Deutschland

Nordstream 2: US-Senatoren bedrohen Fährhafen Sassnitz in Mecklenburg-Vorpommern

Mehrere US-Senatoren drohen der Stadt Sassnitz mit schweren Sanktionen, falls sie weiterhin als Drehkreuz für das Pipeline-Projekt Nordstream 2 fungiere. Immerhin wehrt sich die Bundesregierung im Gegensatz zu früheren Attacken diesmal - zumindest verbal.
07.08.2020 09:43
Aktualisiert: 07.08.2020 09:43
Lesezeit: 2 min

Drei US-Senatoren haben dem Fährhafen Sassnitz in Mecklenburg-Vorpommern in einem Brief mit schweren Sanktionen wegen seiner Rolle beim Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 gedroht. Unter Verweis auf Hilfe bei der Verlegung von Rohren und der Beherbergung russischer Schiffe schrieben die republikanischen Senatoren Ted Cruz, Tom Cotton und Ron Johnson von schwerwiegenden Maßnahmen, die den Hafen "kommerziell und finanziell abschneiden" würden von den USA. Sassnitz und der mit ihm verbundene Hafen Mukran müssten ihre Hilfe für das von der Regierung von US-Präsident Donald Trump verhasste Projekt einstellen. Das Auswärtige Amt reagierte mit scharfer Kritik. Das Vorgehen sei "völlig unangebracht", sagte Staatsminister Niels Annen dem "Handelsblatt".

Der Brief ist auf Mittwoch datiert. Als rechtliche Grundlage zitierten die Volksvertreter bereits bestehende US-Sanktionsgesetze zu Nord Stream 2. Diese würde ermöglichen, dass beteiligte Personen und Firmen bestraft würden. "Den Vorstandsmitgliedern, leitenden Angestellten und Aktionären der Fährhafen Sassnitz GmbH wird die Einreise in die Vereinigten Staaten untersagt und jegliches Eigentum oder Interesse an Eigentum, das sie in unserem Zuständigkeitsbereich haben, wird eingefroren", heißt es in dem Brief. Zuvor hatte auch die "Welt" über das Schreiben berichtet.

Amerikanischen Staatsbürgern und Firmen würde zudem verboten, mit dem Hafen zusammenzuarbeiten. "Wenn Sie weiterhin Waren, Dienstleistungen und Unterstützung für das Nord-Stream-2-Projekt bereitstellen (...) würden Sie die zukünftige finanzielle Rentabilität Ihres Unternehmens zerstören", hieß es weiter.

Das Auswärtige Amt wies den Inhalt des Schreibens zurück. "Die US-Politik der extraterritorialen Sanktionen gegen enge Partner und Verbündete ist ein schwerwiegender Eingriff in unsere nationale Souveränität", sagte Staatsminister Annen (SPD) dem "Handelsblatt". "Tonfall und Inhalt der jüngst von Senatoren verschickten Drohbriefe an deutsche Unternehmen sind völlig unangebracht." Die Bundesregierung habe den USA klar gemacht, "dass wir uns gegen die Ausübung von Druck auf unsere Unternehmen verwehren". Deutschland werde die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um "die europäische Souveränität zu stärken und Instrumente wie die Blocking-Verordnung weiterzuentwickeln". Europa dürfe sich nicht erpressbar machen.

Der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Klaus Ernst, betonte: "Dieses Schreiben ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten." Der Linke-Politiker forderte die Bundesregierung auf, den US-Botschafter einzubestellen. "Darüber hinaus müssen endlich wirksame Gegenmaßnahmen angedroht und gegebenenfalls durchgeführt werden, wie zum Beispiel Strafzölle gegen amerikanisches LNG-Gas."

Im Hafen Mukran auf der Insel Rügen lagern die für die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline benötigten Stahlrohre. Sie sind vor Jahren in einer Fabrik in Mukran mit Beton ummantelt worden. Die Fabrik hat ihre Arbeit mittlerweile eingestellt. Zwei russische Schiffe, die bereits im Hafen Mukran liegen, sollen die Pipeline vollenden. Zudem liegt dort ein Wohnschiff für rund 140 Arbeiter. Es wird vermutet, dass die an Bord lebenden Arbeiter mit dem Weiterbau der Gastrasse zu tun haben.

Der US-Regierung ist Nord Stream 2 ein Dorn im Auge, auch osteuropäische EU-Staaten sowie die Ukraine kritisieren das Projekt scharf. US-Präsident Trump kritisiert die Pipeline von Russland nach Deutschland seit Jahren. Er hatte Ende 2019 erste Strafmaßnahmen gegen bestimmte Unternehmen ermöglicht, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind. Kritiker werfen ihm vor, die Pipeline nur verhindern zu wollen, um mehr amerikanisches Flüssiggas in Europa verkaufen zu können. Befürworter argumentieren, die Pipeline sei wirtschaftlich notwendig, da die Eigenproduktion an Erdgas in Europa in den kommenden Jahren deutlich sinke, der Bedarf aber annähernd gleich bleibe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Deutsche Bank gegen Verband der Familienunternehmer: Mietvertrag gekündigt auf Grund der Einladung eines AfD-Politikers
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein – entgegen der politisch gewollten Brandmauer der etablierten...

DWN
Panorama
Panorama Eilmeldung Washington DC: Schüsse nahe dem Weißen Haus - Zwei Nationalgardisten tot
26.11.2025

In der Nähe des Weißen Hauses in Washington sind zwei Nationalgardisten von einem Schützen angeschossen worden. Sie erlagen ihren...

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Grüngasquote für Energiewende: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...