Politik

Baerbock will mindestens 2 Prozent der Fläche Deutschlands mit Windkraftanlagen bestücken

Annalena Baerbock zufolge müssen mindestens 2 Prozent der gesamten deutschen Landfläche mit Windkraftanlagen bestückt werden, um das „Weltklima“ zu retten. Unterdessen gehen Bürgerinitiativen bundesweit gegen die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Windrädern vor.
12.05.2021 10:00
Aktualisiert: 12.05.2021 10:00
Lesezeit: 3 min

Die Grüne Annalena Baerbock hat den Regierungsentwurf für das geänderte „Klimaschutzgesetz“ kritisiert und mehr Investitionen für den „Klimaschutz“ gefordert. Im Bundeskanzleramt müsse in Zukunft „ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg gebracht werden, damit man auch nicht nur die Ziele benennt, sondern die Maßnahmen, wie man diese Ziele erreichen soll“, sagte Baerbock am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin.

Die Menschen erreiche man, indem man „sehr ehrlich und deutlich“ sage, was in den nächsten zehn Jahren getan werden müsse. Das habe die große Koalition mit dem jetzigen Entwurf versäumt. „Sie drücken sich davor zu sagen, dass wir zum Beispiel die erneuerbaren Energien, den Ausbau verdoppeln müssen“, sagte Baerbock. Die Grünen-Chefin betonte, dass es etwa eine Regelung brauche, die deutschlandweit ein Flächenziel von zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft vorsehe.

Bürgerinitiativen laufen Sturm

Während Baerbock eine Verdoppelung alternativer Energiequellen und die Verbauung breiter Landstriche mit Windkraftanlagen fordert, gehen bundesweit derzeit etwa 1.000 Bürgerinitiativen gegen den Ausbau der Windkraftkapazitäten vor. Rechenfehler einer Bundesanstalt und der Streit um gesundheitsschädliche Schallbelastungen durch die Wind-Rotoren warfen jüngst ein Schlaglicht auf den Widerstand in der Bevölkerung:

Eine Entschuldigung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wegen eines Rechenfehlers zur Schallbelastung von Windrädern halten Bürgerinitiativen für unangebracht. „Altmaier hat sicher nur seine Ausbauziele vor Augen und hat den gesundheitlichen Aspekt nicht verstanden“, sagte Rainer Ebeling von der Bürgerinitiative Vernunftkraft der Deutschen Presse-Agentur. „Der ist von dem Messfehler nämlich unberührt.“

Die erheblichen Gesundheitsprobleme zahlreicher Anwohner von Windanlagen würden durch einen Rechenfehler nicht gelindert. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollte sich für das Thema mehr interessieren und umfangreiche Studien initiieren.

Altmaier hatte zuvor einen Rechenfehler zu Belastungen durch Windkraftanlagen als „sehr problematisch“ bezeichnet. Dabei geht es um sogenannten Infraschall. Die im Geschäftsbereich des Ministeriums tätige Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hatte die vermuteten Belastungen durch nicht hörbaren Infraschall jahrelang zu hoch angesetzt und den Fehler nun korrigiert.

Altmaier hatte gesagt, er wolle sich nicht ausmalen, wie viele Menschen, auch Windkraftgegner „schlaflose Nächte“ gehabt hätten, weil sie sich Sorgen vor den gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschall gemacht hätten. Es tue ihm leid, dass die falschen Zahlen über einen langen Zeitraum im Raum standen. Darunter habe auch die „Akzeptanz von Windkraft“ an Land gelitten.

Gegen Windräder gibt es vor Ort oft große Proteste und viele Klagen von Bürgern. Deutschlandweit sollen rund 1000 Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windparks in der Nähe von Wohngebieten protestieren.

In einer Stellungnahme von Vernunftkraft heißt es, soweit der BGR ein systematischer Fehler unterlaufen sei, sei es richtig und wichtig, ihn zu korrigieren. Die nachträglichen Korrekturen bedeuteten aber keine „Entwarnung“ für bedrohte Anwohner und linderten nicht deren Beschwerden.

Weiter heißt es in der Stellungnahme der Initiative:

Geografische Besonderheiten, Windrichtung und Wetterphänomene können den messbaren Schalldruck erheblich beeinflussen. Die Empfindlichkeit der Mikrobarometer der BGR ist keinesfalls höher als die Empfindlichkeit der Rezeptoren des Menschen, etwa im Gleichgewichtssystem. Die nachträglichen Korrekturen der BGR bedeuten deshalb keine „Entwarnung” für bedrohte Anwohner und lindern nicht deren Beschwerden. Soweit die Korrektur durch die BGR korrekt ist, bedeutet dies, dass die Beschwerden der Anwohner bei deutlich niedrigeren Schalldrucken auftreten, als bisher vermutet.

Auf die Absolutwerte des Schalldrucks kommt es nämlich nicht an, wenn es um das Gesundheitsrisiko durch die Emissionen von Windanlagen geht. Nicht die Höhe des Schalldrucks des Infraschalls begründet die Gesundheitsgefahr, sondern die raschen Änderungen (Pulse) des Schalldrucks, deren Frequenz von der Drehzahl der Anlagen abhängt. Diese Pulse liegen im Frequenzbereich zwischen ca. 0,5 und 8 Hz und werden von Fachleuten in aller Welt übereinstimmend gemessen. Sie verschwinden nach dem Abschalten der Anlage, zusammen mit den gesundheitlichen Beschwerden von Anwohnern (soweit diese noch reversibel sind). Diese Pulse sind bei den heutigen, sehr viel größeren Anlagen deutlich stärker als bei dem von der BGR seinerzeit untersuchten Windrad.

Es gibt deshalb keinen Grund, unsere Warnung vor Gesundheitsrisiken des Windenergieausbaus zu relativieren. Im Gegenteil: eine steigende Anzahl von Anwohnern klagt über erhebliche Beeinträchtigungen, die sehr wahrscheinlich durch den Infraschall der Anlagen ausgelöst werden und die sich nach dem Repowering solcher Anlagen wesentlich verstärken. Die erheblichen Gesundheitsprobleme zahlreicher Anwohner von Windanlagen wurden und werden durch einen Rechenfehler jedenfalls nicht gelindert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Kritik an Brandmauer: Erster Wirtschaftsverband offen für Gespräche mit AfD
26.11.2025

Die Brandmauer-Debatte hat die Wirtschaft erreicht: Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Postzentrum Frankfurt: Noch fließt die Paketflut aus China
26.11.2025

Briefe waren gestern, die Luftpost am Frankfurter Flughafen wird von kleinen Warensendungen aus Fernost dominiert. Doch das könnte sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Bankenregulierung: Neue Regelungen setzen Europas Institute unter Druck
26.11.2025

Die europäische Bankenaufsicht ringt derzeit mit der Frage, wie sich Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit neu austarieren lassen, ohne...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...