Politik

Merkel versprach 2018: Es wird keine Schuldenunion geben

Lesezeit: 2 min
23.07.2020 13:15  Aktualisiert: 23.07.2020 13:15
Kanzlerin Angela Merkel hatte im Jahr 2018 wörtlich versprochen, dass es keine EU-Schuldenunion geben wird. Doch nach dem jüngsten EU-Sondergipfel haben wir in Europa eine neue Lage. Eine Schuldenunion ist aufgrund der damals unvorhersehbaren Corona-Pandemie längst Wirklichkeit.
Merkel versprach 2018: Es wird keine Schuldenunion geben
20.07.2020, Belgien, Brüssel: Emmanuel Macron (l), Präsident von Frankreich, fotografiert mit seinem Smartphone Unterlagen ab die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihm vor einem Treffen am runden Tisch im Rahmen des EU-Gipfels zeigt. (Foto: dpa)
Foto: John Thys

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Im Jahr 2018 hatte Kanzlerin Angela Merkel versprochen, dass es unter keinen Umständen eine EU-Schuldenunion geben wird. Doch damals konnte noch niemand voraussehen, dass eine Corona-Pandemie mit schweren Folgen für die Wirtschaft eintritt.

Die CDU Deutschland teilte 2019 über Twitter mit: „#Merkel stellt klar: Jeder muss sich an die vereinbarten Regeln halten; jedes Mitgliedsland ist für seinen #Haushalt selbst verantwortlich. Es wird keine Schuldenunion geben: #Stabilität und #Wachstum bedingen einander. #EUCO #RegErkl.“

Damals reagierten die Twitter-Nutzer mit folgenden Sätzen:

„Und ihr verlogenes Gesindel wundert euch WIRKLICH dass die ADF-Kasper immer mehr Zulauf bekommen ?“

„ich werde meinen kindern die nun abi gemacht haben empfehlen, dieses land zu verlassen und woanders ihr glueck zu suchen, denn hier werden sie es nicht finden.“

„Merkel gibt uns ihr Ehrenwort. Ich wiederhole: Ihr Ehrenwort, dass das alles nur einmalige Zahlungen sein werden. Für wie blöd haltet ihr uns eigentlich?“

Nach langem Ringen haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union mittlerweile auf ein milliardenschweres Finanzpaket verständigt. Es besteht aus Konjunkturhilfen zur Bewältigung der Corona-Folgen und dem mehrjährigen EU-Haushaltsplan. Ökonomen werten den Durchbruch weitgehend als politischen Erfolg, verweisen jedoch auch auf Risiken wie die Einführung einer Schuldenunion durch die Hintertür.

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank, erklärt dazu: „Es ist ein EU-Gipfel für die Geschichtsbücher. (...) Der Aufbaufonds steht also, doch die Bedenken der Niederlande, Österreichs, Schwedens und Dänemarks sind durchaus gerechtfertigt. Es besteht eigentlich ein Verschuldungsverbot der EU. (...) Bislang waren Anleihegeschäfte der EU als ,Spiegelgeschäfte‘ vorgesehen. Dabei nimmt die EU Gelder an den Kapitalmärkten auf und reicht diese an hilfsbedürftige Länder weiter. Zinsen und Tilgungen sind dann wiederum von den Empfängerländer zu tragen. (...) Wenn die EU nun aber nicht rückzahlbare Zuschüsse verteilt, fließen auch keine Zins- und Tilgungszahlungen. (...) Das könnte dann der Eintritt in eine Schuldenunion sein.“

Die Neue Osnabrücker Zeitung wörtlich: „Für die EU geht es um viel. Wie will sie die digitale Transformation, den Klimawandel und globale Machtansprüche meistern, wenn sie nicht in der Lage sein sollte, die heftigste Wirtschaftskrise seit ihrer Gründung ökonomisch und sozial abzufedern? Doch Vorsicht: Wenn mit Corona durch die Hintertür kommt, was in der Eurokrise noch verhindert wurde, nämlich die Schuldenunion, dann könnte sich eine kurzfristige Rettungsaktion langfristig als Bumerang erweisen. Länder wie Italien und Spanien sind nicht durch Missmanagement in die aktuelle Krise gerutscht, sondern infolge einer Pandemie; das spricht dafür, ihnen unter die Arme zu greifen. Wer aber Finanzhilfen in Anspruch nimmt, bleibt Rechenschaft, Reformen und, ja, auch Rechtsstaatlichkeit wie im Fall Polens oder Ungarns, schuldig.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Scholz in China: Deutliche Worte bei Xi zum Ukraine-Krieg und Klimaschutz
16.04.2024

Auf der letzten Etappe seiner China-Reise traf Bundeskanzler Scholz seinen Amtskollegen Präsident Xi Jinping. Bei ihrem Treffen in Peking...

DWN
Politik
Politik Engpass bei Stromversorgung: Oranienburg zeigt Deutschland die Grenzen auf
16.04.2024

Noch ist es ein Einzelfall: Die Kleinstadt Oranienburg, nördlich von Berlin, kommt dem Bedarf ihrer Kunden nicht mehr umfänglich nach....

DWN
Politik
Politik Ampel-Regierung bringt Reform des Klimaschutzgesetzes und Solarpaket auf den Weg
15.04.2024

Mehr Solarkraft und neue Leitlinien beim Klimaschutz: SPD, Grüne und FDP haben sich auf eine Reform des umstrittenen Klimaschutzgesetzes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Marktflaute bei E-Autos: Tesla plant massiven Stellenabbau
15.04.2024

Nach Jahren des schnellen Wachstums hat sich Markt für Elektroautos deutlich abgekühlt. Nun will Tesla-Chef Elon Musk im großen Stil...

DWN
Politik
Politik Angriff auf Israel: Warum die Revolutionsgarde im Iran eine große Gefahr ist
15.04.2024

Der massive Raketen- und Drohnenangriff aus dem Iran auf Israel markiert einen Wendepunkt im langjährigen Konflikt der beiden Länder. Was...

DWN
Finanzen
Finanzen Kurz vor dem nächsten "Halving": Wie geht es mit dem Bitcoin weiter?
15.04.2024

Der Bitcoin hat in diesem Jahr eine rasante Rally hingelegt. Die bevorstehende Halbierung des täglich neugeschöpften Bitcoin-Angebots...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl 2025 bei den Grünen: Habeck, Baerbock oder keine(r)?
15.04.2024

Die Debatte über die Spitzenposition bei den Grünen ist entbrannt. Doch bislang ist nicht einmal klar, ob die Partei bei der nächsten...

DWN
Politik
Politik Verkehrssektor verfehlt Klimaziele deutlich
15.04.2024

Die Klimaziele im Verkehrsbereich wurden erneut deutlich verfehlt. Die CO2-Emissionen müssten laut den politischen Vorstellungen so stark...