Wirtschaft

Volkswagen: Kunden sollen zu gläsernen Digital-Konsumenten werden

Im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie will VW das Geschäft mit Kundendaten vorantreiben. Wer im Auto künftig bestimmte Dienstleistungen nutzen will, muss dafür extra zahlen.
08.03.2021 10:47
Aktualisiert: 08.03.2021 10:47
Lesezeit: 2 min
Volkswagen: Kunden sollen zu gläsernen Digital-Konsumenten werden
Herbert Diess (r), Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, und Satya Nadella, CEO von Microsoft, sitzen anlässlich eines "Fireside-Chats" mit Journalisten im Volkswagen Digital Lab in Friedrichshain. Volkswagen und Microsoft entwickeln im Rahmen ihrer Technologiepartnerschaft die Volkswagen Automotive Cloud. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Mehr Tempo bei der E-Mobilität und das wachsende Geschäft mit Kundendaten sollen bei Volkswagen die nächsten Jahre bestimmen, berichtet die dpa. Die Kernmarke von Europas größtem Autokonzern legte am Freitag eine neue Strategie bis 2030 vor. Darin geht es vor allem um den weiteren Ausbau der Elektroflotte – erzwungen von der Politik mit strengen Beschränkungen für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid. Über Downloads zusätzlicher Funktionen und eine Erweiterung der Steuerungssoftware in den Fahrzeugen sollen VW-Nutzer zudem schrittweise in ein digitales Netzwerk eingebunden werden.

Der Hersteller will die beiden zentralen Themen Elektrifizierung und Digitalisierung stärker koppeln. In Europa sollen bis zum Ende des Jahrzehnts nun mindestens 70 Prozent der Verkäufe auf ausschließliche Stromer entfallen, wie VW-Chef Ralf Brandstätter ankündigte - eine Verdoppelung der bisher geplanten Absatzquote für batterieelektrische Modelle. Volkswagen hatte einen solchen Schritt bereits angedeutet.

Kunden sollen per Freischaltung zur Kasse gebeten werden

Zumindest Dienste rund um das Datengeschäft mit den eigenen Autos will der Hersteller verstärkt anpacken. Beim ID.3 etwa sollen ab dem Sommer drahtlose Software-Updates möglich sein. Es geht um direkte Kundenkommunikation, aber auch um neue Geldquellen. Die digitale Ausstattung der Fahrzeuge wird standardmäßig so ausgelegt, dass alle möglichen Funktionen grundsätzlich vorinstalliert sind und die Nutzer sie dann je nach Nachfrage und Fahrprofil freischalten lassen können.

Mit einer Art Software-Baukasten soll - ähnlich wie bei verschiedenen Antriebs-Baukästen - die teure Vielfalt zahlreicher Grundvarianten abnehmen. VW-Vertriebsvorstand Klaus Zellmer sagte, es sei denkbar, dass das neue Vorgehen "durchaus dreistellige Millionenbeträge in die Kassen bringen" könne. Außerdem seien neue Geschäfte „rund um die Energieversorgung“ und das „Laden von E-Fahrzeugen“ angedacht - man darf gespannt sein, welche konkreten Geschäftsmodelle sich hinter diesen kryptischen Ankündigungen verstecken.

Gegenstück zur Suche nach derlei Erlösmöglichkeiten sind weitere Kostenreduzierungen. Binnen drei Jahren will VW die festen Ausgaben um weitere fünf Prozent drücken – was nicht ohne eine Verkleinerung der Belegschaft möglich sein dürfte. Der Betriebsrat hatte in den Verhandlungen hierzu darauf gedrungen, dass dies nur im Rahmen schon laufender Sparprogramme zulässig ist. Bis 2023 soll die Gewinnkraft im laufenden Geschäft bei der lange chronisch ertragsschwachen Kernmarke mindestens einen Anteil von 6 Prozent des Umsatzes erreichen - und "darüber hinaus nachhaltig abgesichert werden".

