Deutschland

Experte empfiehlt Kooperation mit China: Handelskrieg reißt Deutschlands Auto-Industrie mit in den Abgrund

Trumps Versuch, Chinas Technologie-Unternehmen und Autobauer auszubremsen, reißt Deutschlands wichtigste Industrie mit in den Abgrund. Das einzig wirksame Gegenmittel: Kooperation mit der Volksrepublik, sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.
31.10.2019 16:00
Lesezeit: 4 min
Experte empfiehlt Kooperation mit China: Handelskrieg reißt Deutschlands Auto-Industrie mit in den Abgrund
Ein Binnenschiff transportiert Neuwagen auf dem Rhein. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöfer vom CAR-Center der Universität Duisburg-Essen analysiert die Auswirkungen der US-Sanktionspolitik gegen China auf die deutsche Auto-Industrie.

Die weltweite Auto-Konjunktur entwickelte sich bisher immer in Abhängigkeit von der Gesamt-Konjunktur. Mit anderen Worten: Ging das Wirtschaftswachstum zurück, wirkte sich das in Folge auch negativ auf die Auto-Konjunktur aus. Besonders deutlich zu beobachten war dies nach der Weltfinanzkrise im Jahr 2008. Autoverkäufe und -produktion sacken deutlich ab; sowohl die Autobauer als auch die Zulieferer waren gezwungen, zahlreiche Spar- und Restrukturierungs-Programme aufzulegen. Das gleiche Muster war bei der Griechenland-Krise im Jahr 2012 zu erkennen - einem deutlichen Konjunkturabschwung folgte im Nachgang eine Krise des europäischen Automarkts.

Automarkt China leitet weltweiten Konjunktur-Abschwung ein

Dieses Mal stellt sich die Situation vollkommen anders dar. Ursache und Wirkung haben sich um 180 Grad gedreht, das heißt, nicht der Einbruch der Gesamt-Konjunktur löst eine Autokrise aus, sondern die Autokrise ist für den Abschwung der Gesamt-Konjunktur verantwortlich.

Was den Einbruch des weltweiten Automarkts ausgelöst hat? Die von Donald Trump ausgelösten Zoll- und Wirtschaftskriege. Wobei sich der US-Präsident keineswegs auf die Verhängung von Strafzöllen beschränkt, sondern soweit geht, gezielt chinesische High-Tech-Unternehmen - beispielsweise Huawei - zu schädigen. Es scheint ein ökonomischer Vernichtungskrieg zu sein, an dem der US-Präsident arbeitet. Offenbar hat er sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung Chinas zum weltweiten Technologieführer zu verhindern.

Durch Wirtschaftskrieg ausgelöste Rezession

Trumps Politik beschädigt den chinesischen Automarkt nachhaltig und zeitigt ernsthafte Folgen für die deutschen Autobauer, die deutschen Zulieferer sowie die deutschen Anlagenbauer. Seit eindreiviertel Jahr gehen die Neuwagenverkäufe in China jeden Monat gegenüber dem Vorjahresmonat zurück, brechen zum Teil sogar erheblich ein. In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 gingen die Pkw-Verkäufe gegenüber dem Vorjahr insgesamt um zwölf Prozent zurück. Man muss davon ausgehen, dass die Neuwagenverkäufe in China in diesem Jahr nicht mehr als 20,5 Millionen Stück erreichen. 2017 waren es 24,2 Millionen gewesen und 2018 - dem Jahr, in dem Trump mit seinem Wirtschaftsfeldzug gegen China begann - 23,3 Millionen. Für dieses Jahr sind - wie schon gesagt - gerade mal 20,5 Millionen zu erwarten, 2020 dann sogar nur noch 20,3 Millionen.

20 Jahre lang ist der chinesische Automarkt kontinuierlich gewachsen - jetzt hat dieses Wachstum sein Ende gefunden, obwohl der chinesische Automarkt eigentlich bei weitem noch nicht gesättigt ist. Das heißt: Es handelt sich nicht um einen „natürlichen“ Abschwung, mit ihrem Wirtschaftskrieg gegen China verhindert die US-Regierung wichtiges weltwirtschaftliches Wachstum. Bildlich gesprochen, macht der US-Präsident die Welt ärmer, indem er riesige Vermögenwerte zerstört. Nach unserer Einschätzung sind es mehr als 700 Milliarden Euro an Umsatzerlösen allein in der Autobranche, die auf das Konto der US-Wirtschaftskriege gehen. Was die politische Dimension angeht: Man kann davon ausgehen, dass das US-chinesische Verhältnis über Jahrzehnte durch Trumps Wirtschaftskriege zerstört sein wird.

Simultan: Hohe Verluste und Strukturkrise

Die deutsche Automobil-Industrie wird durch die US-Wirtschaftskriege doppelt belastet. Zum einen durch konkrete Gewinnrückgänge und Verluste, die in erheblichem Maße Eigenkapital und Cash-Flows für den notwenigen Umbau auf das Elektromobilitäts-Zeitalter schrumpfen lassen. Zum anderen, weil die Unternehmen in eine langfristige Strukturkrise geraten. Daher sind die bisher angekündigten Jobabbau-Programme - so wie zuletzt bei Brose mit einem geplanten Einschnitt von 2.000 Mitarbeitern - nur der Beginn einer großen Welle. In den letzten Monaten wurden in der Autoindustrie Beschäftigungs-Abbauprogramme von knapp 50.000 Stellen angekündigt (siehe die Statistik am Ende dieses Artikels). Wir gehen davon aus, dass in der Autoindustrie in Deutschland bis zum Jahr 2030 in der Summe bis zu 125.000 Arbeitsplätze wegfallen werden.

