EZB-Chefin Christine Lagarde hat Kritik an den jüngsten Gipfelbeschlüssen zur Bekämpfung der Corona-Krise anklingen lassen. Die Vereinbarung über einen neuen Aufbaufonds mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro hätte besser ausfallen können, sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch in einem Interview der "Washington Post". Die Zuschüsse hätten demnach im Verhältnis zu den Krediten höher bemessen sein können, kritisierte die Französin.
Nach tagelangem zähen Ringen hatten die EU-Gipfelteilnehmer beschlossen, 390 Milliarden Euro als Zuschüsse zu gewähren und 360 Milliarden als Kredite.
Trotz ihrer Kritikpunkte würdige Lagarde die Beschlüsse: "Es hätte besser sein können, doch es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt." Lagarde kann auch deshalb zufrieden sein, weil die von der EU-Kommission auszugebenden Anleihen die Stellung des Euro im globalen Währungssystem stärken werden.
Der Gipfel hatte am Freitag begonnen und sollte eigentlich am Samstag enden, war aber wiederholt verlängert worden. Nördliche Staaten wie Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden hatten Bedingungen für die Milliardenhilfe aus dem Aufbaufonds etwa für Italien und Spanien gefordert, was die Südstaaten zunächst vehement ablehnten.
Schließlich fand man am Dienstag einen Kompromiss, bei dem EU-Kommission, nationale Regierungen und EU-Rat letztlich zusammen über die Auszahlung entscheiden müssen.