Politik

US-Firma mit engen Kontakten zu russischen Staatsunternehmen verbietet Mitarbeitern Teilnahme an Protesten

Das Unternehmen hat Angst, seinen Ruf als "politisch neutrale" Organisation zu verlieren.
23.01.2021 17:22
Lesezeit: 2 min

Die russische Niederlassung der weltweit tätigen US-Unternehmensberatung „McKinsey“ hat ihren Mitarbeitern verboten, an den Protesten gegen die Verhaftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny teilzunehmen. Die Geschäftsführung teilte ihren Mitarbeitern am gestrigen Freitag mit: „Es gibt einen Aufruf von Oppositionellen zur Teilnahme an landesweiten Straßendemonstrationen, die morgen stattfinden sollen und auf keinen Fall genehmigt werden (von den Behörden – Anm. d Red.). Die Firmenpolitik von McKinsey erlaubt es Angestellten nicht, politische Aktivitäten zu unterstützen, weder privat noch in der Öffentlichkeit. Dieses Verbot beinhaltet auch Einträge in sozialen Medien, die einen Rückschluss zulassen auf Ihre politischen Ansichten oder Ihre Haltung hinsichtlich von Aktionen mit politischem Charakter (im Original: „political flavour“ – Anm. d. Red.). Diese Verhaltensweise ist Pflicht. Achten Sie darauf, um 14 Uhr nachmittags öffentlichen Orten fernzubleiben, wo Versammlungen stattfinden, und machen sie keinerlei diesbezügliche Einträge in sozialen Medien.“

Die Unternehmensberatung mit Sitz in New York hat einen Verhaltenskodex veröffentlicht, den alle Mitarbeiter vor ihrer Einstellung unterschreiben müssen. In diesem heißt es unter anderem: „Mitarbeitern ist es nicht erlaubt, ihre politische Einstellung zu offenbaren auf eine Art, die den Ruf des Unternehmens als politisch neutrale Organisation unterminiert.“

McKinsey ist eine der prestigeträchtigsten Unternehmensberatungen der Welt, in vielen Rankings gilt sie als die Nummer eins. In Russland berät das 1926 in Chicago gegründete Unternehmen – das heute seine Zentrale in New York hat und weltweit einen Jahresumsatz von neun bis zehn Milliarden Dollar erzielt – hochkarätige Kunden wie beispielsweise Rosneft. Die Verbindungen zu Unternehmen, die sich in russischer Staatshand befinden, sind eng.

In den USA wurden der Beratungsfirma, die Berufsanfängern in Deutschland ein Jahresgehalt von rund 80.000 Euro zahlt, schwere Vorwürfe wegen ihrer Nähe zu autoritären Regimes gemacht. So soll sie einen Bericht verfasst haben, den die saudische Regierung zum Anlass genommen haben soll, gegen Dissidenten vorzugehen. Der Autor des Buches „Die Firma: Die Story von McKinsey und ihr geheimer Einfluss auf die amerikanische Wirtschaft“, Duff McDonald, spricht von einem „Söldner“-Unternehmen, dessen Geschäftsmodell es sei, im Geheimen zu arbeiten und sich bei vielen Aufträgen zusichern lasse, dass über die Tätigkeit Stillschweigen bewahrt werde. Die „New York Times“ hat der Beratungsgesellschaft in einem umfangreichen Artikel vorgeworfen, auch die Erdogan-Regierung sowie die chinesische Regierung zu beraten. Auch das Wirken der elitären Consultants in den USA selbst gerät mehr und mehr in die Kritik: So wirft der Yale-Professor Daniel Markovits McKinsey (und anderen Unternehmensberatungen) vor, in hohem Maße zur Zerstörung der amerikanischen Mittelklasse beigetragen zu haben.

Was die Demonstrationen in Russland angeht: Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten veröffentlichten im November 2020 einen Meinungsartikel von Nina L. Chruschtschowa, wonach Russland eine Stabilitätskrise bevorstehen könnte. In Sachen Alexej Nawalny veröffentlichen die DWN im September eine Analyse, die sich mit den zwei Gesichtern des Oppositionellen befasst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EZB senkt Zinsen: Was das für Sparer und Hausbauer bedeutet
30.01.2025

Bereits zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen für den Euroraum gesenkt. Grund sind schlechte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Moderna-Impfstoff: EU-Kommission unterzeichnet Vertrag über Coronavirus-Impfstoffe
30.01.2025

Die Covid-19-Pandemie beschäftigt weiterhin die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen: Die EU-Kommission hat...

DWN
Politik
Politik CDU: Umfrage zur Bundestagswahl sieht Union mit leichtem Verlust
30.01.2025

Die CDU hat laut INSA-Umfrage mit ihrem Vorstoß zu einer restriktiveren Migrationspolitik die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft schrumpft weiter: Keine Entspannung trotz steigendem Privatkonsum
30.01.2025

Die deutsche Wirtschaft verliert weiter im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit. Auch im vierten Quartal 2024 sank das...

DWN
Politik
Politik Ex-Kanzlerin Merkel kritisiert Friedrich Merz: "Halte ich für falsch"
30.01.2025

Friedrich Merz und die CDU bringen zum ersten Mal einen Antrag mit Hilfe der AfD durch den Bundestag. Nun meldet sich Ex-Kanzlerin Angela...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnimmobilie kaufen: So geht es am Immobilienmarkt 2025 weiter
30.01.2025

Sie wollen eine Wohnimmobilie kaufen? Dann sollten Sie den Kaufmarkt genau im Blick behalten. Nach einem soliden Jahresauftakt herrscht...

DWN
Politik
Politik Chrupalla: AfD unter dieser Bedingung offen für Koalition mit der CDU
30.01.2025

AfD-Co-Chef Tino Chrupalla signalisiert Kooperationsbereitschaft mit der CDU über die Zustimmung von Anträgen im Bundestag hinaus -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bank-Aktie: Postbank-Klagen trüben Geschäftsergebnis - Aktie fällt
30.01.2025

Die Deutsche Bank machte 2024 weniger Gewinn als von Analysten erwartet. Ein Streit um Entschädigungen für frühere Postbank-Aktionäre...