Deutschland

Bankgeheimnis wackelt: Deutsche holen ihr Geld aus der Schweiz

Lesezeit: 2 min
04.09.2013 12:34
Die Jagd auf Steuersparer hat die Deutschen verunsichert. Aus Angst vor Strafzahlungen holen sie ihr Geld von Schweizer Bankkonten. Bei Grenzkontrollen werden immer häufiger große Summen Bargeld entdeckt. Die Regierung hat diese Entwicklung durch den Ankauf von Steuer-CDs begünstigt.
Bankgeheimnis wackelt: Deutsche holen ihr Geld aus der Schweiz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In der Schweiz droht das Bankgeheimnis zu kippen. Viele Deutsche Bankkunden in der Schweiz sind offenbar dazu bereit, das Geld über die Grenze zu schmuggeln. In 2012 wurden über 20 Millionen Euro undeklariertes Geld an der Grenze sichergestellt.

Weil sie nicht auffliegen wollen, bringen immer mehr Deutsche ihr Geld über die Grenze in die Heimat. „Wir hatten einen 72-Jährigen Mann, der ein Frauenkorsett trug, in das er 150.000 Euro gesteckt hatte“, sagte Markus Ueckert, Sprecher des Distrikts Loerrach an der Grenze zur Schweiz. „In einem anderen Fall trug ein Mann zwei Windeln, zwischen denen 140.000 Euro versteckt waren.

Die Schmuggelversuche der Deutschen werden dabei von der Regierung mit ausgelöst. Diese kauft nämlich gestohlen Daten von Deutschen mit Schweizer Bankkonten auf Steuer-CDs und leitet Strafverfahren gegen diese ein. Ein ehemaliger deutsche Banker wurde von einem Schweizer Gericht wegen der Zusammenarbeit mit dem deutschen Fiskus verurteilt (mehr hier). Die deutsche Steuerbehörde wurde noch nicht wegen Hehlerei angezeigt.

Ein Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz hätte das vielleicht verhindern können, ist aber am Widerstand des Bundesrates gescheitert. Das Konzept sah eine pauschale Nachversteuerung von Einkommen und Vermögen deutscher Staatsbürger mit Schweizer Konten vor, den rot-grünen Landesregierungen ging das jedoch nicht weit genug (mehr hier).

Anstatt die Steuerflucht zu bekämpfen, hat die Politik dafür gesorgt, dass die Menschen ihr Geld von der Bank nehmen und unter das Kopfkissen stecken. Denn obwohl immer mehr Bargeld an den Grenzübergängen entdeckt wird, kratzen die Kontrolleure "nur an der Oberfläche", sagte ein Mitarbeiter des Grenzübergangs Lindau.

Mit den USA hat die Schweiz bereits ein Steuerabkommen geschlossen. Allerdings werden die amerikanischen Anleger dadurch in keiner Weise geschützt und müssen mit dem Verlust der Hälfte der Spareinlagen rechnen (hier). In dem Abkommen mit Österreich und Großbritannien sieht das anders aus. Den Ländern wird zugestanden, das Einkommen der Schweizer Bankkunden nachträglich zu versteuern, das Bankgeheimnis wird aber nicht verletzt.

Ein Betrag von über 10.000 Euro muss an den Grenzübergängen zwischen Deutschland und der Schweiz angegeben werden. Die Verstöße gegen dieses Gesetz haben seit dem Jahr 2.000 um das Elffache zugenommen.

Schätzungen des Beratungsunternehmens Booz & Co. aus dem Jahr 2010 zufolge haben Deutsche und Briten, die nicht in der Schweiz wohnen, dort Bankkonten mit einem Guthaben von über 132 Milliarden Euro versteckt (164 Milliarden Schweizer Franken). Seitdem haben über 36.000 Deutsche einen Antrag auf Steueramnestie gestellt (mehr hier).

In Deutschland wurde eine Jagd auf Bankkunden eröffnet, die Steuern sparen wollen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat vergangenen Monat angekündigt, er habe „kein Problem damit, die Kavallerie zu mobilisieren im Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerflucht“, berichtet Bloomberg.

Die Debatte um Steuerhinterziehung hat in Deutschland Fahrt aufgenommen, nachdem bekannt wurde, dass Bayern Münchens Präsident Ulli Hoeneß sich selbst bei den deutschen Steuerbehörden angezeigt hat.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Ein großer Fortschritt bei der betrieblichen Effizienz

Wie können Sie ganz einfach neue Maßstäbe für die Produktivität in Ihrem Unternehmen setzen?

DWN
Politik
Politik Milliardengrab Bundeswehr
29.09.2023

Der neueste Fehlgriff um Funkgeräte, die nicht in die Fahrzeuge passen, für die sie vorgesehen waren, ist nur das jüngste Beispiel für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Saudi-Arabien hält an seinen Förderkürzungen fest – dies könnte sich auszahlen
29.09.2023

Saudi-Arabien treibt die Ölpreise in die Höhe, wirtschaftlich wie strategisch profitiert aber vor allem Russland. Seine jetzige...

DWN
Finanzen
Finanzen Sicherer Hafen? Ob sich Goldaktien lohnen
29.09.2023

Gold kratzte im Jahr 2023 am Allzeithoch. Doch Goldminenaktien notieren deutlich unter den Höchstständen von 2011. Bietet sich hier eine...

DWN
Politik
Politik Hausbesitzer sollen Heizung mieten, um Klima zu retten
29.09.2023

Die Klima-Sanierung der Heizung ist für viele Haus- und Wohnungseigentümer nicht bezahlbar. Daher kommt die Miete in Mode. Doch auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wie Chinas Dynamik erstickt wird
29.09.2023

Die wirtschaftliche Transformation Chinas zeigt einen Wandel hin zur innovationsgetriebenen Wirtschaft. Die Vorstellung, dass Demokratie...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Preisdeckel gescheitert: Russland verkauft sein Öl 30 Prozent teurer
29.09.2023

Die vom Westen verhängte Preisobergrenze für russisches Öl liegt bei 60 Dollar pro Barrel. Doch das Land verkauft seine wichtigste...

DWN
Politik
Politik Schweden will Militär um Hilfe gegen kriminelle Gangs bitten
29.09.2023

Die Bandenkriminalität in Schweden ist abermals eskaliert. Die Lage sei ernst, sagt Regierungschef Kristersson in einer Rede an die...

DWN
Politik
Politik Sorge um Privatsphäre: Bayern ändert Gesetz zu Funkwasserzählern
28.09.2023

Der Einbau von Funkwasserzählern im eigenen Wohnbereich ist für viele Einwohner ein Problem. Sie sind besorgt über die bezogenen Daten...