Durch die Corona-Krise ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland erstmals seit sieben Jahren wieder gestiegen. Sie legte im Jahresdurchschnitt 2020 um 429.000 auf knapp 2,7 Millionen zu, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mitteilte. Dennoch geht die Behörde nach Worten ihres Vorstandschefs Detlef Scheele verhalten optimistisch in das neue Jahr.
"Im zweiten Halbjahr wird es besser. Glauben wir, hoffen wir, drücken wir die Daumen", sagte Scheele, der von einem Wettlauf zwischen Infektionsgeschehen und Impfungen sprach. Für das laufende Jahr gehe die BA von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um etwa 100.000 und von 700.000 Kurzarbeitern im Jahresdurchschnitt aus.
Im Dezember blieb der Arbeitsmarkt mit einer Zunahme der registrierten Arbeitslosigkeit um 8000 auf 2,707 Millionen nahezu stabil. Der Anstieg fiel geringer aus als sonst für die Jahreszeit üblich. Die Auswirkungen des Lockdowns in der zweiten Dezemberhälfte mit den Schließungen etwa im Einzelhandel können die Zahlen aber noch nicht abbilden: Sie wurden am Stichtag 10. Dezember erhoben. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Einflüsse ermittelte die BA einen Rückgang von November auf Dezember um 37.000 Arbeitslose. Im Vergleich zum Dezember 2019 waren aber 480.000 Personen mehr arbeitslos gemeldet.
SCHEELE: 1,3 MIO NEUE ANZEIGEN VON KURZARBEIT
Der BA-Chef geht davon aus, dass sich das Arbeitsmarktgeschehen in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren wird - vorausgesetzt, die Impfungen gewönnen die Oberhand über die Ausbreitung des Coronavirus. "Ich setze aufs Impfen, klar", sagte Scheele. Dies könne sich im Sommer und im zweiten Halbjahr auf dem Arbeitsmarkt zeigen: "Wir gehen davon aus, dass wir das Vorkrisenniveau erst Mitte 2022 wieder erreichen werden."
Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zeigte sich zuversichtlich. "Ich sehe die realistische Chance, dass sich die Wirtschaft ab dem Sommer 2021 wieder erholt und deutlich an Fahrt gewinnt", erklärte der SPD-Politiker.
Im November und Dezember kündigten die Betriebe laut Scheele für rund 1,3 Millionen Beschäftigte vorsorglich Kurzarbeit an. In welchem Umfang Arbeitnehmer tatsächlich in die von der BA mitfinanzierte Zwangspause geschickt wurden, weiß die Behörde erst mit mehrmonatiger Verzögerung. Ihre jüngsten Hochrechnungen reichen bis Oktober mit rund 1,99 Millionen Beschäftigten, die konjunkturelles Kurzarbeitergeld erhielten. Der Rückgang der Kurzarbeit seit dem Höchststand im April mit knapp sechs Millionen setzte sich demnach auch im Oktober fort.
"Der Einbruch am Arbeitsmarkt vom Frühjahr wirkt noch nach", sagte Scheele mit Blick auf die Dezemberzahlen. Die Folgen der Corona-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung seien weiter sehr deutlich sichtbar. Kurzarbeit habe Beschäftigung gesichert und eine höhere Arbeitslosigkeit verhindert.