Finanzen

E-Yuan, E-Euro, E-Dollar: Zentralbanken leiten neue Phase der Bargeld-Abschaffung ein

Währungshüter rund um den Globus treiben ihre Vorarbeiten zur Ausgabe von Digitalversionen ihrer Währungen voran. Das Bargeld wird Schritt für Schritt zurückgedrängt.
28.04.2021 16:35
Aktualisiert: 28.04.2021 16:35
Lesezeit: 3 min

Währungshüter rund um den Globus treiben ihre Vorarbeiten zur Ausgabe von Digitalversionen ihrer Währungen voran. Von China bis hin zur Euro-Zone beschleunigen Zentralbanken ihre Forschungen und Testläufe mit solchen Technologien. Der Grund: Immer stärker dringen potenzielle Rivalen wie Bitcoin von den Außenrändern der Finanzwirtschaft in Kernmärkte vor. Inzwischen ziehen sie bereits viele etablierte Großinvestoren an. Hinzu kommen Projekte wie die Kryptodevise Diem von Facebook. In einer immer digitaler werdenden Finanzwelt könnte dadurch die Währungshoheit der Notenbanken ins Wanken geraten. Die Ausgabe eigener digitaler Währungen (CBDC) könnte eine Antwort darauf sein. Zuvor hatten die Deutschen Wirtschaftsnachrichten im Rahmen einer Analyse ausgeführt: „Das weltweite Finanznetzwerk Swift und Chinas Notenbank haben ein Joint Venture gegründet, um die weltweite Nutzung eines geplanten digitalen Yuan zu untersuchen. Peking hat vor, seine geplante digitale Zentralbankwährung zu internationalisieren, was dem Yuan einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Euro verschaffen würde.“

Es folgt eine Übersicht über die wichtigsten Beweggründe zur Einführung von CBDC:

CBDC sollen wie Banknoten und Münzen ein leicht nutzbares gesetzliches Zahlungsmittel sein - nur eben in digitaler Form. Es soll Privatpersonen und Unternehmen elektronische Zahlungen und Geldtransfers ermöglichen. Wie bei traditionellem Bargeld hätten auch CBDC-Besitzer eine direkte Forderung gegenüber der Notenbank. Bislang ist ein Zugang zu Zentralbankgeld über das Bargeld hinaus lediglich auf die Geschäftsbanken beschränkt.

Wann immer jemand beim Einkauf seine Giro-Karte, Kreditkarte oder eine Bezahl-App einsetzt, wird bereits eine Form von Digitalgeld genutzt. Doch dieses ist von Finanzinstituten geschaffen worden und ist zudem nicht „risikofrei“ - wie es CBDC wäre. Konten bei Geschäftsbanken sind normalerweise nur bis zu einer bestimmten Summe durch die Einlagensicherungssysteme geschützt. Falls eine Bank pleitegeht, können dadurch Ersparnisse verloren gehen.

Notenbanken treibt die Sorge um, sie könnten die Kontrolle über den Geldkreislauf und die Bezahlsysteme an Krypotwährungen verlieren. Sollten sich solche Bezahlformen ausbreiten, könnte das den Zugriff der Notenbank auf die Geldversorgung schwächen. Diese Gefahr ist gewachsen, seitdem Kryptowährungen immer stärker Einzug halten in die Finanzwirtschaft.

Da zudem die Bargeldnutzung in vielen Industrieländern abnimmt, würde mit der Ausgabe von CBDC auch gewährleistet, dass die breite Öffentlichkeit weiterhin Zugang zu Zentralbankgeld hat. Zudem könnte CBDC den Notenbanken als neues Werkzeug für die Geldpolitik dienen. Allerdings besteht an dieser Stelle eine große Gefahr: Die EZB will die vorhandene Geldmenge in zwei Parallel-Währungen splitten – Bargeld und digitales Geld. Wer mit Bargeld bezahlt, muss Strafzinsen bezahlen. Wer sich für die digitale Alternative entscheidet, muss keine Strafzinsen zahlen (HIER). Dazu kommt die Frage des Datenschutzes, wenn eine Notenbank künftig auf alle Transaktionsdaten der Bürger Zugriff haben sollte. Für die Menschen in der Euro-Zone ist das einer EZB-Umfrage zufolge das wichtigste Thema.

