Daimler musste seinen Aktionären bei der Vorlage der Bilanz für 2019 Anfang der Woche einen drastischen Gewinneinbruch erklären. Rund 2,4 Milliarden Euro Gewinn konnte der Konzern im vergangenen Jahr erwirtschaften – nur noch etwa ein Drittel des Gewinns aus dem bereits als vergleichsweise schwach geltenden Jahr 2018. Ein wichtiger Grund für den Rückgang: Die Führung unter Leitung des Schweden Ola Källenius muss massiv Geld einsparen – hauptsächlich, um die freiwerdenden Mittel in die Entwicklung der Elektroauto-Sparte zu investieren. Mindestens 10.000 Beschäftigte, wahrscheinlich eher 15.000, werden ihren Arbeitsplatz in den kommenden Jahren bei Daimler verlieren und die Aktionäre müssen sich mit einem Bruchteil der Dividenden der vergangenen Jahre begnügen.
Bei dem eingeleiteten strategischen Schwenk setzt die Unternehmensleitung in Stuttgart offenbar als gegeben voraus, dass der Elektromobilität die Zukunft gehören wird. In noch stärkerem Maße tuen dies offenbar die Kollegen von Volkswagen, während BMW etwas abwartender zu sein scheint und eine duale Strategie aus Verbrennern und E-Autos fährt. Auch bei Volkswagen und BMW verlieren tausende Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz (bei der VW-Tochter Audi allein rund 10.000). Der renommierte Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass die E-Offensive bis Ende des Jahrzehnts in Deutschland zum Verlust von etwa 250.000 Stellen führen wird – etwa 120.000 kämen aber durch die Elektrifizierung und Digitalisierung hinzu.
Faktisch wird Daimler wie die anderen europäischen Autobauer auch zu dem Kurswechsel gezwungen, weil die EU-Kommission Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) vorgegeben hat, welche ab 2021 zu befolgen sind. Dass Elektroautos in diesem System als komplett emissionsfrei eingestuft werden ist bereits bemerkenswert, weil die Produktion der Autos (insbesondere der Batterien) sehr energieintensiv ist und niemand genau weiß, ob der genutzte Strom aus alternativen Quellen stammt oder nicht.
Viele Medien bezeichnen die Elektromobilität als „Zukunftstechnologie“ und manche „Experten“ werfen Autokonzernen wie Daimler vor, den Einstieg in eben diese goldene Zukunft verschlafen oder viel zu lange hinausgezögert zu haben. Dabei zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass die Technologie heute noch immer nicht mit den fossilen Antriebsformen mithalten kann und zudem massiver Anreize bedarf, um überhaupt in bescheidenem Umfang von den Kunden akzeptiert zu werden.
Die Kunden halten sich zurück - trotz massiver Subventionen
So fristen E-Autos trotz jahrelanger Subventionen durch Staat und Autobauer selbst bis heute ein Nischendasein, auch wenn ihr Anteil am Gesamtmarkt schrittweise wächst. 2017 waren nur etwa 0,7 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge Stromer, im September 2019 soll ihr Anteil am Gesamtmarkt dann bei etwa 2,4 Prozent gelegen haben, wie aus Daten des Energieversorgers EnBW hervorgeht. Bis zum Jahr 2018 reichende Datenreihen des Kraftfahrtbundesamtes zeigen jedoch auch, dass eigentlich nur Hybridautos – also Fahrzeuge die sowohl mit einem Elektro- als auch einem Benzinmotor ausgestattet sind – einen nennenswerten Umfang an den Neuzulassungen erreichen und die reinen E-Autos auf Rang 2 im Segment der alternativen Antriebe verweisen.
