Politik

Auch Griechenland macht sich zum Spielball von Macron im östlichen Mittelmeer

Lesezeit: 3 min
30.08.2020 08:34
Frankreich hat Griechenland offenbar dazu gedrängt, informelle Gespräche mit der Türkei zum östlichen Mittelmeer abzubrechen. Stattdessen entsenden die Franzosen Kriegsgerät nach Zypern, um die Interessen französischer Energiekonzerne durchzusetzen. Griechenland und Zypern agieren als Stellvertreter von Macron. Doch auch die Bundesregierung hat sich von dem französischen Präsidenten einspannen lassen.
Auch Griechenland macht sich zum Spielball von Macron im östlichen Mittelmeer
12.07.2019, Frankreich, Cherbourg: Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, steigt aus dem neuen französischen Atom-U-Bootes "Suffren". (Foto: dpa)

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In den vergangenen zwei Wochen wurden informelle Gespräche zwischen Ankara und Athen im Zusammenhang mit den Explorationsrechten und Seegrenzen im östlichen Mittelmeer durchgeführt. Es wurde die Hoffnung geäußert, dass die Türkei und Griechenland eine Einigung erzielen könnten.

Doch kurz vor Abschluss der erfolgreichen Gespräche erfolgte ein Schachzug der Regierung Athens, der von Ankara nicht erwartet wurde. Griechenland unterzeichnete ein Abkommen mit Ägypten, das gemeinsame Grenzen im östlichen Mittelmeer zum Nachteil der Türkei festleget. Al-Monitor schreibt, dass die Erhöhung der aktuellen Spannungen auf diesen Schritt Griechenlands zurückzuführen sei.

Al-Monitor wörtlich: „Nach einer vorherigen Eskalation zwischen der Türkei und Griechenland waren im Juli informelle Verhandlungen im Gange. Aufgrund eines Telefongesprächs zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan am 22. Juli ließen die Spannungen zunächst nach, die Türkei und Athen führten bilaterale Gespräche. Doch die Bemühungen wurden aufgrund des Abkommens zwischen Griechenland und Ägypten am 6. August eingestellt."

Das türkische Außenministerium warf Griechenland in einer Erklärung vom 10. August „Unehrlichkeit“ vor. Das See-Abkommen zwischen Griechenland und Ägypten widerspricht dem See-Abkommen zwischen der Türkei und Libyen, da im Rahmen beider Abkommen mehr oder weniger dieselben Seegebiete beansprucht werden. „Was wir jetzt haben, ist wahrscheinlich die höchste Risikosituation für Fehlkalkulationen oder Unfälle, die wir in den letzten Jahren hatten“, so Michael Tanchum vom Österreichischen Institut für Europäische Politik und Sicherheitspolitik.

In einer Rede am 10. August erklärte Erdoğan, er sei bereit, „Konflikte durch einen gerechten Dialog zu lösen“. Die Türkei werde jedoch weiterhin Gasexplorationsaktivitäten im östlichen Mittelmeerraum betreiben, „bis sich der gesunde Menschenverstand in dieser Frage durchsetzt“.

Frankreich benutzt Griechenland als „Marionette“

Wer die Griechen dazu gedrängt haben könnte, die Gespräche mit der Türkei abzubrechen, lässt sich mittlerweile festlegen. Zypern hat am 12. August 2020 die Ankunft von zwei französischen Rafale-Jets zusätzlich zu einem C-130H-Unterstützungsflugzeug auf der Insel Zypern angekündigt. Die Jets befinden sich auf dem Andreas Papandreou-Luftwaffenstützpunkt in der Region Paphos. Im Jahr 2017 haben Frankreich und Zypern ein gemeinsames Verteidigungsabkommen unterzeichnet, das Anfang dieses Monats aktiviert wurde.

Zuvor hatten französische Militärs die Häfen von Larnaca und Limassol besucht, um sie zu inspizieren, berichtet Defence-Point.gr.

Die zunehmende militärische Präsenz Frankreichs im östlichen Mittelmeer wird durch die Tatsache weiter erleichtert, dass der Hubschrauberträger „LHD Tonnerre“ der französischen Marine Mistral am 9. August in Richtung Beirut aufgebrochen ist.

