Das ungarische Mangalica-Schwein (Wollschwein) hat in den fast 200 Jahren seiner Existenz viel durchmachen müssen. Entstanden ist die Rasse im Jahr 1833 als Kreuzung von ungarischen Bakony- und Szalonta-Schweinen mit serbischen Sumadija-Schweinen. Was die genetische Herkunft des Mangalica-Schweins anbelangt: Sie geht auf den „Sus mediterraneus" - eine vor mehr als 1.000 Jahren im Römischen Reich ausgestorbene Wildschweinrasse - zurück.
Bis zum Jahr 1955 stieg die Mangalica-Population in Ungarn auf fast 18.000 an. Nach dem ungarischen Volksaufstand im Jahr 1956, der von den Sowjets niedergeschlagen wurde, erlebte das Mangalica-Schwein seine dunkelste Zeit. Die Population ging bis zum Jahr 1975 auf 34 Exemplare zurück und erholte sich nur geringfügig bis zum Jahr 1990 auf 348. Der Zusammenbruch des Kommunismus ging einher mit dem Zusammenbruch der ungarischen Wirtschaft. Es ist dem unbekannten ungarischen Genetiker Péter Tóth zu verdanken, dass die Mangalica-Rasse gerettet wurde.
Das Magazin Contemporary Food Lab (CFL) hat Tóth in Budapest aufgesucht, um ein Gespräch mit dem „Retter“ des Mangalica-Schweins zu führen. CFL wörtlich: „Nach dem Sturz des Kommunismus und dem Aufschwung der freien Marktwirtschaft kaufte Peter 1991 alle verbliebenen Mangalica-Schweine Ungarns und rettete in einer Last-Minute-Zucht-Operation den Genpool des Tieres.“
Der Ungar schilderte dem Magazin, wie er auf die Rettungsaktion gekommen ist: „Die Idee kam mir, als ich in Spanien lebte und mit einem einheimischen Freund über die immer größere Nachfrage nach fettem Schinken wie dem Serrano-Schinken sprach (...) Als ich nach Ungarn zurückkehrte, musste ich feststellten, dass nur noch weniger als 200 Mangalicas übrig waren. Da habe ich realisiert, dass dies der Moment war, in dem die Leute die letzten übrigen Tiere essen und töten würden.“
Als schwerfälliges, grobes Tier mit schafartigem Fell ist es das haarigste und dickste unter allen Schweinerassen. Die einzige andere Schweinerasse, die für ihr langes Fell bekannt ist, ist das inzwischen ausgestorbene „Lincolnshire Curly Coat of England“. In Ungarn wurde das Mangalica-Schwein offiziell als einer der nationalen Schätze des Landes registriert. In den vergangenen zehn Jahren hat das Tier ein bemerkenswertes Comeback auf den Farmen, Tischen und Herzen der Ungarn erlebt und erobert derzeit die globale Gourmet-Szene im Sturm. In Gourmet-Kreisen wird das Fleisch des Mangalica-Schweins auch als „Kobe Pork“ bezeichnet, weil es eine ähnliche Konsistenz wie Kobe-Rindfleisch aufweist.
Mittlerweile gibt es in Ungarn mehr als 200 Mangalica-Züchter, und das Fleisch wird auf fast allen Märkten zu Preisen angeboten, die etwa viermal höher sind als die von normalem Schweinefleisch.
Zsóka Fekete, der eine Mangalica-Farm in Ostungarn betreibt, sagte dem Guardian: „Es unterscheidet sich von jedem anderen Fleisch. Die Textur ist marmoriert, besonders im Nacken. Es ist ein völlig einzigartiger Geschmack.“
Die Afrikanische Schweinepest stellt derzeit die einzige Gefahr für das Mangalica-Schwein dar. Die ersten Fälle wurden im April 2019 in der ungarischen Wildschweinpopulation festgestellt. Die Ansteckungsgefahr für das Mangalica-Schwein ist alleine schon deshalb groß, weil es im Regelfall in einem offenen Stall gehalten werden muss.
Die ungarische Regierung hat im vergangenen Jahr eine spezielle Strategie zur Rettung der Mangalicas verabschiedet, falls die Situation kritisch werden sollte: Es wurde ein Notfall-Genbanksystem eingerichtet, und die wertvollsten Mangalica-Schweine sollen in sichere Räume wie Zoos oder Universitäten gebracht werden.
Aus einem Bericht der „Zeit“ geht hervor, dass das Mangalica-Schwein in Deutschland bedroht ist, weil sich keiner wirklich für diese Rasse interessiert. Im Jahr 2014 gab es in Deutschland lediglich 400 Mangalica-Schweine, die sich für die Zucht eigneten. Das Desinteresse an diesen Schweinen mag an der Tatsache liegen, dass sie fünf oder sechs Ferkel zur Welt bringen, während eine Zuchtsau neun bis zehn Ferkel gebären kann. „Ein Schwein aus Intensivhaltung ist nach rund sechs Monaten schlachtreif, ein Wollschwein braucht drei- bis viermal so lange (...) Das Fleisch der Tiere ist viel fetter als das ihrer Artgenossen, was im Massenverkauf ein Makel ist“, so das Blatt.
Der Durchbruch des Mangalica-Schweins in Deutschland wird wohl noch auf sich warten lassen. Immerhin sind einige wenige deutsche Bauern dazu übergegangen, die Zucht von Mangalica-Schweinen in Angriff zu nehmen - immerhin.
+++Dieser Artikel erschien erstmals am 16. Februar 2020+++