Das alles geschieht vor dem Hintergrund der bereits angesprochenen massiven Förderung – etwa der seit 2016 erhältlichen Kaufprämie, welche erst vor Kurzem bis 2025 verlängert und zudem erhöht wurde: Für rein elektrische Autos unterhalb eines Listenpreises von 40.000 Euro soll diese Prämie von 4.000 Euro auf 6.000 Euro und für Autos mit einem Listenpreis über 40.000 Euro auf 5.000 Euro steigen. Auch für Plug-in-Hybride soll der Zuschuss steigen. Bund und Autoindustrie wollen wie bisher jeweils zur Hälfte die Kosten von mehr als zwei Milliarden Euro übernehmen. Den Wechsel zu einem Elektromobil versüßt der Staat darüber hinaus noch mit der Aussicht, ganze zehn Jahre keine Kfz-Steuer zahlen zu müssen. Rein elektrisch betriebene Dienstwagen unterliegen zudem nur einer Pauschalbesteuerung von 0,5 Prozent des Listenpreises, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor hingegen von 1 Prozent.
Ein vor Jahren von der Bundesregierung aufgestelltes Ziel von einer Million Elektroautos in Deutschland bis zum Jahr 2020 wurde inzwischen kleinlaut zurückgenommen – im Sommer 2019 soll es etwa 220.000 E-Autos in Deutschland gegeben haben. Hier drängt sich eine grundsätzliche Frage auf: Wie kann es sich bei der Elektromobilität um eine Zukunftstechnologie handeln, wenn diese Technologie trotz jahrelanger Subventionen und medialer Bewerbung aus eigener Kraft keinen Durchbruch am Markt erzielt?
Viele Baustellen verhindern den Durchbruch ins E-Zeitalter
Die Skepsis der Kunden hat ihren Grund: Der wahrscheinlich größte Nachteil von Elektroautos gegenüber Verbrennern ist ihre im Vergleich geringere Reichweite. Daten des Portals The Mobility House zufolge variiert diese je nach Modell, Außentemperatur und Fahrweise der heute verfügbaren Elektroautos und Hybridwagen zwischen 120 Kilometern und etwa 500 Kilometern bei voller Ladung – was in allen Fällen deutlich unter den Reichweiten vergleichbarer Benziner und Dieselautos liegt.
Symptomatisch für das noch nicht gelöste Reichweitenproblem sei eine Episode aus Berlin erwähnt: Dort wurden extrem teure Elektro-Stadtbusse angeschafft, welche aber nur einen halben Tag lang einsetzbar sind, weil sie dann wieder zur Station zurückfahren müssen, um stundenlang aufgeladen zu werden. In der Zwischenzeit müssen Dieselbusse die ausgefallene Leistung übernehmen. Dass der elektrische Betrieb schwerer Fahrzeuge insgesamt problematisch zu sein scheint, zeigt sich auch an dem Umstand, dass der Fernbusbetreiber Flixbus kürzlich seine einzige elektrisch betriebene Strecke in Deutschland wegen Problemen der Reichweite, der Ladezeiten und technischer Defekte des chinesischen Herstellers einstellen musste.
Das Problem der geringen Reichweiten wiegt umso schwerer, je kälter die Außentemperatur ist. Der ADAC hatte Ende 2019 zusammen mit dem österreichischen Automobilverband ÖAMTC einen Test mit einem Mitsubishi Electric Vehicle (i-MIEV) durchgeführt. Obwohl der Test nicht als repräsentativ für andere E-Modelle gelten kann, kommen beide Auto-Clubs zu folgendem Fazit:
„Im Stadtverkehr (bei 30 bis 50 km/h) muss man bei einer Außentemperatur von 0 Grad im Vergleich zu milden 20 Grad mit Reichweitenverlusten von bis zu 50 Prozent rechnen. Bei höheren Geschwindigkeiten z. B. auf Autobahnen und Landstraßen (bei 100 km/h) reduziert sich die Einbuße auf rund 10 Prozent. Allerdings ist hier die Reichweite – wie oben ausgeführt – schon von Haus aus geringer als im Stadtverkehr. Bei eisiger Kälte von minus 20 Grad werden die prozentualen Heizungsverluste noch einmal erheblich stärker – im Stadtverkehr betragen sie hier bis zu 65 Prozent, bei 100 km/h steigen sie auf 20 Prozent. Allgemein gilt, dass Elektroautos je nach Fahrszenario und Außenbedingungen im Winter zwischen 10 und 30 Prozent, im Extremfall bis zu 50 Prozent mehr Energie verbrauchen - die Reichweite reduziert sich entsprechend.“
Ein weiteres Manko: Die langen Ladezeiten. Auffallend sind hier je nach Modell hohe Diskrepanzen, welche The Mobility House ebenfalls untersucht hat. Je nach Typ der Ladesäule und des Modells liegen diese beispielsweise zwischen 1,5 Stunden (für einen Iveco Daily Electric an einer AC-Ladestation) und 45 Stunden (etwa beim elektrischen Porsche Taycan an einer Haushalts-Steckdose) für eine Vollladung. Auch auf diesem Gebiet sind Elektrofahrzeuge Fahrzeugen mit fossilem Antrieb deutlich unterlegen, bei welchen eine Volltankung nur wenige Minuten dauert.
