Politik

Nach Wahldebakel: In der CDU werden Forderungen nach Konsequenzen für die Berliner Parteispitze laut

Nach dem Wahldebakel in Thüringen rumort es in der CDU gewaltig, der Druck auf die Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Merkel steigt. Es mehren sich Stimmen, die Konsequenzen an der Parteispitze fordern. Kramp-Karrenbauer fordert ihre Kritiker auf, aus der Deckung zu kommen.
28.10.2019 11:02
Aktualisiert: 28.10.2019 11:12
Lesezeit: 2 min
Nach Wahldebakel: In der CDU werden Forderungen nach Konsequenzen für die Berliner Parteispitze laut
26.10.2019, Thüringen, Erfurt: Mike Mohring, CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, steht beim Wahlkampfabschluss der Thüringer CDU auf dem Wenigemarkt neben der Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer. (Foto: dpa) Foto: Michael Reichel

Die ostdeutschen Politiker Michael Kretschmer und Mike Mohring haben nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Thüringen-Wahl Konsequenzen auch in der Bundes-CDU gefordert. Er habe die Sorge, "dass heute morgen hier alles weitergeht wie bisher", sagte Sachsens Ministerpräsident Kretschmer am Montagmorgen vor der CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. "Nur wenn man die Sachen klar beim Namen benennt und bereit ist, auch Konsequenzen zu ziehen, kann es hier einen Aufwärtsschub geben." Welche dies sein sollten, sagte der CDU-Politiker nicht.

Wichtig sei nun, dass die Fragen, die die Menschen beschäftigten, auch geklärt würden, verlangte Kretschmer. Es bringe nichts, immer nur darüber zu sprechen, welche Sorgen es in den neuen Länder gebe. Es sei nicht in Ordnung, dass das Thema Grundrente vor der Wahl nicht habe geklärt werden können. Er nannte auch die umstrittene Doppelverbeitragung der Renten oder die Sorgen der Landwirte. „Es muss jetzt hier zugepackt werden und gehandelt werden. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die getan werden können, um Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Aber man muss es eben dann auch machen.“

Auch der thüringische CDU-Chef Mohring, der am Sonntag mit 21,9 Prozent das schlechteste CDU-Ergebnis nach der Wende erzielt hatte, sprach davon, dass "Berlin alles überlagert hat". Dass die Linkspartei und die AfD mehr als 50 Prozent erzielt hatten, könne auch "in Berlin niemand abschütteln". Man müsse nach dem Wahlergebnis überlegen, welches Modell es für Thüringen geben könne, "ohne was auszuschließen". Mohring hatte zuvor Gespräche mit der Linkspartei nicht mehr ausgeschlossen.

Am Sonntagabend hatte der CDU-Politiker Friedrich Merz getwittert, man könne das Wahlergebnis nicht "einfach aussitzen". Merz hatte zuvor selbst CDU-Chef werden wollen, weshalb sein Tweet parteiintern als Kritik an CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gewertet worden war. Die aus Rheinland-Pfalz stammende CDU-Vize Julia Klöckner erklärte, die CDU dürfe nicht beliebig werden. "Wenn wir mit Linkspartei und AfD koalieren würden, dann braucht es uns nicht mehr. Es gibt Momente, da ist Haltung gefragt", sagte sie vor der Präsidiumssitzung der CDU.

Die CDU erlebte in Thüringen am Sonntag ein Debakel - ebenso wie der Berliner Regierungspartner SPD: Laut vorläufigem Ergebnis des Landeswahlleiters verbesserte sich die Linke auf 31,0 Prozent (2014: 28,2) und kam auf das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Die CDU von Spitzenkandidat Mike Mohring sackte auf 21,8 Prozent (2014: 33,5 Prozent) - ein Minus von knapp 12 Prozentpunkten. Die AfD sprang von 10,6 auf 23,4 Prozent. Die SPD rutschte weiter ab: auf den neuen Tiefstand von 8,2 Prozent (12,4). Die Grünen lagen bei 5,2 Prozent (5,7). Die FDP kam auf 5,0 Prozent (2,5 Prozent) und zog damit wieder in einen ostdeutschen Landtag ein.

