Die AfD führt in ihrem Programm zur Bundestagswahl aus: „Die AfD tritt für die Aufhebung der EU-Sanktionen und den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu Russland ein. Die Fertigstellung und Inbetriebnahme der Gasleitung Nord Stream 2 halten wir für unverzichtbar. Die Volksrepublik China gewinnt für Deutschland vor allem als Handelspartner an Bedeutung. Mit dem Projekt der ,Neuen Seidenstraße‘ hat China ein Jahrhundertvorhaben gestartet. Um hier mitgestalten zu können, setzt sich die AfD für eine offensive Beteiligung Deutschlands an dem Projekt ein. Die chinesische Seidenstraßen-Strategie von Ost nach West sollte Deutschland durch eine Initiative von West nach Ost ergänzen. Das gilt insbesondere für überregionale Infrastrukturprojekte. Die zunehmende Einflussnahme Chinas in der Welt ist eine Herausforderung. Eine Kooperation mit China darf nur unter Bedingungen der Gleichberechtigung und Fairness erfolgen. Das setzt insbesondere eine Angleichung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Handel und Investitionen voraus. Ein weiterer Ausverkauf deutscher bzw. europäischer Technologie muss verhindert werden.“
Tatsache ist: Der Streit um Nord Stream 2 beschleunigt die Fragmentierung der EU. Die Bundesregierung spielt dieses Spiel, das die USA geschickt angezettelt haben, unwissentlich mit. Eins steht fest: Um Gas oder wirtschaftliche Interessen geht es nur am Rande – vielmehr will Washington Europa schwächen (HIER). Polen hat Deutschland aufgefordert, den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 abzubrechen, durch die Russland Erdgas nach Europa liefern will (HIER).
In der Frage um die „Neue Seidenstraße“ vertritt die AfD einen ungewöhnlichen Standpunkt: Sie unterstützt das Projekt. Genau wie die aktuellen Befürworter der „Neuen Seidenstraße“ in Europa, nämlich Großbritannien und die Türkei. Im AfD-Wahlprogramm steht über Großbritannien geschrieben: „Großbritannien wird auch nach dem Brexit wirtschaftlich eng mit Europa verflochten bleiben. Die AfD befürwortet daher die Pflege enger Beziehungen zum Vereinigten Königreich.“ Das macht deshalb Sinn, weil Deutschland ja laut der AfD an der „Neuen Seidenstraße“ teilnehmen soll - genau wie auch Großbritannien das vorhat.
Engere Beziehungen zur Türkei strebt die Partei allerdings nicht an. Im Programm heißt es: „Die Beziehungen zur Türkei sind schwierig und müssen neu gestaltet werden. Die Türkei gehört kulturell nicht zu Europa. Ihre zunehmende Islamisierung gibt Anlass zur Sorge und zeigt, dass die Türkei sich noch weiter von Europa und der westlichen Wertegemeinschaft entfernt hat. Die AfD lehnt den Beitritt der Türkei zur EU daher ab und fordert das sofortige Ende aller Beitrittsverhandlungen.“
Diese Ausführungen machen aus Sicht der AfD insofern Sinn, als dass die EU erst durch den Beitritt der Türkei, die über einen enormen militärischen und diplomatischen Einfluss in energiepolitisch wichtigen Regionen verfügt, zu einer echten Bedrohung für die restlichen Weltmächte werden könnte. Doch die AfD ist gegen eine starke EU. Eine echte Feindseligkeit gegenüber der Türkei ist nicht aus dem Parteiprogramm herauszulesen. Stattdessen plädiert die AfD für eine „Neugestaltung“ der Beziehungen, was sich wiederum am Projekt zur „Neuen Seidenstraße“ orientieren würde.
Dieser Artikel ist der erste Teil einer Serie, die sich mit besonders interessanten Aspekten der jeweiligen Programme befassen, mit denen die einzelnen Parteien in den Bundestagswahlkampf ziehen.