Hinzu kommt, dass das derzeit verfügbare Netz von Ladestationen in Deutschland bei Weitem nicht den politisch vorgetragenen Anforderungen für einen Durchbruch der E-Mobilität entsprechen kann. Derzeit existieren etwa 21.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland – die meisten davon in den Ballungsgebieten. In ländlichen Regionen müssen E-Fahrer oft lange suchen, bis sie eine Möglichkeit zum Wiederaufladen finden. Dass die heute verfügbare Infrastruktur mangelhaft ist, zeigt sich schon an der im sogenannten „Klimapaket“ festgehaltenen Vorgabe der Bundesregierung, dass bis zum Jahr 2030 eine Million zusätzliche öffentliche Ladestationen gebaut werden sollen. Auch Authentifizierung, Freischaltung, Bezahlung und Abrechnung beim Aufladen sollen künftig ohne Probleme erfolgen, was wiederum impliziert, dass es daran heute noch oftmals hakt.
Eine Nebenbemerkung: Bei den Forderungen von Verbänden und Bundesregierung zum Ausbau der Lade-Infrastruktur wird so gut wie nie thematisiert, dass der Bau von mindestens einer Million Ladestationen einen massiven Einsatz von Ressourcen, Arbeitszeit und Rohstoffen voraussetzt und deswegen auch Emissionen generiert.
Ein weiteres – für viele potenzielle Kunden wahrscheinlich das entscheidende – Kriterium gegen den Kauf eines E-Autos sind die höheren Anschaffungspreise von Elektroautos im Vergleich zu Benzinern und Dieselautos. Nach Durchsicht verschiedener Testergebnisse von ADAC, Mobility House, Focus, Auto Bild und T-Online lässt sich generell festhalten mit hoher Sicherheit festhalten: Elektroautos sind in der Regel etwa 30 Prozent bis 50 Prozent teurer als Verbrenner – typisch ist beispielsweise ein „Aufschlag“ von etwa 10.000 Euro gegenüber einem vergleichbaren Modell im Segment der Mittelklasse. Auf längere Sicht gerechnet – etwa ab fünf Jahren Fahrzeit – gleichen sich die Gesamtkosten aber wieder aus, weil für E-Autos aufgrund der Subventionen und Steuervergünstigungen geringere Betriebskosten anfallen – wenn sich die hohen Strompreise nicht noch deutlich erhöhen.
Das Stromproblem – Energiewende vs. Elektro-Wende
Hier wird eine zentrale Schwachstelle der Elektro-Offensive angesprochen. Kurz zusammengefasst stellt sie sich folgendermaßen dar: Während Deutschland aus der Energiegewinnung durch Atomkraft und Kohle aussteigt, soll der geforderte stark zunehmende Strombedarf aufgrund der vermehrten Nutzung von Elektroautos mittelfristig vollständig durch alternative Energiequellen gewährleistet werden.
Die Realisierung dieses Unterfangens ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Denn beide für Deutschland maßgeblichen alternativen Energiequellen – Windkraft und Solarenergie – sind aufgrund der Wetterverhältnisse starken Schwankungen unterworfen und können eben nicht wie Atom- oder Kohlekraftwerke eine konstante Grundstromversorgung gewährleisten.
