Politik

Ostdeutsche Ministerpräsidenten für Ende der Russland-Sanktionen

Nach Ansicht von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer haben Sanktionen als Instrument der Politik keine Zukunft. Und laut Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sind die Sanktionen kontraproduktiv, da sie den Menschen vor Ort schaden.
25.02.2021 16:18
Aktualisiert: 25.02.2021 16:18
Lesezeit: 2 min

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält Sanktionen gegen Russland weiter für falsch. Es sei absolut richtig, dass die Europäische Union und auch Deutschland rechtsstaatliche Verfahren einforderten, sagte er am Donnerstag mit Blick auf die Restriktionen der EU wegen der Inhaftierung des Kreml- Kritikers Alexej Nawalny. «Das ändert aber nichts daran, dass die Sanktionen keine Wirkung entfalten, dass sie in vielfältiger Weise umgangen werden und deswegen als Instrument der Politik keine Zukunft haben.» Alle ostdeutschen Ministerpräsidenten seien der Meinung, dass sie abgeschafft gehörten.

Kretschmer will - wenn die Corona-Pandemie es zulässt - im April nach Moskau reisen, um dort eine gemeinsame Ausstellung der Tretjakow- Galerie und der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zur Romantik zu eröffnen. Er wolle dann die Gelegenheit nutzen, mit Vertretern der russischen Zivilgesellschaft und Opposition, aber auch mit denen der Administration ins Gespräch zu kommen. «Wir müssen auch jetzt wieder miteinander und nicht übereinander reden.» Warum gerade der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) immer wieder «harte und knallharte Töne» anschlage, sei ihm unverständlich. Der Außenminister sollte in seinem Amt eher für Ausgleich sorgen.

Kretschmer war 2019 mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande eines Wirtschaftstreffens in St. Petersburg zusammengetroffen und hatte schon damals die Russland-Sanktionen infrage gestellt.

Haseloff: Neue Russland-Sanktionen nur gezielt gegen Verantwortliche

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff hat dafür geworben, neue EU-Sanktionen gegen Russland wegen der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny ausschließlich gegen Verantwortliche zu verhängen. Er habe keine Patentlösung, aber es sei wichtig, "dass wir die Verantwortlichen treffen", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die dpa hatte dies zunächst mit russisches "Regime" wiedergegeben und korrigiert.

Haseloff sagte weiter: "Wenn wir mit Maßnahmen der Bevölkerung vor Ort schaden, erreichen wir wahrscheinlich am wenigsten das, was wir erreichen wollen."

Am Montag hatten sich die Außenminister der EU-Staaten darauf geeinigt, weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg zu bringen. Geplant ist bisher, Verantwortliche zu treffen und sie mit EU-Einreiseverboten und Vermögenssperren zu belegen. Anlass ist der Umgang mit Nawalny. Die EU fordert seit rund drei Wochen erfolglos die Freilassung des Kreml-Kritikers. Der 44-Jährige wurde zu Lagerhaft verurteilt, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen habe.

In der Vergangenheit hatte die EU bereits wegen der russischen Annexion der Krim Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt. Haseloff hatte dieses Instrument ebenso wie andere ostdeutsche Ministerpräsidenten mehrfach kritisiert. Die Strafmaßnahmen hätten sich im Hinblick auf den Konflikt als wirkungslos erwiesen, sagte Haseloff beispielsweise im Jahr 2018. Gleichzeitig träfen die Sanktionen gerade viele ostdeutsche Unternehmen.

Vor diesem Hintergrund warb Haseloff bei den neuen Sanktionen um Augenmaß: Europa müsse seine Werte von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie auch in den Beziehungen zu Russland klarmachen. Andererseits könnten wirtschaftliche Fragen nicht außer Acht gelassen werden. Für die ostdeutsche Wirtschaft spiele die Kooperation mit russischen Partnern immer noch eine große Rolle. Zudem seien Deutschland und besonders der Osten von russischem Gas und Erdöl existenziell abhängig, sagte der CDU-Politiker.

Weiterlesen: Schlag gegen Russland und Deutschland: 18 Firmen ziehen sich aus Nord Stream 2 zurück

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...