Deutschland

Mehr als eine halbe Million Deutsche aus der Kirche ausgetreten

Die Austritte aus den beiden großen Kirchen haben sich im vergangenem Jahr stark beschleunigt. Und die Reaktionen der Kirchenoberen lassen für 2020 auch keine Besserung erwarten.
26.06.2020 13:09
Lesezeit: 1 min
Mehr als eine halbe Million Deutsche aus der Kirche ausgetreten
Der Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Heinrich Bedford-Strohm - im Bild bei einem ökumenischen Gottesdienst im Mai im Berliner Dom - sieht in der Corona-Krise eine Chance. (Foto: dpa) Foto: Christian Ditsch

Immer mehr Menschen treten in Deutschland aus der Kirche aus - vergangenes Jahr waren es mehr als eine halbe Million. Bei den Katholiken kehrten 272.771 Menschen der Kirche den Rücken, 26 Prozent mehr als 2018. Bei den Protestanten traten etwa 270.000 Menschen aus der Kirche aus, rund 22 Prozent mehr als im Vorjahr.

Es gibt jetzt in Deutschland noch 22,6 Millionen Katholiken und 20,7 Millionen Protestanten. Die Zahlen wurden am Freitag von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in Bonn und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover mitgeteilt.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, an den Zahlen gebe es «nichts schönzureden». Bisweilen seien «mutige Veränderungen» erforderlich, und eben deshalb hätten die deutschen Katholiken den Reformprozess Synodaler Weg eingeleitet.

Corona-Krise eine Chance für die Kirchen?

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die aktuellen Zahlen bedrücken uns.» Er versprach: «Die Kirche will sich verändern und tut dies jetzt schon.» So seien während der Corona-Krise neue digitalisierte Formate entstanden, die gut ankommen würden.

Überhaupt sieht Bedford-Strohm in Corona eine Chance: «Viele Menschen machen jetzt die Erfahrung, dass die plötzliche Unterbrechung des bisherigen Lebens und die Ungewissheit, wie es weitergehen wird, schwer auszuhalten ist. Der Glaube gibt Kraft dazu.»

Im laufenden Jahr erwartet die EKD aufgrund der Pandemie allerdings einen deutlichen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen von - je nach wirtschaftlicher Entwicklung - zehn bis 25 Prozent. Auch die katholische Kirche rechnet mit deutlich weniger Kirchensteuereinnahmen durch Corona.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller wies darauf hin, dass die Austrittswelle unabhängig von aktuellen Ereignissen erfolge: «Ohne erkennbare Skandale verliert die katholische Kirche jegliche Bindungskraft, und es wirkt so, als müsse ein Katholik eher begründen, warum er in seiner Kirche bleibt», sagte Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Insbesondere Frauen, die bisher in Pfarreien engagiert mitgearbeitet hätten, zögen zunehmend die Konsequenzen aus einer fehlenden Bereitschaft zur Veränderung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...