Was kann man tun?

Gegensteuern durch ein Konjunkturprogramm, analog zur Verschrottungsprämie des Jahres 2009, wird keinen Erfolg bringen. Der deutsche Markt ist zu klein, um der heimischen Autoindustrie konjunkturellen Schub zu verleihen. Den Umstieg auf die Elektromobilität im Schneckentempo anzugehen, so wie es die Bundesregierung mit ihrem Klimapaket macht, ist ebenfalls wenig hilfreich. Tatsache ist: Wer langsam umbaut, verliert wertvolle Zeit. Die Jobs entstehen dann im Ausland.

Öffnung und Zusammenarbeit mit China

Was langfristig sehr wichtige Impulse setzen würde, wäre eine engere Zusammenarbeit mit China. Wir sollten uns nicht abschotten, sondern uns dem Reich der Mitte gegenüber öffnen und mit ihm zusammenarbeiten. China ist der größte Automarkt der Welt, ist in Teilbereichen weltweiter Technologieführer. Wenn wir es vernünftig anstellen, können wir strukturell mit China gemeinsam sehr viel gewinnen. In diesem Sinne sind Transportwege wie die Neue Seidenstraße keine Gefahr, sondern eine Chance.

Eine Möglichkeit ist es, mit chinesischen Unternehmen gemeinsam Batteriewerke in Deutschland zu bauen und die Technologie weiterzuentwickeln. Programme wie die umstrittene Batterieforschungsfabrik in Münster sind kleinkariert und hemmen Wachstum, statt es zu fördern. Es macht nämlich keinen Sinn, das Rad neu zu erfinden und das nachzubauen, was große internationale Konzerne schon lange beherrschen. Klüger ist es, in gemeinsamen Forschungsprogrammen an der Batterie der Zukunft zu arbeiten, und die liegt im Batteriematerial, nicht in der Zellproduktion.

Nicht China gefährdet unseren Wohlstand, sondern die USA á la Trump

Wenn Deutschland die große Krise als Chance nutzen will, sollte es gemeinsam mit China seine technologischen und wirtschaftlichen Stärken weiter ausbauen. Damit würden Arbeitsplätze in Deutschland stabilisiert werden. Die Chancen, dass sich Mittelständler mit Peter Altmeiers Steuermilliarden zu Zellfabrikations-Champions entwickeln, sind verschwindend gering. Aus der Krise zu lernen, bedeutet nicht, wenig wirksame Konjunktur-Programme aufzulegen, sondern strukturell die Weichen zu stellen. Die deutsche Autoindustrie macht gut 40 Prozent ihres Umsatzes mit China. Es ist das erste Mal, dass die globale Autoindustrie die Weltkonjunktur ins Schwanken bringt. Das belastet Deutschland in besonderer Weise. Der Wohlstand in Deutschland ist durch den Handel mit China gesteigert worden. Nicht China gefährdet unseren Wohlstand und unsere Arbeitsplätze, sondern das Amerika des Präsidenten Donald Trump.

Angekündigte Stellenabbau-Programme

Audi: Bis zu 10.000

Benteler: 2.500

Bosch Bamberg: 1.500

BMW (nach Presseberichten): 3.000

Brose: 2.000

Conti: 7.000

Eberspächer (Neunkircher Werk): 250

Ford: 5.000 in Europa, davon schätzungsweise 3.000 in Deutschland

Küster: 100

Leoni 500

Mahle: 500

Mann+Hummel: 200

Schaeffler: 1.300

Schuler: 500

SMIA: 100

VW: 14.000

ZF Saarbrücken: 2.200

Summe: 48.650

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzinssenkung: Was das für Bauzinsen und Immobilien bedeutet
06.06.2025

Die EZB-Leitzinssenkung hat Folgen für Bauzinsen, Immobilienpreise und Sparer. Welche das sind und ob die EZB damit die Zinswende...

DWN
Politik
Politik Polens künftiger Präsident Nawrocki droht mit Blockade gegen Regierungschef Tusk: Was bedeutet das für Polen?
06.06.2025

Karol Nawrocki stellt sich offen gegen Donald Tusk – und kündigt Widerstand an. Welche Folgen hat das für Polens politische...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Russland startet schwersten Angriff seit Monaten
06.06.2025

Im Ukraine-Krieg eskaliert die Lage erneut: Russland greift massiv an, Kiew wird erschüttert. Droht nun ein Gegenschlag – oder ist das...

DWN
Politik
Politik Merz bei Trump: Was der USA-Besuch des Bundeskanzlers wirklich brachte
06.06.2025

Der Kanzler trifft den US-Präsidenten in Washington. Freundliche Worte gab es viele – doch was bleibt nach dem Besuch von Merz bei Trump...

DWN
Finanzen
Finanzen Studie: Hohe Kosten für Einführung des digitalen Euro
06.06.2025

Die Einführung des digitalen Euro wird nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC erhebliche Kosten für europäische Banken...

DWN
Politik
Politik Putins Gaskasse bleibt gefüllt – weil Frankreich und Belgien blockieren
06.06.2025

Während Brüssel russisches Flüssiggas verbieten will, stellen sich ausgerechnet Frankreich und Belgien quer – und sichern damit weiter...

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...