Dass die Strompreise in Deutschland zu den höchsten der Welt gehören, ist nicht neu. Doch wird während der Pandemie noch einmal deutlich, zu welch überhöhten Preisen die mittelständischen Unternehmen ihre Rechnungen bezahlen: Während der Stromverbrauch aufgrund des Lockdowns immer weiter zurückgeht, steigen trotzdem die Preise.
So wurden in den ersten drei Quartalen des Jahres des laufenden Jahres 383 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht. Das sind 4,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Grund: Die Industrieproduktion ist vor allem im zweiten Quartal durch die Corona-Pandemie stark gesunken. Sie macht mit 46 Prozent den größten Anteil am Gesamtverbrauch aus. „Hochgerechnet auf das Kalenderjahr könnte der Rückgang des Stromverbrauchs somit 3,5 Prozent betragen“, rechnen die Volkswirte des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) damit, dass sich der Trend für das Gesamtjahr so fortsetzt.
Trotzdem haben sich die Strompreise bis Ende Juni weiter vergrößert. So verteuerte sich eine Kilowattstunde Strom um 6,8 Prozent im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte 2019 auf durchschnittlich 31,94 Cent. Das berichtete das Statistische Bundesamt Ende Oktober.
Damit wird das grundsätzliche Prinzip von Nachfrage und Angebot ausgehebelt. Wenn die Energiepreise nur den freien Handel der internationalen Strombörsen abbilden würde, dann müssten sie eigentlich zurückgehen. Doch da in diesem Fall dieser Grundsatz nicht gilt, wird hier noch einmal besonders klar, wie groß andere Faktoren in Deutschland sind, die zu den Kosten beitragen. So wird der Preis hierzulande mit insgesamt acht Steuern und Abgaben belastet, die rund die Hälfte des Gesamtvolumens ausmachen.
Preis hat sich durch Abgaben seit 1998 vervierfacht
Wie sehr die Politik hier ihre Finger im Spiel hat, wird auch an den Statistiken deutlich, aus denen die Entwicklung des Preises in den vergangenen Jahren hervorgeht. So hat sich dadurch das Niveau zwischen 1998 und 2020 fast vervierfacht. Wie aus einer aktuellen Tabelle des BDEW abzulesen ist, gehört dazu die EEG-Umlage, die unter anderem dazu dient, Strom aus erneuerbaren Quellen bevorzugt ins Netz einzuspeisen. Allein dieser Posten macht derzeit 20 Prozent am Gesamtpreis aus und steht stark in der politischen Diskussion.
„Die hohen Strompreise in Deutschland zeigen, dass das kostenintensive Subventionsregime des EEG dringend auf den Prüfstand gehört“, sagt Hubertus Struck, der Sprecher der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT). „In der Energiepolitik insgesamt ist es höchste Zeit, dem Wettbewerb und dem Markt eine Chance zu geben. Nur so wird es gelingen, die Kosten für die Unternehmen perspektivisch zu senken“, erklärt der Funktionär auf Anfrage der DWN.
Grundsätzlich ist das Thema politisch sehr aufgeheizt. Wohl aus diesem Grund wollten sich viele Einrichtungen, die sich mit dem Mittelstand befassen, nicht dazu äußern, wie groß die konkreten Verluste sind, die den Unternehmen dadurch entstehen.
Mittlerweile ist hier ein Markt von Anbietern entstanden, die Verbrauchern und Unternehmen Dienstleistungen anbieten, damit diese ihre Energiekosten senken können. Dazu gehört beispielsweise Switchup – eine Firma, die Sparpotenziale errechnet. „Viele Unternehmen unterschätzen, wie viel ihnen aufgrund der Treue zu ihrem Anbieter mehr berechnet wird. Bei Strom spart man in der Regel rund 10 Prozent der Kosten pro Jahr, bei Gas sind die Einsparungen üblicherweise noch höher“, sagt Arik Meyer, der Gründer des Anbieters.
KfW: Energiekosten kein Schaden für den Mittelstand
Doch gibt es auch Stimmen am Markt, die sich zurückhaltend äußern: So haben sich die Energie-Experten der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereits 2016 in einer Studie mit der Belastung der Stromkosten für den Mittelstand auseinandersetzt. Die Untersuchung ist zwar schon älter, gilt in ihren Grundaussagen aber immer noch.
Die Fachleute weisen darauf hin, dass die Stromkosten nur ein Teil der Energiekosten seien. Sie stellen ihren Aussagen zufolge für den Mittelstand als Ganzes keine große Belastung dar - sowohl relativ als Anteil an den Gesamtkosten wie auch als Absolutbetrag. Davon unbenommen sei, dass es natürlich strom- und energieintensive mittelständische Unternehmen gebe, bei denen die entsprechenden Kosten stärker ins Gewicht fielen.