In den letzten Wochen haben die Ankäufer von Altschmuck in Europa und den USA einen starken Ansturm verzeichnet, vor allem große Mengen Goldschmuck wurden dort verkauft. Hintergrund ist offenbar die Sorge, dass die außerordentliche Preis-Rallye beim Gold seit Jahresbeginn, die durch das Coronavirus wohl zusätzlich angeheizt wurde, bald ein Ende nehmen und sich wieder umkehren könnte.
Am 24. Februar hatte der Goldpreis sein bisheriges Jahreshoch von über 1.689 Dollar je Feinunze verzeichnet, dies war der höchste Stand seit Oktober letzten Jahres sowie ein Anstieg um mehr als elf Prozent seit Jahresbeginn. In Euro kletterte der Goldpreis zuletzt sogar von Rekordhoch zu Rekordhoch. Dieser schnelle Preisanstieg weckte offenbar das Interesse potentieller Goldschmuck-Verkäufer.
Zwar steigen die Verkäufe von Altgold immer wieder mal sprunghaft an, wenn der Goldpreis steigt, aber "wir haben noch nie einen solchen Anstieg erlebt", zitiert Bloomberg Tobina Kahn, die Präsidentin des in Chicago ansässigen Juweliers "House of Kahn Estate Jewelers", wo die Schmuckbewertungen in der vergangenen Woche rund 12 Prozent über dem Durchschnitt lagen.
Laut Tobina Kahn waren die verstärkten Goldverkäufe eine Flucht in die Sicherheit, die "auf Angst basiert" habe. Vor dem Hintergrund der vielen unbeantworteten Fragen rund um die weltweite Ausbreitung des Coronavirus und seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, wollten viele Goldbesitzer offenbar nicht warten, ob das Gold möglicherweise noch weiter steigt.
Am letzten Freitag wurden die Befürchtungen bereits Wirklichkeit und der Goldpreis rutschte vorübergehend bis auf 1.563 Dollar je Feinunze ab und ging schließlich mit einem Minus von 3,3 Prozent ins Wochenende. Spekulanten hatten im großen Stil Edelmetalle verkauft, auch um Verluste in anderen Anlageklassen zu decken. Am Montag verzeichnete der Goldpreis wieder Gewinne und ist auf über 1.600 Dollar angestiegen.
"Peak Gold" ist erreicht
Die weltweite Goldproduktion aus dem Bergbau ist im vergangenen Jahr erstmals seit mehr als zehn Jahren rückläufig gewesen. Zahlreiche Branchenakteure sagen, dass "Peak Gold" bereits erreicht oder sogar schon überschritten ist, was den Goldpreis mittel- bis langfristig nach oben treiben dürfte. Altgold macht bereits etwa 30 Prozent des gesamten weltweiten Angebots aus, Tendenz steigend.
Laut Rohit Savant, einem Analysten des Forschungsunternehmens CPM Group, ist die Menge des verfügbaren Altgoldes 2019 wahrscheinlich um bis zu 2,5 Prozent gestiegen. In diesem Jahr habe es jedoch einen "signifikanten" Anstieg gegeben, sagte die Hanauer Raffinerie Heraeus Holding, zumal die Preise für Goldbarren in Euro neue Rekorde erreichten.
"Die Leute haben begonnen, ihre Tresore auszuräumen", sagt Ash Kundra, Mitbesitzer des Londoner "Goldgeschäfts J Blundell & Sons". Die meisten Gegenstände, die in sein Geschäft kommen, stammten allerdings von Schmuckhändlern und nicht von Privatpersonen. "Sie finden ein Paket, das seit fünf oder zehn Jahren dort liegt" und verschrotten es, um die höheren Preise auszunutzen."
Ganz anders ist die Lage in China, wo die Verkäufe von Goldschmuck in diesem Jahr stark zurückgehen, da der wirtschaftliche Schaden durch die tödliche Coronavirus-Krise zunimmt. Die Konsumenten meiden die Öffentlichkeit, um eine Ansteckung zu vermeiden, während sie gleichzeitig ihre Ausgaben auf grundlegende Notwendigkeiten wie Lebensmittel beschränken.
Die meisten Ankäufer von gebrauchtem Goldschmuck zahlen den Verkäufern immerhin etwa 96 Prozent des aktuellen Spotpreises. Dann schmelzen Recycler und Raffinerien das Altgold ein, reinigen es und formen es zu Goldbarren für Münzhersteller und Investoren oder zu Goldpulver für die industrielle Nutzung.