Bundesfinanzminister Olaf Scholz drückt bei einer Bankenunion der Europäischen Union (EU) aufs Tempo und signalisiert Kompromissbereitschaft bei der umstrittenen Einlagensicherung. Die Notwendigkeit, die Bankenunion zu vertiefen und zu vervollständigen, sei unstrittig, schrieb Scholz in einem Gastbeitrag für die Financial Times laut Vorabmeldung vom Dienstagabend. Nach jahrelangen Diskussionen über einen Abschluss des Vorhabens müsse nun aber die Blockade aufgehoben werden. Schließlich dürfe die EU nach dem Ausstieg Großbritanniens mit seinem Londoner Finanzzentrum nicht von China oder den USA abhängig sein und wolle auch "nicht auf der internationalen Bühne herumgeschubst werden".
Zur Vollendung der Bankenunion müsse es unter anderem "eine Form eines gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsmechanismus" geben, schrieb der SPD-Politiker weiter. "Und das ist kein kleiner Schritt für einen deutschen Finanzminister."
Die seit langem diskutierte gemeinsame Einlagensicherung ist vor allem in Deutschland sehr umstritten. Es wird befürchtet, dass deutsche Sparer bei Problemen von Geldhäusern in Südeuropa in die Haftung genommen werden.
Die FAZ berichtet, dass Scholz insbesondere drei Forderungen als Voraussetzung für ein Entgegenkommen der Bundesregierung beim Thema Einlagensicherung stellt. Dabei handele es sich um den Aufbau einer gemeinsamen Insolvenz- und Abwicklungsregeln für Banken an, die auch für kleinere Institute Gültigkeit haben sollten. Darüber hinaus sollten Risiken weiter verringert werden, die von ausfallgefährdeten Krediten und Staatsschulden ausgingen. Schließlich solle eine einheitliche Besteuerung von Banken in der EU Wettbewerbsverzerrungen aufheben. Es wird interessant zu beobachten sein, ob diese Forderungen im weiteren Verlauf der Verhandlungen mit den Euro-Partnern aufrechterhalten werden können.
Bisher sei es nicht gelungen, den institutionellen und regulatorischen Rahmen weiter zu verbessern, um Risiken im europäischen Bankensektor zu verringern, schrieb der Finanzminister weiter. Jetzt sei die Zeit für eine Veränderung gekommen - angesichts des bevorstehenden Brexit und mit dem Schwung einer neuen EU-Kommission. Die Vollendung der Bankenunion hat auch die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu einer Priorität erklärt.
Die Bundesregierung sieht beim Vorschlag von Scholz zur Bankenunion noch Gesprächsbedarf. Es handele sich um einen Diskussionsbeitrag, der nun innerhalb der Regierung beraten werden müsse, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Eine Bewertung wollte er nicht vornehmen.
Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken reagierten skeptisch auf Scholz’s Vorstoß. „Die Sicherheit der Sparguthaben ist keine Verhandlungsmasse“, erklärten die Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Helmut Schleweis, und des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Marija Kolak gemeinsam. Die Gefahr bleibe, dass die Vorschläge nur „ein Zwischenschritt zu einer Vollvergemeinschaftung der Sicherungsmittel sind“. Der Abbau von Risiken in Bankbilanzen sowie das Vorantreiben europaweit einheitlicher Mechanismen für die Insolvenz und Abwicklung von Banken müssten Vorrang haben.