Dieses Kriegsschiff wurde mit folgendem Personal und Ausrüstung ausgesendet:

  • Eine Ingenieurgruppe der französischen Armee von etwa 350 Mann, die vom 2. Régiment étranger de génie kommandiert wird.
  • Eine Abteilung von Kampfmittelbeseitigungs-Tauchern der französischen Marine mit Kenntnissen in Unterwasserarbeiten und der Untersuchung von Hafengebieten.
  • Ein EDAR- und zwei CTM-Landungsboote.
  • Ein Caracal-Hubschrauber der französischen Luftwaffe und ein Alouette III-Hubschrauber der französischen Marine.
  • Aufklärungs- und hydrografische Unterstützungs-Teams für den maritimen Zugang des französischen hydrografischen und ozeanografischen Seedienstes (SHOM).
  • Eine Gruppe des 519th régiment du train.

Frankreich geht es offenbar nicht um technische Hilfen für den Libanon. Denn die gelieferten Materialien dienen vor allem dazu, den Meeresboden abzusuchen und zu untersuchen, was die Türkei im östlichen Mittelmeerraum tut.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teilte auch über Twitter mit, warum weitere französische Militärs in das östliche Mittelmeer verlegt werden. Macron wörtlich: „Die einseitigen türkischen Aktionen erzeugen Spannungen und müssen gestoppt werden“. Angesichts der Spannungen mit der Türkei haben Frankreich und Griechenland vor der Küste Kretas am 13. August ein Marinemanöver begonnen.

Macron möchte französischen Öl- und Gasunternehmen die Explorationsrechte im östlichen Mittelmeer sichern. Zu diesem Zweck versucht Paris, die Regierung in Athen als Stellvertreter gegen die Türkei aufzubauen. Doch der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis will diese Realität nicht wahrnehmen. „Emmanuel Macron ist ein wahrer Freund Griechenlands und ein entschiedener Verteidiger europäischer Werte und des internationalen Rechts“, twitterte Mitsotakis am 12. August auf Französisch. Vor der Küste Kretas haben die Seestreitkräfte Griechenlands und Frankreichs am 13. August damit begonnen, ein Manöver durchzuführen. Athen setzt auf die bedingungslose Unterstützung der Franzosen, und verlässt sich auch auch die USA, Ägypten und Israel. Allerdings ist zu erwarten, dass die USA und Israel sich sofort auf die Seite der Türken schlagen werden, sobald sie erkennen, dass die Türkei sich im Verlauf des Konfliktes militärisch oder politisch durchsetzt. Über dem östlichen Mittelmeer – in der Nähe von Zypern – ist aktuell das US-amerikanische Seeaufklärungsflugzeug „US Navy P8 Poseidon AE6840“ aktiv (im Luftraum West-Zyperns).

Die Bundesregierung hat sich mittlerweile auch von Macron einspannen lassen. Sie hat im Interesse des französischen Präsidenten eine Fregatte in die Gewässer Libyens entsandt, um die Türkei davon abhalten zu lassen, die libysche Regierung mit logistischen und militärischen Materialien zu beliefern. Wenn Frankreichs energiepolitisches Abenteuer im östlichen Mittelmeer scheitern sollte, hätte dies direkte Auswirkungen auf die deutsche Außen- und Innenpolitik. Es wird sich zeigen lassen, ob Paris Deutschland mit in die Katastrophe reißt, oder ob sich die Franzosen mit Unterstützung der Deutschen gegen die Türkei, Russland, Großbritannien und letztlich auch gegen die USA im östlichen Mittelmeer durchsetzen werden.

Hoffnung für eine friedliche Lösung

Das türkische Forschungsschiff „Oruç Reis“ führt derzeit in den Gewässern westlich von Zypern Erkundungen zu Gasvorkommen im Mittelmeer durch. Das Gebiet wird von Ankara als eigene Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) angesehen, während auch Griechenland einen territorialen Anspruch erhebt.

Der griechische Außenminister Nikos Dendias forderte die Türkei am 11. August auf, das Gebiet „sofort“ zu verlassen, und erklärte, es werde „keine Toleranz“ für die Aktionen geben. Aber sein türkischer Amtskollege Mevlüt Çavuşoğlu sagte, dass in diesem Monat neue Lizenzen für Gasexploration und Bohrungen für die Region ausgestellt würden.

Der Experte Tanchum meint hingegen, dass es immer noch einen rationalen Spielraum für eine friedliche Lösung geben könnte.

„87 Prozent des türkischen Handels werden über die Seehäfen abgewickelt, und der größte Teil des Handels erfolgt über das östliche Mittelmeer. Auf der anderen Seite hat Griechenland die größte Handelsflotte der Welt. Beide Länder haben also einen starken Anreiz für eine friedliche stabile maritime Domäne im östlichen Mittelmeerraum“, meint er.


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