Im Jahr 10 nach Ausrufung der „Energiewende“ durch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigen sich vielmehr ernste Verzerrungen in mehreren Bereichen. Eine direkte Folge des Erneuerbare Energien Gesetztes (EEG) beispielsweise sind die höchsten jemals gemessenen Strompreise in Deutschland, welche inzwischen auch zu den höchsten weltweit gehören. Die Preise sind deshalb so enorm hoch, weil rund die Hälfte aus Steuern und Abgaben (EEG-Umlage) zur Finanzierung der Energiewende besteht.
Eine Industrienation ohne eigene Rohstoffvorkommen wie Deutschland ist jedoch auf relativ günstige Strompreise angewiesen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Vergünstigungen beim Strompreis, welche energieintensiven Großkonzernen gewährt werden, haben deren Wettbewerbsfähigkeit verbessert, sie führen jedoch berechtigterweise zu Unmut bei kleineren Unternehmen und Bürgern, welche die Zusatzabgaben in voller Höhe entrichten mussten. Untersuchungen, wonach deutsche Rechenzentren bis zu sechs mal so viel für Strom zahlen müssen wie ihre europäischen Konkurrenten, sollten gerade im Zeitalter der Digitalisierung ernst genommen werden.
Überhaupt stellt die Digitalisierung mit Blick auf die angestrebte E-Wende im Automobilbereich selbst ein Problem dar. Je mehr Geräte digitalisiert oder mit dem Internet verbunden werden (Stichwort „Internet der Dinge“ und „5G“), umso mehr Strom wird insgesamt gebraucht. Da aber der Ausbau der Windenergie an Land im Jahr 2019 aufgrund einer Vielzahl von Bürgerinitiativen nahezu zusammengebrochen ist, darf man von dieser wichtigsten alternativen Energiequelle keine schnelle Hilfe erwarten. Anwohner von Windparks berichten von schweren Nebenwirkungen und Gesundheitsschäden, weshalb das Bundeswirtschaftsministerium gegen Kritiker aus den Reihen von Grünen und SPD einen Sicherheitsabstand von einem Kilometer rund um neue Anlagen durchsetzen möchte.
Am Rande sei angemerkt: Einer Modellrechnung des Zentrums für Luft- und Raumfahrt zufolge kommen jedes Jahr mindestens 1200 Tonnen Insekten in den Rotoren der Windräder zu Tode. In der warmen Jahreszeit würden demnach fünf bis sechs Milliarden Insekten täglich verenden.
Der Solarstrom besitzt in Deutschland ebenfalls kein großes Wachstumspotential und die Wirkungskraft von Biogasen, Wasserkraft und Erdwärme sind hierzulande zu vernachlässigen, weshalb letztendlich wieder auf die grundlastfähigen Quellen Atomkraft und Kohlekraft zurückgegriffen werden müsste. Es ist nicht verwunderlich, dass vor dem Hintergrund der medialen Dauerbeschallung um den angeblich gefährlichen Ausstoß von CO2 einerseits und dem gleichzeitigen Ausstieg aus der Nuklearenergie erste Rufe nach einer Rückkehr zur „klimaneutralen“ Atomenergie in manchen Parteien laut werden.
Zuletzt hatte sich der frühere Präsident des BDA, Dieter Hundt, aus der Deckung gewagt und gefordert, dass eine Rückkehr zur Nuklearenergie geprüft werden müsse. „Wenn wir die Klimapolitik tatsächlich erfolgreich umsetzen wollen, sollten wir erstens den Diesel als Pkw-Antrieb nicht länger verdammen. Und zum Zweiten sollten wir unsere ideologische Einstellung hinsichtlich der Kernenergie überdenken. Wir werden unsere Energiesituation in Deutschland allein mit Wind- und Solarenergie nicht ausreichend erfolgreich bewerkstelligen können“, wird Hundt auf dem Blog Tichys Einblick zitiert. „Das ist eine bedrohliche und sehr besorgniserregende Entwicklung. Die Energiewende war nicht zu Ende gedacht. Sie ist zu abrupt erfolgt, ohne dass die Konsequenzen berücksichtigt wurden“, sagte Hundt, der heute Chef des Automobilzulieferers Allgaier Werke ist. „Wir sind zwar dabei, Kern- und Kohlekraftwerke abzuschalten, wir wissen aber nicht, wie eine entsprechende Kompensation des Energiebedarfs möglich ist, und auch nicht, wie sich die gesamte Entwicklung E-Mobilität, Energiewende und so weiter auf die Arbeitsplatzsituation auswirkt.“
Die Frage, woher der Strom für eine stark anwachsende Flotte von Elektroautos in Deutschland kommen soll, ist mehr als berechtigt. In den Deutschen Wirtschaftsnachrichten veröffentlichte Untersuchungen von Ronald Barazon zufolge müsste man theoretisch weltweit 450 neue Kernkraftwerke oder 4000 neue Flusskraftwerke oder 400 neue Braunkohlekraftwerke bauen, um die globale Fahrzeugflotte auf elektrischen Betrieb umzustellen.
