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Ohoven: Direkte Staatsbeteiligungen an Unternehmen gehen auf Dauer nicht gut

Die Landesregierung Baden-Württemberg will sich über einen Beteiligungsfonds an Unternehmen beteiligen, um deren Eigenkapital zu stärken. Mittelstands-Chef Mario Ohoven sieht darin eigentlich einen gut gemeinten Ansatz. „Gleichwohl warne ich mit Nachdruck davor, dass sich der Staat immer stärker an Unternehmen direkt beteiligt und damit Einfluss auf das operative Unternehmensgeschäft nimmt. Das kann auf Dauer nicht gut gehen“, so Ohoven.
30.07.2020 11:01
Aktualisiert: 30.07.2020 11:01
Lesezeit: 4 min
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Ohoven: Direkte Staatsbeteiligungen an Unternehmen gehen auf Dauer nicht gut
Der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, stellt am 28.12.2011 in Berlin die Ergebnisse einer Umfrage vor. (Foto: dpa) Foto: Maurizio Gambarini

Mit einem Beteiligungsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro will die Landesregierung Baden-Württembergs das Eigenkapital kleiner und mittlerer Unternehmen stärken, um zukünftig deren Liquidität zu ermöglichen und deren Fortbestand somit über die Corona-Krise hinaus sichern. Die Beteiligungszeit ist bis 30. Juni 2021 relativ knapp bemessen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann wörtlich: „Wir investieren eine Milliarde Euro in den Beteiligungsfonds, um unsere Volkswirtschaft zu stabilisieren, Arbeitsplätze zu erhalten und unser industrielles Ökosystem mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen passgenau zu unterstützen.“

Landes-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut fügte hinzu: „Es gilt, unseren Mittelstand gut durch diese schwierige Phase zu bringen und ihm auch darüber hinaus den Rücken zu stärken. Mit Krediten allein werden unsere Unternehmen ihre Engpässe nicht überbrücken können. Sie benötigen auch Eigenkapital, um kreditwürdig zu bleiben und nach der Krise wieder Investitionen tätigen zu können.“

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) hat keinen Zweifel daran, dass der Vorstoß der Landesregierung durchaus gut gemeint ist. Allerdings stellt die fortschreitende Beteiligung des Staates aus Sicht des BVMW ein Problem für das operative Geschäft dar.

BVMW-Präsident Mario Ohoven teilte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten mit:

„Überlegungen der baden-württembergischen Landesregierung für einen staatlichen Beteiligungsfonds, mit dem die direkte (staatliche) Beteiligung am Eigenkapital mittelständischer Unternehmen ermöglicht werden soll, sind sicher gut gemeint. Auch Bayerns Ministerpräsident Söder hat mit dem Vorschlag für einen Bayern-Fonds, mit dem der Freistaat immerhin 20 Milliarden Euro Eigenkapital für mittelständische Unternehmen bereitstellen will, erkannt, wo die Unternehmen aktuell der Schuh drückt: Mangels Eigenkapital müssen die Unternehmen ihre akuten Liquiditätsengpässe mit Fremdkapital überbrücken. Gleichwohl warne ich mit Nachdruck davor, dass sich der Staat immer stärker an Unternehmen direkt beteiligt und damit Einfluss auf das operative Unternehmensgeschäft nimmt. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Besser wäre es auf marktwirtschaftliche, d.h. privatrechtliche Mechanismen zu setzen.“

Steuerliche Anreize könnten dem Verband zufolge einen weitaus besseren Effekt entfalten. Ohoven wörtlich: „So hat der Sachverständigenrat schon vor Jahren vorgeschlagen, zur Stärkung von Eigenkapital der Betriebe endlich die steuerliche Waffengleichheit zwischen Fremd- und Eigenkapital herzustellen. Dies kann mit der Einführung einer steuermindernden, fiktiven Eigenkapitalverzinsung gelingen. Die Vorschläge hierfür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Dies gilt auch für die mit der Unternehmenssteuerreform 2008 eingeführte Thesaurierungsrücklage für nicht entnommene Gewinne von Personenunternehmen. Dieses Instrument kann bis heute in der Breite des Mittelstands kaum genutzt werden. Wir warten auf eine mittelstandsfreundliche Weiterentwicklung. Dies hat die Politik zwar seit Jahren versprochen, aber bis heute nicht umgesetzt.“

Der Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, ein Optionsmodell für Personenunternehmen einführen lassen zu wollen, stößt beim BVMW auf Zuspruch. „Das von Bundesfinanzminister Scholz für den Herbst angekündigte Gesetzgebungsverfahren zur Einführung eines Optionsmodells für Personenunternehmen, sich wie Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen, bietet die Chance, endlich auch die Mängel der Thesaurierungsrücklage zu beheben. Immerhin wurde das Instrument von der Großen Koalition zur Stärkung der Eigenkapitalbildung geschaffen. Jetzt ist die Zeit, dieses Ziel mit einer Reform, die diesen Namen verdient zu erreichen. Und dies ganz ohne staatliche Mittel“, meint der BVMW-Präsident.

