Finanzen

Bundesregierung: Kohle-Ausstieg kostet dutzende Milliarden Euro Steuergeld

Lesezeit: 2 min
22.05.2019 15:03
Die Bundesregierung will die Folgen des von ihr vorangetriebenen Kohle-Ausstiegs mit Steuergeldern in Milliardenhöhe abfedern.
Bundesregierung: Kohle-Ausstieg kostet dutzende Milliarden Euro Steuergeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesregierung hat milliardenschwere Steuer-Hilfen für die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen beschlossen. Kurz vor der Europa-Wahl brachte das Kabinett am Mittwoch Eckpunkte auf den Weg, wonach besonders den ostdeutschen Kohlegebieten rund um die Lausitz sowie dem rheinischen Revier bis 2038 insgesamt rund 40 Milliarden Euro zukommen sollen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) folgt damit Vorschlägen der Kohlekommission, die im Gegenzug zum politisch erzwungenen Aus für die Kohleverstromung Hilfen in dieser Dimension empfohlen hatte. Damit sollen Forschungsinstitute und Industriebetriebe angesiedelt sowie Straßen und Schienen gebaut werden. Regierung und Koalition wollen so auch Ängste in Ostdeutschland zerstreuen, wo die AfD besonders großen Zulauf hat. Ostdeutsche CDU-Abgeordnete hatten das Konzept aber kritisiert und gefordert, mehr Privat-Investitionen im Gewerbe zu fördern.

Die Zustimmung des Parlaments zu dem Vorhaben ist nötig, da die Eckpunkte nur Grundlage für ein Strukturhilfegesetz sind, welches in den nächsten Monaten beschlossen werden soll. Altmaier sprach dennoch von einem guten Tag für die Regionen: "Wir haben zum ersten Mal in der Nachkriegsgschichte auf einen Strukturwandel reagiert, bevor er eingetreten ist", sagte der CDU-Politiker. "Wir machen deutlich, dass die Menschen sich in den betroffenen Regionen auf unsere Unterstützung verlassen können." Umweltministerin Svenja Schulze sagte, die Entwicklung der Kohleregionen nehme man genauso ernst wie den Kohleausstieg.

Die Umweltorganisation Greenpeace, die auch in der Kohlekommission vertreten war, kritisierte das Vorhaben als vorschnell. Es stehe nicht im Einklang mit den Kommissionsbeschlüssen. Wer das Geld schon in der Tasche habe, werde sich kaum noch für Klimaschutz einsetzen. Das Prinzip "Geld nur für Klimaschutz" werde so unterlaufen.

In den Eckpunkten ist zum einen ein "Investitionsgesetz Kohleregionen" vorgesehen, mit dem 14 Milliarden Euro an die Länder fließen sollen. Dafür soll eine Vereinbarung mit dem Bund geschlossen werden, die Länder sollen die Vorhaben mit zehn Prozent mitfinanzieren.

Mit weiteren 26 Milliarden Euro will der Bund selbst Projekte etwa bei Forschung und Verkehr umsetzen. Das Verkehrsministerium soll dazu noch ein "Bundesverkehrsinfrastrukturgesetz Kohleregionen" vorlegen. Die Regierung will durch Ansiedlung neuer Behörden 5000 Arbeitsplätze in den Regionen sichern. In einem Sonderprogramm gibt der Bund zudem 240 Millionen Euro als Soforthilfe frei. Die Regierung will sich zudem dafür einsetzen, EU-weite Sonderregeln für Gebiete im Strukturwandel einzusetzen.

Auf Drängen Bayerns und Baden-Württembergs wurde ein Passus eingefügt, wonach die Energieversorgungssicherheit im Süden gesichert werden müsse und man entsprechende Maßnahmen auf den Weg bringen wolle. Dies wird als Zusage zur Förderung von Gaskraftwerken interpretiert, die nach dem Abschalten des letzten Atomkraftwerks im Jahr 2022 zum Einsatz kommen könnten.

In den 40 Milliarden Euro sind Entschädigungen für die Kraftwerksbetreiber bei vorzeitiger Abschaltung ihrer Anlage noch nicht enthalten. Die Verhandlungen dazu laufen und sollen letztlich Ende des Jahres ebenfalls in ein Gesetz münden. Dies wird wohl weitere Milliarden-Beträge kosten. Anfang 2020 sollen dann Entschädigung, Strukturhilfen und Kohleausstieg gesetzlich geregelt sein.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Technologie
Technologie Neurotechnologie und Transhumanismus: Fortschritt, Chancen und Herausforderungen
28.04.2024

Wie sind die aktuellen Trends und potenziellen Auswirkungen von Neurotechnologie? Neben der Künstlichen Intelligenz entwickelt sich dieser...

DWN
Panorama
Panorama Neue Regelungen im Mai: Ticketsteuer, Biosprit und Autokauf
28.04.2024

Der Mai bringt frische Regulierungen und Veränderungen in verschiedenen Bereichen: Flugtickets könnten teurer werden, Autofahrer können...

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...