Kramp-Karrenbauer hat ihre innerparteilichen Kritiker inzwischen aufgefordert, aus der Deckung zu kommen. Sie wolle an ihrem Plan festhalten, die Frage der Kanzlerkandidatur erst auf dem Parteitag Ende 2020 zu klären, sagte Kramp-Karrenbauer am Montag in Berlin. "Wer auch immer meint, die Frage müsse jetzt in diesem Herbst geklärt werden, hat auf diesem Bundesparteitag die Gelegenheit", sagte sie mit Blick auf den Parteitag Ende November 2019 in Leipzig.

In der Vorstandssitzung am Montag nach der Thüringen-Wahl habe der Chef der Jungen Union, Tilmann Kuban, "die Führungsfrage gestellt", sagte Kramp-Karrenbauer. Sie selbst habe darauf hingewiesen, dass bei der Union in der Vergangenheit Parteivorsitz und Kanzlerschaft in einer Hand gelegen hätten. Sie halte an ihrem Plan zur Bestimmung des Kandidaten oder der Kandidatin fest. Wer daran etwas ändern wolle, solle auf dem Bundesparteitag dafür werben.

Kramp-Karrenbauer verwies auf die "Unruhe, die wir im Moment in der Partei haben". Diese Situation erfordere "ein Höchstmaß an Verantwortung". Sie fügte hinzu: "Dieser Verantwortung stelle ich mich. Jeder andere, der in einem Führungsgremium der CDU ist, hat seine eigene Verantwortung und muss sich entscheiden, ob er dieser Verantwortung gerecht wird."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Aldi: 12 Euro Eintrittsgeld vor dem Einkaufen empört Kunden
10.02.2025

Aldi startet in Greenwich in Großbritannien ein Pilotprojekt für den Kundenverkehr: Mithilfe von KI-Technologie wird Einkaufen ganz ohne...

DWN
Technologie
Technologie Studie: E-Fuels keine echte Alternative für den Verbrennermotor
10.02.2025

Hohe Kosten, geringe Effizienz und begrenzte Verfügbarkeit: Eine aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass E-Fuels für den Einsatz in...

DWN
Immobilien
Immobilien Mini-Häuser als Marktentlastung: Merz "Bau-Turbo" im Check
10.02.2025

Friedrich Merz (CDU) will mit einem modularen "Bau-Turbo" den Bau von Wohnraum erleichtern und blitzschnell gestalten. Vorne mit dabei: Der...

DWN
Politik
Politik Wahlprogramme 2025 Vergleich: Verteidigungsetat - wie wollen die Parteien Deutschland verteidigen?
09.02.2025

Ein höherer Verteidigungsetat erfordert massive Einschnitte in öffentlichen Haushalten – analysiert Clemens Fuest, Präsident des ifo...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland: Was beim Klimaschutz funktioniert - und wer davon profitiert
09.02.2025

Der klimafreundliche Umbau hat einen Investitionsbedarf von 135 bis 255 Milliarden Euro pro Jahr. Der „Expertenrat für Klimafragen“...

DWN
Panorama
Panorama TV-Sender Euronews plant Ausbau in Deutschland
09.02.2025

Er war Jahrzehnte für den Medienkonzern Axel Springer tätig. Jetzt ist Claus Strunz beim europäischen Fernsehsender Euronews. Dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Woran krankt die deutsche Wirtschaft? Ursachen, Herausforderungen und Zukunftschancen
09.02.2025

Einst als „kranker Mann Europas“ bezeichnet, präsentiert sich Deutschland heute erneut angeschlagen. Die Wirtschaft des Landes...

DWN
Finanzen
Finanzen Neobroker: Gibt es versteckte Kosten bei Trade Republic und Co.?
09.02.2025

Neobroker wie Trade Republic bieten günstige Konditionen, doch ihre Handelsmodelle stehen in der Kritik. Eine Bafin-Studie zeigt gemischte...