Finanzen

US-Sanktionen: Russland begibt präventiv Milliarden-Anleihe

Russland hat eine milliardenschwere Anleihe begeben, um möglichst viel Geld auf dem internationalen Kapitalmarkt aufzunehmen. Denn es drohen neue US-Sanktionen gegen den russischen Anleihemarkt.
09.05.2019 17:27
Lesezeit: 2 min

Russland hat am vergangenen Mittwoch in Rubel denominierte Staatsanleihen im Wert von umgerechnet 1,1 Milliarden US-Dollar (73 Milliarden Rubel) begeben. Im April hatte Russland Anleihen im Wert von 400 Milliarden Rubel begeben. Analysten sehen die Auktionen als Präventivmaßnahme, da die US-Sanktionen gegen das Land auch gegen den Anleihemarkt ausgeweitet werden könnten. “Aus Angst vor zusätzlichen Sanktionen versucht das Finanzministerium, im ersten Halbjahr so viele Emissionen wie möglich zu erzielen”, zitiert die Financial Times Dan Bucsa, Chefökonom für Mittel- und Osteuropa bei UniCredit.

Der staatliche russische Gas-Riese Gazprom hatte am 4. Februar 2019 eine in Dollar denominierte Unternehmensanleihe begeben. Das Unternehmen war das erste russische Unternehmen, das seit Februar 2018 eine Dollar-Anleihe platziert. Gazprom hatte im vergangenen Jahr Fremdwährungs-Anleihen in Euro, Schweizer Franken und in der japanischen Währung Yen platziert. Die erste Anleihe von Gazprom in diesem Jahr erwarb die japanische Mitsubishi UFG Financial Group im Wert von 500 Millionen Euro. Im Dezember 2023 hatte die Citigroup eine Gazprom-Anleihe im Wert von 425 Millionen Euro erworben. Beide Darlehen haben eine Laufzeit bis 2023.

Auf den ersten Blick hat der Kreml wenig Bedarf, zusätzliche Finanzmittel auf dem internationalen Kapitalmarkt aufzunehmen. Der Ölpreis liegt bei über 70 US-Dollar pro Barrel, was im vergangenen Jahr dazu geführt hatte, dass Russland den größten Haushaltsüberschuss seit zehn Jahren erzielte.

Die starke Zunahme der Anleiheemissionen lässt jedoch erahnen, dass neue US-Sanktionen dem russischen Anleihemarkt schaden könnten. Im Februar 2019 hat eine überparteiliche Gruppe von US-Senatoren - Lindsey Graham, Bob Menendez, Cory Gardner, Ben Cardin, John McCain und Jeanne Shaheen - ein Gesetz (Defending American Security from Kremlin Aggression Act von 2019 - DASKA) eingeführt, das US-Investoren davon abhalten soll, russische Staatsanleihen zu erwerben oder mit diesen zu handeln.

Chris Weafer, Partner der in Moskau ansässigen Beratungsfirma Macro Advisory, meint, dass sich auch EU-Anleiheinvestoren an den DASKA halten werden, falls dieser im US-Kongress verabschiedet wird.

Stephan Imre,  Analyst für festverzinsliche Anleihen bei der Raiffeisen Bank, sagt, dass die Anleger das aktuelle “letzte Zeitfenster” nutzen würden, um russische Staatsanleihen zu erwerben. “Die derzeitige Euphorie ist vorübergehend, weil Sanktionen kommen werden”, so Imre.

Ausländische Investoren haben sich in den vergangenen Jahren von den russischen Anleihemärkten angezogen gefühlt. Die ausländischen Bestände an russischen Staatsanleihen stiegen auf ein Drittel der Gesamtbestände, bevor eine erste Runde von US-Sanktionen im vergangenen April dazu führte, dass einige Anleihebestände von den Investoren abgestoßen wurden.

Seit Beginn dieses Jahres haben ausländische Investoren ihre russischen Anleihebestände um 272 Milliarden Rubel aufgestockt, teilte die stellvertretende Gouverneurin der Zentralbank, Ksenia Yudaeva, im April 2019 mit. Der Anteil ausländischer Investoren an den Staatsanleihen, die gezeichnet wurden, liegt derzeit bei 24 Prozent.

 

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