Immer mehr Verwaltungsaufwand, mehr Bürokratie und Behörden. Im EU-Dschungel der vielfältigsten Administrationen und Ämtern soll nun eine neue Verwaltung aufgebaut werden, die der Betrugsbekämpfung in den 28 Mitgliedsländern Herr werden soll: Dabei gibt es längst eine Behörde, die sich Bekämpfung von Subventionsbetrug in den Mitgliedsstaaten widmet.
Dass durch den Missbrauch der Fördertöpfe und Subventionen in der EU riesige Summen in schwarzen Löchern versickern, ist bekannt. Allein im Jahr 2011 wurden aus dem Etat der EU rund fünf Milliarden Euro „fehlerhaft“ verwendet.
Da gibt es Landwirte, die Unterstützung für die Stilllegung landwirtschaftlicher Nutzflächen beantragten. Deren Sinn bestand darin, die Flächen zu renaturieren. Die Prüfer des Europäischen Rechnungshofs fanden jedoch kein „Dauergrünland“ vor, sondern ganz oder teilweise Waldflächen. Zuletzt zeigte sich, dass von der EU geförderte Straßenbauprojekte pro 1.000 Quadratmeter in Spanien komischer Weise fast doppelt so viel kosteten wie in Deutschland (hier).
>Verschwendung und Subventionsbetrug findet sich beispielsweise in dem Bereich der Regionalpolitik, Energie und Verkehr. Hier sind es 2 Milliarden Euro, die in einem schwarzen Loch verschwanden. Bei der Förderung der Landwirtschaft 1,3 Milliarden Euro, bei der Förderung der Außenbeziehungen, Außenhilfe und Erweiterung waren es 68 Millionen Euro. Bei Umwelt, Fischerei und Gesundheit etwa eine Milliarde Euro. Bei der Forschung 318 Millionen Euro und bei „Beschäftigung und Soziales“ 224 Millionen Euro. Wie das geht? Möglicherweise mit getürkten Rechnungen, durch Mehrfachverbuchungen und viele andere Tricks.
Für die Betrugsbekämpfung gibt es in Brüssel eigentlich ein Amt der Europäischen Kommission namens OLAF. Seit dem Jahr 1999 hat Olaf EU-Gelder in Höhe von über 1,1 Milliarden Euro wieder eingezogen (Geldbußen nicht eingerechnet) und von insgesamt 900 Jahren verhängt, rühmt sich OLAF selbst.
Doch OLAF scheint nicht auszureichen. Denn nun möchte Brüssel eine eigens für die Betrugsbekämpfung neue Institution ins Leben rufen: eine eigene europäische Staatsanwaltschaft. Am Mittwoch soll hierzu ein neuer Gesetzesentwurf vorgestellt werden, so die FAZ. Dabei gehe es um ein „dezentrales System“. Denn Staatsanwälte aus den jeweiligen Ländern sollen dabei „zentrale Funktionen“ erhalten.
Sie sollen ermitteln und Anklage erheben. Zudem soll ein so genannter „Europäischer Staatsanwalt“ vom EU-Parlament und dem Ministerrat gewählt und als Koordinator und Aufseher eingesetzt werden. Dazu kommen vier Stellvertreter des „Europäischen Staatsanwalts“ hinzu. Und jeder Mitgliedsstaat entsendet außerdem einen eigenen „europäischen Staatsanwalt“.
Bei 28 Mitgliedsstaaten sind dies 28 Staatsanwälte plus vier Stellvertreter des (Ober-General-?) Europäischen Staatsanwalts und dem „Europäische Staatsanwalt“ als Koordinator und Aufseher. Mithin gibt es ein neues Gremium mit dreiunddreißig Staatsanwälten. Einschließlich weiterer Verwaltungsstrukturen.
Die Frage ist, weshalb zur OLAF-Behörde nun eine weitere Institution kommen soll. Denn Anklage und Gerichtsverhandlung einer Straftat finden – wie bisher – vor nationalen Gerichten statt.
Die OLAF-Behörde hatte in der Vergangenheit bei vermuteten Straftaten ermittelt und die jeweilige Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es wurden Verfahren eingeleitet und Anklagen erhoben. Was zu Geldbußen, Gefängnisstrafen und Rückführung (jedenfalls teilweise) der widerrechtlich erhaltenen Subventionen führte.
Was jetzt geschieht, dürfte nur zu Kompetenz-Wirrwarr führen. Wie so oft ist es das bekannte Credo in der EU: Behörden und Zuständigkeiten immer weiter ausbauen, verzweigen und neue Strukturen oben drauf satteln, die das Geld der Steuerzahler kosten. So kann man grundsätzlich die Macht der Kommission ausbauen und kann sich sicher sein, dass von den EU-Bürgern keiner mehr die Strukturen versteht.