Technologie

Forscher entwickeln Batterie mit unendlicher Lebensdauer

Lesezeit: 2 min
13.09.2020 13:12
Mehrere deutsche Medien haben bereits berichtet – größtenteils unvollständig und missverständlich. Die DWN haben sich der Angelegenheit angenommen und stellen sie sachgerecht und verständlich dar.
Forscher entwickeln Batterie mit unendlicher Lebensdauer
Wird Atommüll bald zur Lösung des weltweiten Energieproblems beitragen? (Foto: dpa)
Foto: Andreas Endermann

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Jungunternehmer aus dem Silicon-Valley könnten eine Jahrhundert-Erfindung gemacht haben. Ihre winzig kleine Wunder-Batterie mit fast unendlicher Lebensdauer soll viele drängende Probleme der Neuzeit auf einmal lösen.

Das US-Startup „NDB“ entwickelt derzeit Konzepte für eine disruptive Batterie-Technik. Die gleichnamige Nano-Diamond-Battery soll selbstaufladend sein und eine Lebensdauer von bis zu 28.000 Jahren haben. Die dahinterstehende Basis-Technik nennt sich „Diamond Nuclear Voltaic“ und soll von der Grundstruktur her ähnlich wie eine normale Batterie aufgebaut sein.

NDB strebt Folgendes an: Den effizienten Abbau von Nuklearmüll, eine Teil-Lösung der Probleme des stetig steigenden Elektrizitätsbedarfs und schließlich eine quasi unendlich haltbare Batterie.

Der Clou an der Sache: Anders als bei herkömmlichen Akkumulatoren müssen die NDB-Modelle nicht regelmäßig am Stromnetz aufgeladen werden. Im Gegenteil, bei einer erfolgreichen Massenanwendung der Technologie sollen die durch sie entstandenen überschüssigen Kapazitäten ins Stromnetz eingespeist werden.

Grund hierfür ist eine völlig neuartige Technologie: In der Batterie sind radioaktive Kohlenstoff-Isotope in der Form von Nukleargraphit-Diamanten enthalten (Graphit ist ein aus reinem Kohlenstoff bestehendes Mineral und kommt unter anderem als sogenannter Moderator in Kernkraftwerken zum Einsatz). Als Schutz dient eine weitere kristalline Kohlenstoff-Schicht (C-12 Isotope).

Das nukleare Graphit kann angeblich relativ einfach aus Atommüll bezogen werden, muss dann aber noch in eine Diamantenform gebracht werden. Aus der radioaktiven Strahlung der C-14 Isotope wird ein Elektronenstrom generiert – es handelt sich also um eine Art Miniatur-Kraftwerk. Die hohe Lebensdauer einer auf dieser Technologie basierende Batterie ist in der hohen Halbwertszeit des C-14 begründet.

Die Nano-Batterie soll universell einsetzbar sein. Anwendungen soll es neben dem Automobil auch in vielen anderen Bereichen wie der Luftfahrt (Drohnen, Lufttaxis) und mobilen Endgeräten geben. Die dafür nötige elektrische Energie würde aber wohl eine Aneinander-Schaltung einer riesigen Menge von Nano-Batterien erfordern. Wie diese – oder eine andere – Lösung – funktionieren soll, ist noch unklar.

Der Haken an der Sache: Das Produkt befindet sich im Frühstadium, denn es gibt noch nicht einmal einen Prototyp. Bisher liegen nur zwei sogenannte Proof-of-Concept-Nachweise (erfolgreiche Machbarkeits-Studien) für potentielle Investoren vor. Die Öffentlichkeit hat auch noch keinen visuellen Nachweis der Technologie gesehen. Außerdem sind Aspekte der Sicherheit, Energie-Effizienz, Kühlung des Systems und Skalierung der Nanostruktur noch mit vielen Fragezeichen versehen.

Auch ist das Haltbarkeitsversprechen wohl nicht auf eins-zu-eins auf die Applikationen übertragbar. Für die E-Autos wird nur eine maximale Haltbarkeitsdauer von 90 Jahren in Aussicht gestellt.

Die Produktion von klassischen E-Batterien ist mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden, wie die notwendigen Mengen an Industriemetallen wie Lithium, Kobalt und Nickel, welche teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut werden. Die Herstellung ist außerdem insgesamt (noch) sehr rohstoff- und energieintensiv. Die hohen Preise für Elektroautos spiegeln denn auch die Ver(sch)wendung von mehr und kostenintensiveren Ressourcen im Vergleich zu Autos mit Otto- und Dieselantrieb wider.

In der Automobil- und Zulieferindustrie wird momentan an Verbesserungen der bestehenden Lithium-Ionen-Batterien und an sogenannten Feststoff-Batterien geforscht. Quantensprünge sind hier aber in naher Zukunft nicht zu erwarten. Ein komplett neuer Ansatz ist also durchaus wünschenswert.

Fazit: Die Technologie hat auf jeden Fall das Potential, hochdisruptiv zu sein. Man fühlt sich erinnert an Isaac Asimovs Science-Fiction-Bücher der Fünfziger-Jahre, in denen (dem Zeitgeist geschuldet) zum Teil fast die gesamte Technik auf Atomkraft basierte.

Die Versprechungen des Startups klingen schön – hoffentlich nicht zu schön, um wahr zu sein.

Lesen sie weiter:

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/506020/Entwickelt-Tesla-gerade-eine-E-Batterie-fuer-Lufttaxis


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen DAX schließt schwache Woche im Plus
04.10.2024

Der DAX konnte trotz einer insgesamt schwachen Börsenwoche am Ende zulegen. Der deutsche Leitindex stieg durch einen starken...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Arbeitsmarkt übertrifft Erwartungen - Zinsschritt wohl weniger wahrscheinlich
04.10.2024

Der US-Arbeitsmarkt hat sich im September überraschend erholt und zeigt sich nach einer Phase der Schwäche wieder deutlich stärker. Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Störung bei Flugsicherung - schon wieder: Flugausfälle und Verspätungen an deutschen Flughäfen
04.10.2024

Eine Störung bei der Deutschen Flugsicherung hat erneut zu massiven Verzögerungen und Flugausfällen geführt. Besonders betroffen war...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Abwanderung nach Osteuropa: Zughersteller Alstom schließt Werk im sächsischen Görlitz
04.10.2024

Die Abwanderung der Industrie geht weiter: Der französische Zugbauer Alstom kündigt die Werk-Schließung an und verlässt Deutschland...

DWN
Politik
Politik EU-Mitgliedstaaten ermöglichen Auto-Zölle gegen China
04.10.2024

Die EU hat den Weg für Auto-Zölle gegen China geebnet, trotz Bedenken aus Deutschland. Es fand sich keine Mehrheit der EU-Staaten gegen...

DWN
Politik
Politik Bürgergeld: Auswirkungen der höheren Ausländerquote
04.10.2024

Die Anzahl der ausländischen Bürgergeldempfänger ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und erreichte zuletzt 2,7 Millionen....

DWN
Finanzen
Finanzen Versicherungspflichtgrenze: Wen trifft die Steigerung im Jahr 2025 und wer profitiert?
04.10.2024

Ab 2025 wird der Wechsel in die private Krankenversicherung deutlich schwieriger – die Versicherungspflichtgrenze steigt auf 73.800 Euro....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft EU-Autozölle gegen China: Scholz entscheidet gegen Strafmaßnahmen auf chinesische Elektroautos
04.10.2024

Nach Differenzen innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP bezüglich der Frage nach EU-Autozöllen auf Elektroautos aus...