Das Problem: Eine Rückkehr zur Atomkraft steht derzeit nicht zur Debatte und der Ausstieg läuft, ebenso wie die schrittweise Stilllegung der Kohlekraftwerke. Kommt es künftig zu Engpässen in Deutschland, müssen diese durch den Import von Atomstrom (Frankreich) oder Kohlestrom (Polen) ausgeglichen werden.
Das Umweltproblem – Rohstoffe, Menschenrechte, Entsorgung und Recycling
Das Elektroautos im Betrieb keine Emissionen erzeugen, ist mit Blick auf die Luftverschmutzung und auch Lärmentwicklung in unseren Städten unbestreitbar ein großer Vorteil gegenüber fossil angetriebenen Fahrzeugen. Schaut man sich jedoch die Produktion sowie Entsorgung insbesondere der Antriebsbatterien an, ergibt sich ein etwas anderes Bild.
Für den Bau der Antriebsbatterie werden eine Vielzahl strategisch wichtiger Industriemetalle benötigt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Kobalt und Lithium, obwohl noch dutzende andere Metalle, der Öffentlichkeit so gut wie unbekannte Spezialmaterialien, Verwendung finden. Kobalt wird zum allergrößten Teil in der von Korruption und Gewaltexzessen zerrütteten Demokratischen Republik Kongo abgebaut, wo nicht selten Kinder unter erbärmlichen Bedingungen das Metall abbauen müssen. Die bislang bekannten signifikanten Lithiumreserven hingegen befinden sich vornehmlich in Südamerika (Chile, Bolivien, Argentinien), aber auch in Australien, China oder den USA.
Konkret bedeutet dies, dass ebenso wie bei den Verbrennern auch bei Elektroautos eine Abhängigkeit von Rohstoffquellen in Übersee besteht. Diese Rohstoffe müssen nicht nur ebenso wie das Rohöl für die Benzin- oder Dieselgewinnung von Weitem antransportiert werden, ihr Abbau in den Minen basiert zudem auf dem Einsatz schweren Geräts, welches ebenfalls Emissionen erzeugt. Die Antriebsbatterie eines Elektroautos hat also eine fossile Vergangenheit, welche von der EU bei der Berechnung der CO2-Grenzwerte jedoch nicht angerechnet wird.
Auch eine andere Zahl lässt aufhorchen. Wie das Handelsblatt schreibt, fahren derzeit weltweit nur etwa ein Prozent aller Kraftfahrzeuge mit Elektrizität. Doch bereits dieser Anteil beanspruche rund die Hälfte aller in Umlauf befindlichen Lithium-Ionen-Akkus. Das bedeutet: Schon eine Verdoppelung des Anteils der Elektroautos auf 2 Prozent führt theoretisch dazu, dass anderen Branchen (unter anderem der Maschinenbau und die Unterhaltungsindustrie) keine Akkus mehr zur Verfügung stünden. Daraufhin muss die Förderung der Rohstoffe hochgefahren werden – die gestiegene Nachfrage dürfte sich schnell in höheren Metall-Preisen und somit Anschaffungskosten niederschlagen.
