Politik

E-Patientenakte: Merkel und Spahn haben den Datenschutz ausgehebelt, doch keiner hat es bemerkt

Lesezeit: 1 min
23.02.2021 19:04  Aktualisiert: 23.02.2021 19:04
Die Bundesregierung hat durch ein neues Patientenakten-Gesetz den Datenschutz ausgehebelt. In der Akte sollen alle relevanten Patientendaten gespeichert werden. Ein Widerspruchsrecht auf die Speicherung der Patientendaten gibt es nicht.
E-Patientenakte: Merkel und Spahn haben den Datenschutz ausgehebelt, doch keiner hat es bemerkt
Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt neben Jens Spahn (CDU, M), Bundesminister für Gesundheit, und Lothar H. Wieler (l), Präsident des Robert Koch-Instituts, zu einer Pressekonferenz der zur Entwicklung beim Coronavirus. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am 3. Juli 2020 wurde mit den Stimmen der SPD und der CDU/CSU das „Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur“ verabschiedet. Das Magazin ZMK berichtete vor wenigen Monaten: „Die elektronische Patientenakte (ePA) soll bereits ab dem 1. Januar 2021 zur Verfügung stehen (…) In der ePA sollen alle medizinisch relevanten Dokumente eines Patienten abgelegt werden können.“

Das Gesetz umfasst eine Neufassung des § 68b Abs. 3 SGB V. Sie lautet: „Die Teilnahme an Maßnahmen nach Absatz 2 ist freiwillig. Die Versicherten können der gezielten Information oder der Unterbreitung von Angeboten nach Absatz 2 durch die Krankenkassen jederzeit schriftlich oder elektronisch widersprechen. Die Krankenkassen informieren die Versicherten bei der ersten Kontaktaufnahme zum Zwecke der Information oder des Unterbreitens von Angeboten nach Absatz 2 über die Möglichkeit des Widerspruchs.“

Doch in der alten Fassung hieß es: „Die Krankenkassen dürfen die Auswertung von Daten eines Versicherten nach Absatz 1 und die Unterbreitung von Informationen und Angeboten nach Absatz 2 jedoch nur vornehmen, wenn die oder der Versicherte zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, dass ihre oder seine personenbezogenen Daten zur Erstellung von individuell geeigneten Informationen oder Angeboten zu individuell geeigneten Versorgungsinnovationen verarbeitet werden.“

In der Neufassung ist davon die Rede, dass der Betroffene der Verarbeitung seiner persönlichen Daten „widersprechen“ kann, während in der alten Fassung davon die Rede ist, dass der Betroffene „einwilligen“ muss, damit die Datenauswertung überhaupt durchgeführt werden kann. Das wird mit folgendem Satz begründet: „Das vormals bestehende Einwilligungserfordernis entfällt, da es sich nicht als praktikabel erwiesen hat“. Doch was unter der Feststellung „nicht praktikabel“ zu verstehen ist, wird nicht ausgeführt oder definiert.

Noch interessanter ist, dass sich das neue „Widerspruchsrecht“ auf die „gezielten Information oder der Unterbreitung von Angeboten“ bezieht, jedoch nicht auf die Datenauswertung im Allgemeinen.

Telepolis hatte zuerst über den skandalträchtigen Vorgang berichtet. „In seiner Stellungnahme zum Digitale-Versorgung-Gesetz hatte der Bundesrat bereits letztes Jahr eindringlich vor ,erhebliche[n] Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Versicherten‘ und der ,Gefahr der Diskriminierung von einzelnen oder bestimmten Risikogruppen‘ durch ,individuelle Gesundheitsprofile‘ gewarnt. Jetzt hat Spahn leise nachgelegt und diese erheblichen Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Versicherten im ePA-Gesetz noch einmal drastisch erhöht“, so Telepolis.

+++Dieser Artikel wurde erstmals am 16.08.2020 veröffentlicht+++


Mehr zum Thema:  

DWN
Deutschland
Deutschland Verdi-Streik legt Hamburger Hafen lahm

Deutschlands wichtigster Hafen ist für große Container-Frachter nicht mehr erreichbar.

DWN
Politik
Politik Saudi-Arabien leitet spektakuläre Kehrtwende in der Außenpolitik ein

Im Nahen Osten findet eine tektonische Verschiebung des geopolitischen Settings statt – mit möglicherweise weitreichenden Folgen.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Vereinte Nationen: Welthandel erreichte vergangenes Jahr einen Rekordwert

Der Welthandel florierte im vergangenen Jahr. Nun bahnt sich ein Umschwung an.

DWN
Politik
Politik Großbritannien liefert Uran-Munition an Ukraine

Die Panzer, die Großbritannien der Ukraine spendet, werden mit Munition geliefert, die abgereichertes Uran enthält. Russland warnt vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Brand im Bankensystem: Fed verfolgt riskante Doppel-Strategie

Unabhängig davon, was die US-Zentralbank heute beschließt – dem Bankensystem droht ein Flächenbrand. Das Löschen könnte schwere...

DWN
Politik
Politik Die Achse Moskau-Peking: Putin und Xi demonstrieren Geschlossenheit

Gleich mehrere Tage war Staatschef Xi bei Putin in Moskau zu Gast. Die beiden Staatschefs schlossen mehrere Abkommen, die die...

DWN
Politik
Politik USA: Wird Donald Trump heute verhaftet?

In New York stehen Metallzäune vor dem Gericht, Trump wütet im Netz und Republikaner schimpfen auf die Justiz: Grund ist eine mögliche...

DWN
Politik
Politik IWF vergibt Milliardenkredite an Ukraine für Wiederaufbau

Der Internationale Währungsfonds hat der Ukraine Kredite in Milliardenhöhe gewährt. Das Geld soll in den Wiederaufbau der Infrastruktur...