Politik

Wie Russlands Krim-Brücke die Wirtschaft der Ukraine sabotiert

Ukrainische Schiffe gelangen nur mit starken Verzögerungen zu den Häfen Mariupol und Berdyansk. Teil des Problems ist die russische Krim-Brücke.
19.05.2019 14:00
Lesezeit: 2 min

Bei der Eröffnung der Krim-Brücke für den Straßenverkehr im Mai letzten Jahres steuerte Präsident Wladimir Putin persönlich eines der Baufahrzeuge, welche die Brücke über die Straße von Kertsch überquerten. Damit sandte er die klare Botschaft, dass die Krim jetzt zu Russland gehört.

Die 19 Kilometer lange Brücke, sagte Putin damals, werde "uns alle näher zusammenbringen" und der Wirtschaft der Krim dabei helfen, "sich in einem neuen Tempo und auf neue Weise zu entwickeln". Nach Einschätzung des Westens hat Russland die Halbinsel im Jahr 2014 illegal annektiert.

Doch die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten sagen, dass die Brücke zwischen dem russischen Festland und der Krim auch ein strategisches Ziel verfolgt. Die Brücke solle die Ukraine wirtschaftlich in den Würgegriff zu nehmen und ihre kommerzielle Schifffahrt auf dem Asowschen Meer lahmlegen.

Straße von Kertsch ist Konfliktgebiet

Im November letzten Jahres kam es in der Straße von Kertsch zu erheblichen Spannungen, als Russland dort drei ukrainischen Marinebooten die Einfahrt ins Asowsche Meer verwehrte. Die Russen beschossen die ukrainischen Schiffe und verletzten dabei mehrere Matrosen.

Sie beschlagnahmten die Boote und brachten sie mit ihren Besatzungen in den Hafen von Kertsch. Im russischen Staatsfernsehen gaben einige der festgenommenen ukrainischen Seeleute an, sie hätten eine geplante Provokation ausgeführt. Die Regierung in Kiew sprach von erzwungenen Aussagen.

Die Ukraine sagte damals, dass ihre Schiffe im Rahmen eines Abkommens mit Moskau aus dem Jahr 2003 das Recht zur Durchfahrt gehabt hätten. Doch Russland sagte, dass die Schiffe unberechtigt in seine Hoheitsgewässer eingedrungen seien.

Ukraine wirft Russland Sabotage vor

Generalleutnant Serhiy Nayev, Vizechef des ukrainischen Generalstabs, wirft Russland vor, Regeln mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Moskau schaffe "künstliche Barrieren, zeitaufwändige Inspektionen und die Möglichkeit, die Durchfahrt unter der Brücke zu verhindern", zitiert ihn die Financial Times.

Seit Inbetriebnahme der Brücke vor einem Jahr sind die Verspätungen der Schiffe, die zu den ukrainischen Seehäfen am Asowschen Meer Mariupol und Berdyansk fahren, von durchschnittlich sieben Stunden im Juni 2018 auf mehr als fünf Tage im November gestiegen. Dies zeigen Daten des ukrainischen Think-Tanks Maidan of Foreign Affairs.

Den Analysten zufolge werden die Verzögerungen dadurch verursacht, dass die Brücke nur kleineren Schiffen mit einer maximalen Höhe von 35 Metern den Zugang ermöglicht und dass Russlands Marine und Küstenwache deutlich mehr Inspektionen und Festnahmen durchführen.

Zwar hat der Einsatz der ukrainischen Marine Ende letzten Jahres zu einer Verringerung der russischen Festhaltemaßnahmen geführt. Doch die Schiffe, die im April nach Mariupol und Berdyansk fuhren, waren immer noch mit Verzögerungen von durchschnittlich 40 Stunden konfrontiert.

Krim-Brücke behindert ukrainische Schiffe

Nach Angaben der ukrainischen Regierung ist der Umschlag von Gütern in Mariupol und Berdyansk um fast 70 Prozent beziehungsweise 50 Prozent gesunken, seit Russland im Jahr 2014 die Kontrolle über die Kertscher Straße erlangte. Dies habe für die Häfen und die Region insgesamt zu Verlusten von fast 400 Millionen Dollar führte.

Und laut der Regierung in Kiew hat sich der Abwärtstrend seit Ende letzten Jahres weiter fortgesetzt. "Wegen der Blockade [...] wollen Reeder kein Geld und keine Zeit verschwenden", zitiert die Financial Times den ukrainischen Infrastrukturminister Volodymyr Omelyan.

Vizeadmiral Herve Blejean, stellvertretender Kommandant des Alliierten Seekommandos und einer der ranghöchsten Marinekommandanten der Nato, sagte, dass die beiden Häfen "bald außer Betrieb sein werden", wenn Russland nicht den Griff auf das Asowsche Meer erleichtert.

Nato machtlos gegen Russland

Angesichts der im Schwarzen Meer schwelenden Spannungen und des Krieges zwischen der Ukraine und den von Russland unterstützten Streitkräften in der Donbas-Region im Osten, der in ihr sechstes Jahr fällt, fordert Kiew von den USA und Europa, mehr Druck auf Moskau auszuüben.

Kay Bailey Hutchinson, die Nato-Botschafterin der USA, sagte im April, dass die Militärallianz mehr Schiffe in die Region schicken und mehr Sanktionen gegen Russland verhängen werde.

Doch nach Ansicht von Vizeadmiral Blejean ist die Nato nur begrenzt in der Lage, militärisch in der Region einzugreifen. "Fakt ist, dass die ukrainische Marine nicht so mächtig ist." Und auch die Nato sei nicht in der Lage, Schiffe zu eskortieren. Man müsse internationalen Druck ausüben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...

DWN
Politik
Politik Stromsteuer: Kommt jetzt die Entlastung für alle?
02.07.2025

Die Stromsteuer spaltet das schwarz-rote Bündnis – und mit ihr die Frage, ob Bürger und Betriebe wirklich entlastet werden. Während...

DWN
Panorama
Panorama Hitzewelle in Deutschland: Temperaturen bis 40 Grad und drohende Unwetter
02.07.2025

Deutschland ächzt unter extremer Hitze, örtlich steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad. Experten warnen vor Unwettern, Waldbränden...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell stabil: Deutsche Goldinvestments erholen sich – wie Anleger jetzt reagieren sollten
02.07.2025

In den vergangenen Wochen war die Goldpreis-Entwicklung von Volatilität geprägt. Das ist auch zur Wochenmitte kaum anders: Obwohl sich...