Der Bau der Batterien stellt die mit Abstand energieintensivste Phase in der Produktionskette eines Elektroautos dar. Bezüglich des genauen Energie- und Rohstoffinputs herrscht in der Forschung aber weitgehend Verwirrung, weil die Hersteller keine genauen Angaben darüber machen (können), wie viel Energie, Rohstoffe und Emissionen während des Produktionsprozesses anfallen. Es ist nach derzeitigem Stand deshalb unmöglich, eine exakte Ökobilanz für den gesamten Lebenszyklus eines E-Fahrzeugs im Vergleich zu einem fossil betriebenen Auto aufzustellen. Das Schweizer Portal Energie Experten beispielsweise zitiert eine Vielzahl sich teilweise widersprechender Studien zum Thema. Ein vorsichtiges Fazit daraus lautet: Erst nach 50.000 bis 100.000 Kilometern weisen die meisten Elektroautos eine bessere Ökobilanz als vergleichbare Benziner oder Dieselfahrzeuge auf – zumindest was die CO2-Emissionen über die Lebensdauer anbelangt.
Nicht weniger Unklarheit herrscht auch noch beim Thema Entsorgung beziehungsweise Recycling. Ähnlich wie im Fall der mangelhaften Ladeinfrastruktur existiert in Deutschland bislang noch keine funktionierende Recycling-Infrastruktur, um an die wertvollen Metalle aus ausgebrannten Antriebsbatterien zu kommen. Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Recherchen des ADAC berichtet, fehlt es hierzulande und auch EU-weit nicht nur am technischen Know-How, sondern auch an geeigneten Gesetzen:
„Aktuell ist diese mehrstufige Vorgehensweise (des Recyclings alter Batterien – Anm. der Red.) allerdings noch energieintensiv und teuer. Wirtschaftlich tragfähige Recycling-Prozesse müssen demnach erst noch entwickelt werden. Forschungsbedarf besteht auch hinsichtlich einer umweltfreundlichen Entsorgung beziehungsweise Deponierung von Reststoffen, denn ohne die wird es selbst bei den fortschrittlichsten Recycling-Methoden wohl am Ende doch nicht gehen. (…) Nach Meinung des ADAC bietet das Batteriegesetz aus dem Jahr 2009 für eine zeitgemäße Verwertung eine nur unzureichende Grundlage. Das verlangt lediglich eine Wiederverwertung von 50 Prozent des Materialanteils auf ihr Gewicht bezogen. Demnach ließe sich diese Vorgabe bereits mit dem Entfernen von Gehäuse und Komponenten erreichen, die meist aus Alu, Stahl und Kunststoff bestehen“, schreibt das Handelsblatt. Positiv stimmt immerhin, dass viele Batterien nach dem Ausbau aus dem Auto noch Jahre als stationäre Energie-Speicher für Häuser und Wohnungen genutzt werden können.
Ein Fall aus Österreich warf vor einiger Zeit die Frage auf, wie man mit verunfallten Elektroautos umgehen muss und wie eine umweltgerechte Entsorgung organisiert sein sollte. Wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten damals berichteten, musste ein brennender Tesla von der Feuerwehr mehrere Stunden lang komplett in ein riesiges Wasserbad getaucht werden, bevor er gelöscht werden konnte. Die Batterie hatte sich auch noch unter Wasser ständig neu entzündet. Das Wasser war danach kontaminiert und musste als Sondermüll speziell entsorgt werden.
Fazit
Betrachtet man die heute gegebenen Voraussetzungen, unter denen der „Zukunftstechnologie“ Elektromobilität der Durchbruch in den Massenmarkt gelingen soll, sind ernste Zweifel angesagt. Nicht nur existiert kein (ausreichendes) Netz von Ladepunkten, auch eine koordinierte Entsorgung ist noch nicht absehbar. Erschwert wird eine Akzeptanz insbesondere durch die technischen Nachteile der geringeren Reichweite und höheren Anschaffungskosten. Ein entscheidender Faktor wurde dabei noch gar nicht beleuchtet: es ist möglich, dass die mit der E-Offensive zusammenhängenden enormen Arbeitsplatzverluste zu einer gesellschaftlichen und politischen Schieflage führen werden, die der Politik eine weitere Forcierung der Technologie faktisch untersagt.