Finanzen

Ausgerechnet mitten im Handelskrieg: J.P.Morgan und Blackrock steigen in großem Stil in China ein

Die Investitionen der US-Riesen sind ein Ergebnis der Zugeständnisse der chinesischen Regierung an ausländische Investoren. Wird Chinas Vermögensverwaltungs-Industrie mittelfristig von den USA dominiert?
29.08.2020 08:54
Lesezeit: 2 min

J.P. Morgan hat über eine Milliarde Dollar in eines seiner China-Investments nachgeschossen. Zuvor hatte die US-Großbank lediglich 51 Prozent an dem Projekt gehalten, wie die Financial Times berichtet.

Die Amerikaner bezahlten einen heftigen Aufpreis von circa 50 Prozent zum aktuellen Substanzwert des Fonds, um den bisherigen Minderheitseigner „Shanghai International Trust“ aus der nun zur vollständigen J.P. Morgan Tochtergesellschaft verkommenen „China International Fund Management“ (CIFM) herauszukaufen. Damit werden sie zum ersten Finanzunternehmen, das die vollständige Kontrolle über einen in China ansässigen Investmentfonds ausübt.

Chinas Regierungen hatten seit der Öffnung der Wirtschaft stets eine sehr strenge Politik bezüglich ausländischer Investitionen verfolgt. Firmen aus dem Ausland mussten immer einen chinesischen Partner vor Ort haben, um in ein sogenanntes „Joint Venture“ investieren zu können. Dieser Partner musste lange Zeit die Mehrheit an der jeweiligen Unternehmung halten. Diese Vorgabe wurde schon aufgeweicht, sodass mittlerweile zum Beispiel ausländische Investoren bis zu 51 Prozent (und damit auch die Mehrheit) an einer Finanzfirma in China halten dürfen. In diesem Jahr kam es dann zu weiteren Lockerungen im Rahmen des neuen Auslandinvestitionsgesetzes, die damit auch die Aktivitäten von J.P. Morgan ermöglicht haben.

Pläne für diese Folge-Investition gab es bei der hochprofitablen und mächtigen US-Bank schon länger. Schon im April dieses Jahres hatte das Geldhaus angekündigt, seine Präsenz im chinesischen Markt vergrößern zu wollen.

Daneben unterhält man unter anderem ein Joint Venture im Geschäft mit Futures. Im Eigenhandel gibt es ebenfalls viel zu verdienen, denn die chinesischen Aktien- und Anleihemärkte sind deutlich volatiler als beispielsweise die amerikanischen und mehr Volatilität bedeutet auch mehr Ertragspotential.

China ist (nach den USA und Großbritannien) aktuell der drittgrößte Markt für Vermögensanlagen und die Branche erhofft sich hier ein großes Wachstumspotential. J.P. Morgan verwaltet aktuell nur einen kleinen Bruchteil (40 Milliarden Dollar) von insgesamt rund 2,5 Billionen an Kundengeldern für chinesische Kunden vor Ort. Hier landen jetzt bei einer vollständigen Kontrolle des Fond-Vehikels alle Gewinne bei J.P. Morgan.

Auch ein weiterer wichtiger Akteur aus Amerika will groß investieren. Blackrock (mit rund 7,4 Billionen Dollar an angelegten Kundengeldern der größte Vermögensverwalter der Welt) gründet zusammen mit der „Temasek Holdings“ (staatlicher Förderfinanzierer aus Singapur) und der chinesischen Staatsbank „China Construction Bank“ (CCP) eine Asset-Management-Gesellschaft. Genaueres zu den geplanten Geschäfts-Aktivitäten ist noch nicht bekannt. Jetzt schon hält Blackrock einen Anteil an der Fondsgesellschaft „Bank of China Investment Management“, die wiederum der chinesischen Zentralbank gehört.

Die chinesische Finanzindustrie ist stark vom Staat durchsetzt, unter anderem über zahlreiche Staatsbanken. Für Blackrock ist die direkte Geschäftsbeziehung mit der Zentralbank und einer der vier großen Staatsbanken mit Sicherheit nützlich.

J.P. Morgan, Blackrock und andere haben den Anfang gemacht, viele weitere werden folgen. Die Regierung Chinas wird die Entwicklungen genau im Blick behalten, denn ein zu hohes Maß an Einfluss von amerikanischen Finanzkonzernen im chinesischen Markt wäre aus geopolitischer Sicht eine große Gefahr.

Die Hintergründe für diese neue Etappe der Globalisierung der Finanzmärkte sind verschieden, sie widerspiegeln die ungleiche Entwicklung, Position und Interessen zwischen China und den USA.

  • Was die US-Finanzkonzerne mit ihren Investitionen erreichen wollen: In einem globalen Umfeld von Null- und Negativzinsen sowie völlig komprimierter Risikoprämien erscheinen Anlagen in einem potentiell riesigen, aber noch weniger entwickelten, wenig kompetitiven und bisher stark regulierten, aber nun zunehmend deregulierten Finanzmarkt für globale Investoren interessant.
  • Warum China seinen Markt liberalisiert hat: China will mit dieser Teil-Liberalisierung im Finanzsektor einen Teil der Defizite seiner Staatsbanken stopfen helfen. Diese sind überexponiert mit bilanzwirksamen Krediten an Immobilienentwicklern, staatlichen Konzernen und staatlichen (Infrastruktur-) Zweckgesellschaften, alles margenschwache Bereiche mit potentiell hohen Kreditrisiken. Dafür sind sie schwach und bedürfen des Know-hows für Finanzanlagen. Durch die Liberalisierung soll ein hoch wettbewerbsfähiger privater Sektor im Aufbau unterstützt werden. Außerdem hoffen die chinesischen Behörden, einen Teil der Problemkredite des Bankensektors durch Verbriefung an internationale Investoren weiterreichen zu können.
  • Was dies aus geopolitischer Sicht für China bedeutet: Die Teil-Öffnung kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt, wo es für China angezeigt scheint, neue Liberalisierungsschritte einzuleiten. Dadurch erhofft sich die chinesische Führung, die Banken und die Finanzindustrie in den USA zu neuen Verbündeten zu machen und die Front der anti-chinesischen Politik in den USA zu spalten. Der Finanzsektor hat schließlich einen großen Einfluss auf die amerikanische Politik.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimagipfel im Stillstand: Welche Beschlüsse Belém wirklich brachte
24.11.2025

Bei der Klimaanpassung und dem Schutz des Regenwaldes wurden zwar frische Finanzzusagen gemacht – doch bei den eigentlichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Frankreichs Schulden bedrohen Europa: Kommt jetzt die Eurokrise zurück?
23.11.2025

Steigende Zinsen, explodierende Schulden, nervöse Märkte: Europa erlebt ein gefährliches Déjà-vu. Immer mehr Experten warnen vor einer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...