Die Stahlindustrie mit Branchengrößen wie „ArcelorMittal“ und „Thyssenkrupp“ gerät wegen der abflauenden Nachfrage immer stärker unter Druck. Der weltgrößte Stahl-Produzent ArcelorMittal kündigte heute an, die Produktion im polnischen Krakau vorübergehend auszusetzen und im spanischen Asturias zurückzufahren. Die Aktienkurse der Schwerindustrie gaben auf breiter Front nach, wobei im Fall von Thyssenkrupp Spekulationen über ein Scheitern des geplanten Joint-Ventures mit „Tata Steel“ hinzu kamen.
Die ArcelorMittal-Aktie gab zeitweise mehr als vier Prozent nach. Neben der schwächelnden Nachfrage machen den Branchenriesen nach eigenen Angaben in Europa auch die zunehmenden Importe in den Markt sowie hohe Energie- und Klimaschutzkosten zu schaffen. In diesem Marktumfeld gingen Kostenkontrolle und Qualität vor Menge, hieß es. In Italien werde die geplante Steigerung der Stahl-Auslieferungen deshalb auf jährlich sechs Millionen Tonnen langsamer vorangetrieben. Alle Maßnahmen zusammen würden auf das Jahr hochgerechnet auf eine Reduzierung der Flachstahlproduktion in Europa um etwa drei Millionen Tonnen hinauslaufen. Der Konzern betreibt in Deutschland Werke in Bremen, Hamburg, Eisenhüttenstadt und Duisburg. 2018 produzierte ArcelorMittal hierzulande 7,6 Millionen Tonnen Rohstahl.
Die im Dax notierten Thyssenkrupp-Titel rutschten um bis zu 4,5 Prozent auf 11,72 Euro ab und damit auf den tiefsten Stand seit sieben Jahren. Hier kamen aber neben der Konjunkturabkühlung auch hauseigene Themen zum Tragen. Am Wochenende waren erneut Spekulationen aufgeflammt, dass das geplante Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel von den Wettbewerbshütern in Brüssel untersagt werden könne.
ZOLLSTREIT ZWISCHEN USA UND CHINA DRÜCKT DIE STIMMUNG
Ein Händler sagte, Bedenken der EU-Kommission seien nichts Neues, jedoch sei nach wie vor unklar, wie es weitergehe. Der Stahlbranche mit ihren rund 80.000 Beschäftigten in Deutschland und mehr als 300.000 in Europa kämpft seit Jahren mit Überkapazitäten, Billigimporten aus Fernost und zunehmenden Klimaschutzauflagen. In den vergangenen Monaten sorgten in dem ohnehin zyklischen Geschäft die schwindende Nachfrage der Automobilindustrie für zusätzliche Sorgen. So stellt sich etwa die österreichische Voestalpine mit zusätzlichen Kostensenkungen auf schwierigere Zeiten ein.
Auch im Maschinenbau, der neben der Bau- und der Automobil-Industrie der wichtigste Abnehmer ist, läuft es nicht rund. Die Hersteller in Deutschland verbuchten im März den vierten Monat in Folge rückläufige Bestellungen. Insgesamt lag das Minus im März und ersten Quartal bei zehn Prozent, wie der Branchenverband VDMA heute mitteilte. „Die exportgetriebene deutsche Industrie kann sich nicht abkoppeln von der globalen Verunsicherung", sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Diese Verunsicherung wird durch den sich verschärfenden Handelsstreit zwischen den USA und China weiter angeheizt.