Die Ausgestaltung und Reichweite von CBDC hängt ganz entscheidend von den Zielvorstellungen der Währungshüter und auch von politischen Erwägungen ab. Eine CBDC könnte etwa die Form eines sogenannten Tokens annehmen, der auf einem Smartphone oder auf einer Prepaid-Karte gespeichert ist. Sie könnte auch über Konten gestaltet werden, die direkt bei der Zentralbank geführt werden oder über dazwischengeschaltete Geschäftsbanken verwaltet werden. Als Basistechnologie könnte eine Blockchain verwendet werden, wie sie bei Kryptowährungen genutzt wird. Aber das muss nicht zwangsläufig so sein. Die chinesische Notenbank hatte erklärt, ihr digitaler Yuan werde nicht auf einer Blockchain aufbauen.

Chinas Notenbank will die erste unter den großen Zentralbanken sein, die eine digitale Version ihrer Landeswährung ausgibt. Sie hat schon umfangreiche Testläufe in mehreren Millionenmetropolen gestartet. In den westlichen Industriestaaten lässt man sich mehr Zeit. Die US-Notenbank Federal Reserve sieht keine Eile bei der Einführung eines digitalen Dollar geboten. Im laufenden Jahr soll aber der Ball ins Rollen gebracht werden. Die EZB lotet derzeit die mögliche Einführung eines digitalen Euro innerhalb der nächsten fünf Jahre aus. Die Bank von England hatte unlängst ihre Forschungsarbeiten verstärkt, ohne allerdings einen Zeitrahmen zu nennen.

Kleinere Zentralbanken haben bereits Fakten geschaffen. Die Bahamas hatten 2020 als erstes Land der Welt eine digitale Version ihrer Währung an den Start gebracht - den sogenannten Sand Dollar. Die Ostkaribische Zentralbank, die Notenbank mehrerer Länder der Ostkaribik, hatte vor wenigen Wochen das sogenannte DCash eingeführt. Die Ländergemeinschaft ist damit weltweit die erste Währungsunion, die eine Digitalwährung hat. Der IWF hatte diesen Vorstoß ausdrücklich gelobt (HIER).

In einem Bericht plädiert die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich für die Einführung von digitalen Zentralbankwährungen. Es werden diverse Varianten von digitalen Zentralbankwährungen für den Groß- und Einzelhandel vorgeschlagen. Dezentrale Kryptowährungen wie Bitcoin werden hingegen kritisch gesehen (HIER).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...

DWN
Politik
Politik Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
23.06.2025

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte...

DWN
Politik
Politik US-Angriff auf den Iran: Die Märkte bleiben erstaunlich ruhig
23.06.2025

Trotz der Angriffe auf iranische Atomanlagen bleiben die globalen Märkte ruhig. Doch die Straße von Hormus bleibt ein geopolitischer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Transferrepublik Deutschland: Wissen als Wirtschaftsfaktor
23.06.2025

Während US-Hochschulen unter politischem Druck stehen und Eliteforscher nach Kanada abwandern, funktioniert in Deutschland, was...

DWN
Politik
Politik Armenien kehrt Russland den Rücken – und öffnet sich dem Westen
23.06.2025

Armenien verabschiedet sich von Russland als Schutzmacht. Der Kreml sieht tatenlos zu – der Westen greift zu. Was das für Europa und...

DWN
Politik
Politik EU knickt ein: Russland darf weiter an Öl-Milliarden verdienen
23.06.2025

Die EU wollte Russland mit einer drastischen Senkung der Ölpreisobergrenze Milliarden entziehen. Doch angesichts wachsender Krisen rudert...