Politik

Reaktion auf wachsenden Unmut? EU bereitet angeblich weitreichende Erneuerung durch Beteiligung der Bürger vor

Deutschland und Frankreich treiben Medienberichten zufolge einen Fahrplan zu einer grundlegenden Reform der EU voran. Dabei sollen die Bürger zu zahlreichen Themen wie Migration, Sicherheit und Klimawandel befragt werden.
26.11.2019 11:28
Aktualisiert: 26.11.2019 11:28
Lesezeit: 1 min
Reaktion auf wachsenden Unmut? EU bereitet angeblich weitreichende Erneuerung durch Beteiligung der Bürger vor
Eine Skulptur von Marianne, dem Symbol der französischen Repuplik, ist während einer Demonstration der sogenannten «Gelbwesten» am Arc de Triomphe (Triumphbogen) beschädigt worden. (Foto: dpa) Foto: Kamil Zihnioglu

Deutschland und Frankreich haben einen Fahrplan für die weitere Reform der EU vorgeschlagen. Der Prozess unter Einbeziehung aller EU-Institutionen sowie von Experten und Bürgern solle Anfang kommenden Jahres beginnen und bis zur zweiten Jahreshälfte 2022 "greifbare und konkrete Ergebnisse" bringen, heißt es in einem Diskussionspapier, das der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag. Ziel sei es, Europa "geeinter und souveräner" zu machen.

Berlin und Paris greifen mit ihrem Plan für eine "Konferenz über die Zukunft Europas" Teile eines Vorschlags der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf. Sie fordert einen Bürgerdialog zur EU-Reform zwischen 2020 und 2022.Das deutsch-französische Diskussionspapier wurde bereits an die anderen EU-Mitgliedstaaten verteilt. Es soll am Mittwoch beim Treffen der EU-Botschafter erstmals diskutiert werden.

Finden die Vorschläge weitgehend Zustimmung, soll der Plan Mitte Dezember beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs beraten werden. Im Januar soll dann das endgültige Konzept stehen.

In einer ersten Phase zwischen Februar und Juli 2020 würde es vor allem um institutionelle Fragen "zur demokratischen Funktion der EU" gehen. Dazu gehören laut dem Papier Vorschläge zu länderübergreifenden Kandidatenlisten bei Europawahlen und das bisher umstrittene Konzept von Spitzenkandidaten, die Anspruch auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten erheben könnten. Auch eine stärkere Bürgerbeteiligung an EU-Entscheidungen soll diskutiert werden.

Die zweite Phase soll sich dann ab Juli 2020 mit konkreten Politikfeldern befassen und damit mit Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr. Aufgezählt in dem Papier werden unter anderem die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Digitalisierung, Klimawandel, Migration, der Kampf gegen Ungleichheit, Rechtstaatlichkeit und europäische Werte sowie "unser Modell der sozialen Marktwirtschaft" einschließlich Handelspolitik und der Weiterentwicklung der Währungsunion.

Es solle "eine starke Beteiligung der Bürger" an dem Prozess geben, hieß es in dem Papier weiter. Dabei sollten die Ergebnisse der in mehreren EU-Ländern abgehaltenen Bürgerdialoge von 2018 einbezogen werden. Zusammen mit Einschätzungen von Experten solle dies in den Prozess einfließen. In der ersten Jahreshälfte 2022 und damit unter französischer EU-Ratspräsidentschaft soll es dann eine "Abschlusskonferenz" geben.

Geleitet werden sollen die Reformbemühungen durch eine "europäische Persönlichkeit". Nach Angaben der Website Politico, die als erstes über den Plan berichtete, ist in Brüssel der frühere belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt im Gespräch, der inzwischen im Europaparlament ist. Wer das Vorhaben leitet, soll nach dem Vorschlag von einer "kleinen Lenkungsgruppe" aus Experten beraten werden.

Die geplante Reform-Offensive könnte eine Reaktion der Regierungen auf den wachsenden Unmut innerhalb der europäischen Völker sein, welche sich in Frankreich beispielsweise in den monatelangen Proteste der Gelbwesten oder in den zunehmend starken Wahlergebnissen EU-kritischer oder nationaler Parteien manifestiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...

DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Handwerkskunst aus Deutschland: Pariser Luxus-Modehäuser vertrauen auf die Stickerei Müller
05.12.2025

Die Stickerei Müller aus Franken fertigt für große Modehäuser wie Balenciaga und Yves Saint Laurent. Auf schwierige Jahre nach der...

DWN
Politik
Politik Rentenpaket im Bundestag: Folgen für Rentner und Beitragszahler
05.12.2025

Der Bundestag hat das Rentenpaket mit knapper, aber eigener Mehrheit durchgesetzt und eine Koalitionskrise verhindert. Doch hinter den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Auftragseingang in der deutschen Industrie steigt unerwartet kräftig
05.12.2025

Unerwartet starke Impulse aus der deutschen Industrie: Die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe ziehen an und übertreffen Prognosen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie stabil: Analystenkommentar von Bank of America bewegt Rüstungsaktien
05.12.2025

Am Freitag geraten deutsche Rüstungsaktien in Bewegung: Ein US-Großbank-Analyst sortiert seine Favoriten neu. Welche Titel profitieren,...

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: So soll das Modell ab 2026 greifen
05.12.2025

Ab 1. Januar soll der neue Wehrdienst starten: mit Pflicht-Musterung, frischer Wehrerfassung und ehrgeizigen Truppenzielen. Die Regierung...