pornografischer Schriften - hier geht es hauptsächlich um Kinderpornografie.

Überdurchschnittlich gingen die erfassten Straftaten im Bereich Diebstahl zurück. Ihre Zahl sank um 7,5 Prozent auf rund 1,94 Millionen Fälle. Die Zahl von Wohnungseinbrüchen und Taschendiebstählen ging noch deutlicher zurück.

Trotz des Rückgangs sieht Horst Seehofer politischen Handlungsbedarf. "Die Zahlen sind erfreulich, aber es ist noch kein nachhaltiger Erfolg", sagte er. Die personelle und sachliche Ausstattung der Polizei sei "unzureichend".

Zudem müssten die rechtlichen Grundlagen der Polizeiarbeit zum Teil verbessert werden - etwa um zu verhindern, dass Ermittlungen "aus falsch verstandenem Schutz der Daten" behindert würden, so der Minister.

Wenig Änderungen gab es beim Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen. Er betrug im vergangenen Jahr der Statistik zufolge etwa 30 Prozent.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, sah einen positiven Trend. "200.000 Straftaten weniger, das ist ein sehr guter Wert", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Großen Nachholbedarf sah er bei der sachlichen und personellen Ausstattung.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) begrüßte die Ergebnisse der Polizeistatistik. "Deutschland ist ein sicheres Land", sagte sie. Auch die Innen-Expertin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Irene Mihalic, begrüßte den Rückgang der erfassten Straftaten.

Staatsschutz- und Verkehrsdelikte, Steuerstraftaten sowie Ordnungswidrigkeiten sind in der Statistik nicht enthalten. Zudem ist die Kriminalstatistik kein Maß dafür, wie hoch die Kriminalität ist, sondern lediglich dafür, wie viele Taten die Polizei aufgenommen hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...