Das Südchinesische Meer, eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen der Welt, steht im Mittelpunkt mehrerer sich überschneidender territorialer Streitigkeiten, an denen China, Vietnam, die Philippinen, Taiwan, Malaysia und Brunei beteiligt sind.
Der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt hat sich auch zu einem Brennpunkt der chinesisch-amerikanischen Beziehungen in Asien entwickelt. China beansprucht mehr als 80 Prozent des Südchinesischen Meers, während Vietnam die Souveränität über die Paracel-Inseln und die Spratly-Inseln beansprucht. Die Philippinen erheben Anspruch auf die Spratly-Inseln und den Scarborough-Riff, während Brunei und Malaysia die Souveränität über südliche Teile des Südchinesischen Meers und einige der Spratly-Inseln beanspruchen.
Im Jahr 2009 veröffentlichte China eine Landkarte mit der sogenannten “Neun-Strich-Linie”, um Ansprüche im Südchinesischen Meer geltend zu machen. Die geografische Markierung der “Neun-Strich-Linie” erstreckt sich bis zu 2.000 Kilometer vom chinesischen Festland entfernt und erreicht die Gewässer in der Nähe von Indonesien und Malaysia.
Das Südchinesische Meer ist eine wichtige Handelsstraße, die Asien mit Europa und Afrika verbindet, sein Meeresboden ist reich an natürlichen Ressourcen. Der US-Energieagentur EIA zufolge befinden sich im Südchinesischen Meer mindestens elf Milliarden Barrel Öl und 190 Billionen Kubikfuß Erdgas. Ein Drittel des weltweiten internationalen Handels - insgesamt 3,37 Billionen US-Dollar - wurden 2016 über das Südchinesische Meer abgewickelt, berichtet das Center for Strategic and International Studies (CSIS). Davon entfielen 874 Milliarden US-Dollar auf China, 249 Milliarden US-Dollar auf Südkorea, 214 Milliarden US-Dollar auf Singapur, 170 Milliarden US-Dollar auf Thailand, 158 Milliarden US-Dollar auf Vietnam, 141 Milliarden US-Dollar auf Japan, 140 Milliarden US-Dollar auf Hongkong, 121 Milliarden US-Dollar auf Indonesien, 117 Milliarden US-Dollar auf Deutschland und 106 Milliarden US-Dollar Malaysia.
Ungefähr 80 Prozent der chinesischen Ölimporte kommen über die Straße von Malakka in Indonesien an und verlaufen dann über das Südchinesische Meer nach China. Der Welthandels- und Entwicklungskonferenz (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) zufolge werden 60 Prozent des weltweiten Seehandels über Asien abgewickelt, wobei ein Drittel davon auf das Südchinesische Meer entfällt. Die Gewässer Chinas, Taiwans, Japans und Südkoreas sind von besonderer Bedeutung. Die Straße von Malakka verbindet das Südchinesische Meer und im weiteren Sinne den Pazifischen Ozean mit dem Indischen Ozean.
Da China offenkundig ein großes handelspolitisches Interesse am Südchinesischen Meer hat, baut das Land auch seine militärische Präsenz aus, um die Seewege zu sichern.
China militarisiert das Südchinesische Meer
China hat zahlreiche militärische Einrichtungen im Südchinesischen Meer errichtet, vor allem auf den Spratly- und Paracel-Inseln. Auf den Spratlys hat China Flugplätze in Subi, Mischief und Fiery Cross sowie eine potenzielle Infrastruktur für Raketen, Radargeräte und Hubschrauber errichtet, führt der US-Informationsdienst GPF aus. Auf den Paracels hat China auf Woody Island eine bedeutende militärische Einrichtung errichtet sowie Radar- und Hubschraubereinrichtungen in mehreren anderen Gebieten.
Diese militärischen Einrichtungen erweitern die Reichweite des chinesischen Militärs über die gesamte Breite des Südchinesischen Meeres.
Mehrere der Inseln dienen als Basis für Luftabwehrraketen-Systeme (SAMs) - einschließlich der HQ-9 mit einer Reichweite von 125 Kilometern - und bodengestützte Marschflugkörper (GLCMs). Diese Raketen dienen dazu, das Südchinesische Meer für US-amerikanische Schiffe und Flugzeuge, die keine Stealth-Fähigkeiten oder die kein geschichtetes Luftverteidigungssystem besitzen, unsicher zu machen. Die GLCMs können dem chinesischen A2/AD-Netzwerk (Anti-Access Area Denial) weitere Trägerraketen hinzufügen. Doch nicht unbedingt mit größerer Effizienz als Raketen, die von U-Booten, Schiffen oder Flugzeugen abgefeuert werden.
Im Konfliktfall hängt die Nutzungsdauer eines Flugplatzes von der Verfügbarkeit von Material und Ausrüstung ab, um Reparaturen nach einem Angriff durchzuführen. Es ist nicht klar, ob die von China im Südchinesischen Meer geschaffenen Inseln robust genug sind, um nach US-Raketen- und Bombenangriffen weiter in Betrieb zu bleiben. Obwohl die größeren Inseln über Flugzeugunterstände verfügen, bleibt auch unklar, ob diese Unterstände einen konzertierten US-Angriff durchstehen könnten.
Landgestützte Raketen überdauern Luftangriffe, da sie zwischen Hügeln, Wäldern und anderer natürlicher Deckung versteckt werden können. Es gibt keine wirkungsvolle natürliche Deckung auf den Inseln, die China geschaffen hat, und selbst von Menschenhand geschaffene Verteidigungsanlagen können konzertierte Angriffe nicht überleben. Darüber hinaus sind Raketenwerfer auf ein zumindest einigermaßen robustes logistisches Netzwerk für Treibstoff, Energie und Munition angewiesen, das China möglicherweise während eines Konflikts nicht zuverlässig bereitstellen kann.
SAMs, GLCMs und Kampfflugzeuge sind für ihre Wirksamkeit auf genaue Zieldaten angewiesen. Den wichtigsten Beitrag können die Radaranlagen leisten. China hat mehrere davon auf den Inseln des Südchinesischen Meeres errichtet. Diese Installationen sind zwar individuell verwundbare Einrichtungen. Sie bieten jedoch ein umfassenderes Bild des Schlachtfelds - zumindest solange sie nicht zerstört werden.
Denn die Radarsysteme selbst sind für eine Vielzahl von US-amerikanischen Angriffen anfällig. Dazu gehören kinetische Angriffe, elektronische Kriegsführung, Cyberangriffe und sogar Überfälle von Spezialeinheiten. In einem Konflikt könnte China schnell den Zugang zu dem von ihm eingerichteten Radarnetz verlieren.
Die gesamten militärischen Fähigkeiten des chinesischen Militärs im Südchinesischen Meer hängen davon ab, ob die Kommunikation und die logistische Verbindung zum Festland gesichert ist. Die meisten der von China künstlich errichteten Inseln können keine umfangreichen logistischen Vorräte aufnehmen oder diese Vorräte vor Angriffen schützen. Im Konfliktfall würde die Notwendigkeit, die Inseln mit Treibstoff, Ausrüstung und Munition zu versorgen, schnell zu einer Belastung für vermutlich stark beanspruchte chinesische Transportgüter werden.