Politik

Insider: Troika ist zerstritten, Zerfall droht

Das größte Problem der EZB, EU und des IWF ist die fehlende Aufteilung der Kompetenzen. Keine der drei Institutionen ist wirklich verantwortlich für das, was beschlossen wird. Deswegen droht jetzt der Zerfall der Troika, urteilt ein Insider. Der IWF prüft offenbar seinen Ausstieg aus der ungeliebten Allianz.
12.06.2013 00:39
Lesezeit: 2 min

Der Streit der Troika über den weiteren Verlauf des Bailouts in Griechenland legt nahe, dass das Trio aus EZB, EU und IWF bald am Ende der gemeinsamen Weges durch die Schuldenkrise angelangt ist. Wie ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters sagte, tobt hinter den Kulissen ein heftiger Machtkampf in der Troika, der am Ende zu deren Zerfall führen könnte: Keine der drei Organisationen habe eine Führungsrolle in dem künstlichen Gremium. Kommt es zu einem Streit, gibt es keine übergeordnete Instanz, die diesen überwindet.

Was für die Troika den Zerfall bedeuten könnte, kann auch an den vergangenen Prognosen abgelesen werden. Für das griechische BIP sagte die Troika einem Bericht von Reuters zufolge von 2009 bis 2013 einen Rückgang von 3,5 Prozent voraus. Tatsächlich waren es 22,5 Prozent (siehe auch Grafik unten). Auch die Arbeitslosigkeit wurde mit 14,8 Prozent viel zu niedrig eingeschätzt: Es sind 27 Prozent.

Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Troika ihrer Aufgabe entweder nicht gewachsen ist oder die Bürger Europas für die alternativlose Rettung des Euros absichtlich hinters Licht führt.

Angefangen hat der Streit mit dem Geständnis des IWF zu Zeiten des Griechenland-Bailouts die eigenen Standards gesenkt zu haben. Man habe vorher schon gewusst, dass die Schulden Griechenlands nicht tragfähig seien. Um die gemeinsam mit der EU und der EZB beschlossene Rettung Griechenlands jedoch fortzusetzen, wurden die Wirtschaftsprognosen geschönt – und das Jahr für Jahr (mehr hier).

Bei einer Entschuldigung blieb es jedoch nicht: Der IWF warf der EU-Kommission vor, einen umfassenden Schuldenschnitt verhindert und damit die Tragfähigkeit der Schulden für Griechenland unmöglich gemacht zu haben. Die Kommission ist dahingegen „fundamental anderer Meinung“ (hier).

Die EZB ergänzte, die Schlussfolgerungen des IWF seien „irreführend“. Draghi und Asmussen müssen derzeit auch verstärkt Rechenschaft ablegen über das Staatsanleihen-Ankaufsprogramm (OMT). Das Bundesverfassungsgericht muss Dienstag und Mittwoch darüber entscheiden, ob die EZB die Krisenstaaten direkt finanziert und gegen EU-Verträge verstoßen hat (hier).

Dass es vor der Bundestagswahl zu einem neuen Schuldenschnitt für Griechenland kommt, ist unwahrscheinlich. Stattdessen werden die Vertreter der Troika diese Woche in Griechenland wieder die Bedingungen für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche fordern (hier).

Der Insider nährte Spekulationen, dass sich der IWF aus der Troika zurückziehen könnte. Schon jetzt gäbe es beim IWF intern heftige Kritik an dem Umstand, dass der Währungsfonds durch seine Teilnahme an der Troika in die europäischen Kleinkriege hineingezogen werde und daher seiner Aufgabe auf globaler Ebene nur noch unzureichend nachkommen könne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Automarkt: Fast 56 Millionen Elektroautos weltweit unterwegs
27.06.2025

Immer mehr Elektroautos sind weltweit auf den Straßen unterwegs – doch ein Blick hinter die Zahlen offenbart Überraschungen. Besonders...

DWN
Panorama
Panorama RTL: Sky-Übernahme bringt Bewegung in den Markt – RTL-Aktie hebt ab
27.06.2025

Die Medienlandschaft in Deutschland steht vor einer überraschenden Wende: RTL greift nach einem prominenten Konkurrenten. Die...

DWN
Politik
Politik Richtungsstreit auf dem SPD-Parteitag: Neustart oder weitere Konflikte?
27.06.2025

Beim SPD-Parteitag in Berlin steht weit mehr als nur eine Neuwahl der Parteispitze an. Personalien, Programmdebatten und ein heikles...

DWN
Immobilien
Immobilien Volksbanken rechnen mit steigenden Immobilienpreisen
27.06.2025

Die Immobilienpreise in Deutschland steigen wieder – und das trotz sinkendem Neubau und angespannter Lage auf dem Wohnungsmarkt. Eine...

DWN
Politik
Politik Im Eiltempo zum Mindestlohn 2025: Kommen jetzt die 15 Euro?
27.06.2025

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steht erneut zur Debatte – und mit ihm das politische Versprechen der SPD, ihn auf 15 Euro zu...

DWN
Panorama
Panorama Währungsunion DDR: Der teure Preis der D-Mark-Euphorie
27.06.2025

Als die D-Mark kam, war die Euphorie groß – doch der Preis dafür war hoch. Innerhalb weniger Monate brach ein ganzes Wirtschaftssystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa tankt grün – doch reicht das für die Verkehrswende?
27.06.2025

Der Verbrauch alternativer Kraftstoffe in Europa boomt – doch hinter den Rekordzahlen bleibt vieles fraglich. Ist das echter Klimaschutz...

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Deal mit der Rechten: Was das für den Green Deal heißt
26.06.2025

Die Green Claims-Richtlinie sollte Greenwashing in Europa beenden. Doch Ursula von der Leyen lässt das Projekt fallen – auf Druck von...