Staatliche Beteiligungen löst hitzige Debatte aus

Die staatliche Beteiligung an privaten Unternehmen hat im Bundestag zu hitzigen Debatten geführt. SPD und Linke im Bundestag forderten zuvor strengere Auflagen für Unternehmen, die in der Corona-Krise staatliche Finanzhilfen erhalten. Außerdem muss der Staat nach Ansicht der Sozialdemokraten bei Beteiligungen ein gewisses Mitspracherecht bekommen.

Beide Fraktionen wollen Unternehmen, die Staatshilfe in Anspruch nehmen demnach verbieten, Dividenden auszuschütten oder Boni, Sonderzahlungen und andere Gratifikationen auszugeben. Laut SPD soll das nicht nur für diejenigen Unternehmen gelten, die direktes Staatsgeld bekommen, sondern auch bei staatlichen Garantien. Der Staat solle „angemessenen Einfluss für die Zeit der Maßnahmen im Unternehmen bekommen“. Wenn der Staat sich wesentlich beteilige, sollten zudem Obergrenzen für die Vergütung von Chefetage und Angestellten festgelegt werden. Die Linke schlägt konkret vor, dass die Gesamtbezüge von Vorständen auf maximal das 20-fache des Lohns in der untersten Gehaltsgruppe im Unternehmen begrenzt werden.

Die SPD will Unternehmen ausschließen, die eine Zweigniederlassung in Steueroasen haben oder sich nicht an Tariftreue und Mitbestimmung halten. Die Linke fordert, dass Konzerne mit Tochterfirmen oder Anteilen in Steueroasen zumindest für jedes Land Gewinne und bezahlte Steuern ausweisen, um Gewinnverschiebungen zu erkennen.

Die Monopolkommission rät der Bundesregierung, auch in der Krise die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen. „Der Druck zusammenzuarbeiten, ist recht hoch“, sagte der Vorsitzende des Expertengremiums, Achim Wambach, am Mittwoch bei der Vorstellung eines Gutachtens. Es sei gut, dass der Staat Unternehmen helfe - er müsse dies allerdings zeitlich befristen und bestimmte Regeln aufstellen, damit der Wettbewerb nicht langfristig leide. Das Gleiche gelte für Kartellbehörden, die Unternehmen erlaubten, in der Krise temporär zu kooperieren. Zuvor hatte die Kommission das Gutachten an Bundeswirtschaftminister Peter Altmaier übergeben.

Die Konzentration auf vielen Märkten werde zunehmen, so die Prognose. Im Herbst drohe eine heftige Insolvenzwelle, so Wambach. Staatliche Hilfen wie für die Deutsche Bahn könne dem Wettbewerb im Verkehrssektor schaden. Das Gremium schlägt daher vor, Hilfsgelder etwa in die Infrastruktur wie Schienen zu investieren, damit sie auch Wettbewerbern zugute kommen. Bei der staatlichen Beteiligung an der Lufthansa plädiert das Gremium für bestimmte Auflagen und einen klar organisierten Wiederausstieg. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben begrüßte diesen Vorstoß: „Die Bundesregierung muss sich verpflichten alle Beteiligungen, die während und aufgrund der Corona-Krise erworben wurden, nach der Krise wieder zu veräußern.“

Außerdem forderte die Monopolkommission die Bundesregierung auf, sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft für eine stärkere Regulierung von Digitalkonzernen auf europäischer Ebene einzusetzen. Die durch die Corona-Krise beschleunigte Digitalisierung führe dazu, dass Digitalkonzerne noch mächtiger würden - Google und Amazon würden auch nicht mehr von der Bildfläche verschwinden, hielt Wambach fest. "Wir brauchen feste Regeln, eine Art Regulierung."

Die Monopolkommission hat für die Bundesregierung lediglich eine beratende Funktion. Als unabhängiges Gremium spricht sie Empfehlungen zu Wettbewerbspolitik und -recht aus. Altmaier dankte am Mittwoch für die Vorschläge und kündigte an, die Bundesregierung werde diese intensiv prüfen.

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