E-Strategie wird forciert

Mit Blick auf die Langfrist-Strategie hatte es in Wolfsburg zunächst geheißen, dass allein in Europa künftig 300 000 E-Autos der Kernmarke pro Jahr mehr gebaut werden müssten. VW stellt mehrere Werke auf die E-Fertigung um. Offen ist teils noch, woher die nötigen Kapazitäten für Batteriezellen kommen sollen. Hier gibt es derzeit auch - wie bei Elektronikteilen auf Halbleiter-Basis - beträchtliche Lieferengpässe.

Zudem ist nicht klar, ob eine deutliche Ausweitung der Elektromobilität nicht an der Politik der Energiewende scheitern wird, in deren Zuge der Anteil planbarer Stromerzeugungskapazitäten rapide abnimmt und durch die volatilen Quellen Wind- und Sonnenenergie ersetzt werden soll. Aus diesem Grund kursieren in der Politik derzeit Vorschläge für weitreichende Umbauten im deutschen Stromsystem – inklusive Rationierungen und Abschaltungen, wie aus einem vor Kurzem bekannt gewordenen Entwurf des Wirtschaftsministeriums hervorging.

Gleichzeitig hält VW an Nachfolge-Ausgaben von Benzinern und Dieseln fest, etwa bei Golf, Tiguan und Passat. "Wir brauchen den Verbrenner noch auf bestimmte Zeit - aber so effizient wie möglich", erklärte Brandstätter. Es gibt zudem mehr Plug-in-Hybride. Diese sind wegen der regelmäßigen Zuschaltung des Verbrenners jedoch umstritten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik China-Importe: Deutschlands Handel, Verbraucher und Zollbeamte fordern Regierung zu Regeln auf
22.01.2025

Täglich werden Hunderttausende Pakete mit Waren aus China auf den europäischen Markt geschwemmt, die China-Importe umgehen trickreich die...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Prognose 2025 mit mehr Potential als Risiko - Nvidia-Aktie Kursziel überzeugt
22.01.2025

Die Nvidia-Aktie gehört zu den Lieblingspapieren sowohl der institutionellen Investoren als auch der privaten Anleger. Der US-Chipkonzern...

DWN
Politik
Politik Rüstungsexporte steigen auf Rekordwert, mehr als die Hälfte geht an die Ukraine
22.01.2025

Die Regierung von Kanzler Scholz hatte sich ursprünglich vorgenommen, Rüstungsexporte mit einem Kontrollgesetz einzudämmen. Dann kam die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schuhhändler Görtz erneut in die Insolvenz gerutscht
22.01.2025

Einst gab es in fast jeder Fußgängerzone eine Görtz-Schuhfiliale. Doch das Traditionsunternehmen, das 1875 gegründet wurde, ist erneut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose Weltwirtschaft: USA im Aufwind - Deutschland abgeschlagen
22.01.2025

Die neue IWF-Konjunkturprognose für die Weltwirtschaft zeichnet ein differenziertes Bild für das Wachstum der Industrienationen....

DWN
Finanzen
Finanzen Apple-Aktie rutscht ab: Jefferies-Analyst senkt Kursziel – jetzt Apple-Aktie kaufen?
21.01.2025

Die Apple-Aktie steht am Dienstag mächtig unter Druck. Ein skeptischer Analystenkommentar sowie schwächere Verkaufszahlen in China sorgen...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt-Entwicklung 2025: Stimmung hellt sich auf, welche Segmente sind die Favoriten?
21.01.2025

Nachdem das Transaktionsvolumen auf dem Immobilienmarkt für zwei Jahre deutlich zurückgegangen war, hat er sich vergangenes Jahr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steigende Sozialabgaben pushen Schwarzarbeit: Handwerk wird unbezahlbar
21.01.2025

Steigende Sozialabgaben sorgen für steigende Preise: Das Handwerk fordert jetzt eine Sozialabgabenbremse, sonst werden Handwerksarbeiten...