Nach Ansicht von Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs sollten Investoren vor den Präsidentschaftswahlen am 3. November den Verkauf des Dollars und den Kauf von Silber in Betracht ziehen. Es bestehe ein wachsendes Risiko für den Dollar, da der Kandidat Joe Biden von der Demokratischen Partei seine Führung in den Wahlumfragen weiter ausgebaut hat.
Bidens Vorsprung in den Umfragen verringert die Chance auf einen unklaren Wahlausgang, so die Goldman-Analysten. "Die große Spanne in den aktuellen Umfragen verringert das Risiko eines verzögerten Wahlergebnisses, und die Aussicht auf kurzfristige Durchbrüche bei den Impfstoffen könnte ein Rückschlag für riskante Anlagen sein", zitiert Kitco aus einer Mitteilung der Goldman-Analysten.
Und weiter: "Wir sehen eine relativ geringe Chance, dass das positivste Ergebnis für den Dollar eintritt, nämlich ein Sieg von Trump in Kombination mit einer echten Impfstoffverzögerung". Hingegen könnte ein Wahlsieg von Joe Biden in Verbindung mit günstigen Nachrichten zu einem Impfstoff den Dollar-Index auf seinen Tiefststand aus dem Jahr 2018 zurückbringen.
Der Dollar-Index fiel damals unter die Marke von 89 Punkten. Im März handelte er vorübergehend deutlich oberhalb von 100 Punkten. Doch in den folgenden Monaten ging der Dollar-Index dann deutlich zurück. Am Mittwoch wurde er sogar wieder unterhalb der Marke von 93 Punkten gehandelt.
Goldman rät zu Leerverkäufen des Dollars gegenüber dem mexikanischen Peso, dem südafrikanischen Rand und der indischen Rupie. Zudem sei es ratsam, den Euro, den kanadischen Dollar und den australischen Dollar gegen den Dollar zu kaufen. Ein schwächerer Dollar wäre auch sehr positiv für Gold und Silber, die nach einem sehr guten im Oktober schwächelten.
In einem weiteren Bericht rät der Goldman-Analyst Mikhail Sprogis zum Kauf von Silber, da das Edelmetall ein "offensichtlicher Nutznießer" einer globalen Bewegung in Richtung Solarenergie sei. Sprogis weist darauf hin, dass Solaranlagen etwa 18 Prozent der industriellen Nachfrage nach Silber ausmachen. Goldmans Basisszenario ist, dass die weltweiten Solaranlagen zwischen 2019 und 2023 um 50 Prozent steigen.
"Mit Silber bei 24 Dollar pro Unze und mit einigen potenziellen solaren Überraschungen nach oben in den kommenden Monaten öffnen wir den Handel wieder", so Sprogis. Zuvor hatte Goldman seine Wetten auf einen steigenden Silberpreis geschlossen, nachdem Silber seit dem Ausverkauf im März um 50 Prozent gestiegen war und im August vorübergehend fast 30 Dollar je Unze erreicht hatte.
Zu den "solaren Überraschungen nach oben", von denen Sprogis spricht, gehören die USA und China, die ihre Pläne für Solaranlagen erweitern. Auch Bidens Plan, in den nächsten fünf Jahren 500 Millionen neue Solarpaneele in den USA zu installieren, könnte zu einem Anstieg der weltweiten Solarinstallationen um 15 Prozent führen.
Wenn die USA und China mit ihren Plänen für neue Solarinstallationen fortfahren, erwartet Goldman einen Anstieg des Silberpeises auf 30 Dollar.
In einem Bericht des Silver Institute Anfang dieses Jahres wurde prognostiziert, dass die globalen Bemühungen zur Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, neue Gesetze zur Senkung der CO2-Emissionen und eine entsprechende Steuerpolitik im nächsten Jahrzehnt zu einer kontinuierlichen Ausweitung von Solaranlagen führen sollte.
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Weltbank prognostiziert, dass der Verbrauch von Silber in Energietechnologien bis 2050 dramatisch ansteigen und ein Niveau erreichen könnte, das mehr als 50 Prozent des derzeitigen Gesamtverbrauchs an Silber entspricht. Dies wäre der größte Anteil unter allen Nicht-Batterie-Metallen.
Zwar ist Silber längst nicht mehr so extrem billig wie vor einem halben Jahr, nachdem das Gold-Silber-Verhältnis vorübergehend einen Rekordstand um 123:1 erreicht hatte. Doch das Gold-Silber-Verhältnis liegt historisch betrachtet mit aktuell rund 77:1 noch immer relativ hoch, das heißt, dass Silber im Vergleich zu Gold weiterhin unterbewertet ist.
Indes ist die Minenproduktion im Zuge der Corona-Maßnahmen rapide zurückgegangen. Viele größere Minen mussten geschlossen werden. Das Silver Institute erwartet, dass die Minenproduktion ihren seit vier Jahren anhaltenden Rückgang fortsetzen wird. Für dieses Jahr rechnen die Analysten mit einem Rückgang um 7 Prozent. Bereits im vergangenen Jahr war die Produktion um 1,3 Prozent zurückgegangen.
Nach wie vor der größte Treiber für die Edelmetallpreise ist jedoch die Geldpolitik der Federal Reserve. Um Gold und Silber in einen Bärenmarkt zu bringen, müsste die US-Notenbank schon ihre historisch lockere Geldpolitik beenden, sie müsste ihre Bilanz kürzen und die Zinsen anheben. Doch eine solche Entwicklung ist weder unter Trump noch unter Biden auch nur vorstellbar.