In den ersten vier Monaten dieses Jahres lief der Neuwagenverkauf in Deutschland schlecht. Pandemie, Halbleiter-Engpässe und Lockdowns ließen den deutschen Pkw-Markt von Januar bis April um 31 Prozent einbrechen. Der große Schwachpunkt war der private Autokauf. Nur ein Drittel (32,4%) aller neuen Pkw wurden in den ersten vier Monaten auf Privatkunden zugelassen, deutlich weniger als in den Jahren zuvor.
Das soll wieder aufgeholt werden. Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Die Deutschen haben so viel Geld auf ihren Sparbüchern wie noch nie. 331 Milliarden Euro haben die privaten Haushalte in der Bundesrepublik im Jahr 2020 gespart. So viel wie noch nie, wie Abbildung Nr. 2 zeigt, in konkreten Zahlen: 110 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr. Würden die zusätzlichen Ersparnisse vollständig für Neuwagenkäufe eingesetzt, entspräche das bei einem Neuwagen-Durchschnittspreis von 38.000 Euro mehr als zusätzliche 2,9 Millionen Pkw. Dazu wird es natürlich nicht kommen, aber es zeigt das Potential. Ebenso wie das Alter der Durchschnitts-Pkw auf Deutschlands Straßen: 9,8 Jahre. Die Autobauer brauchen „eine Karotte“, um die Neuwagenkäufer stärker zu „umgarnen“.
CAR-Auto-Index mit 130 Punkten deutlich höher als 2020
Der neue CAR-Index (Abbildung Nr. 1) zeigt, dass die Autobauer und Händler wieder stärker um die Neuwagenkäufer werben. Im Mai stieg die Kundenattraktivität – gemessen am CAR-Index im Vergleich zum Vorjahr - auf den Wert 130. Das liegt nur knapp unter dem Wert des Jahres 2019, aber deutlich über dem Mai-Wert im Corona-Jahr 2020. Im Jahr 2019 wurden stolze 3,6 Millionen Neuwagen in Deutschland verkauft. Das war der beste Pkw-Markt in Deutschland seit 2009. Damals wurden 3,8 Millionen Neuwagen zugelassen.
Die Details beim Indikator zur Kundenattraktivität zeigt Abbildung 3. Die Anzahl der Auto-Abo-Angebote ist leicht gestiegen und hat den neuen Höchstwert 417 erreicht. 10,3% oder 43 Modelle bei den Neuwagen-Auto-Abos waren vollelektrische Pkw. Die Prozentzahl entspricht dem Marktanteil, den die vollelektrischen Pkw bei den Neuwagen-Zulassungen haben.
Elektroautos bei Auto-Abos gut abgebildet
Selbst der neue Mercedes EQA, das Tesla Model 3, der Polestar 2 und der VW ID3 waren als Abo-Modelle im Angebot. Vom Angebotsspektrum werden Auto-Abos immer breiter, und immer mehr Autobauer, wie seit Mai auch Audi, sind bei den Abos mit eigenen Systemen vertreten. Das preisgünstigste Auto-Abo-Angebot für Elektroautos war im Mai der Fiat 500 e Icon mit einer Monatsrate von 289 Euro mit einem (bereinigten) CAR-Abo-Faktor von 1,4%. Bereinigt bedeutet, dass die Auto-Abo-Angebote immer auf 15.000 Kilometer Jahreslaufleistung normiert werden und so transparent für den Kunden sind. Die Definition zum bereinigten CAR-Abo-Faktor findet sich im Anhang. Interessant bei den Auto-Abo-Angeboten für Elektroautos sind die Wartezeiten, also deutlich kürzer als beim normalen Neuwagenkauf.
Auch im Mai waren Auto-Abos insgesamt, gemessen am CAR-Abo-Faktor, attraktiv. Zwar stieg der CAR-Abo-Faktor bei den 30 top Angeboten leicht auf 1,5% an, für die Monatsrate inklusive aller Kosten außer Treibstoff mussten 0,1% vom Angebotspreis des Neuwagens mehr bezahlt werden, aber CAR-Abo-Faktoren um den Wert 1,5% stellen den jüngeren Käufer besser im Vergleich zum klassischen Neuwagenkauf bei Berücksichtigung der monatlichen Kosten. Mit dem relativ neuen Angebot der Auto-Abos werden Neuwagen in der Gesamtkosten-Betrachtung erschwinglicher. Abbildung 4b zeigt – gemessen am CAR-ABO Faktor - die 15 interessantesten Auto-Abo-Angebote des Monats Mai.
Leicht höhere Rabatte bei Internetvermittlern im Mai
Leicht höhere Rabatte bei den Internetvermittlern wurden im Mai für die 30 meistverkauften Neuwagen gewährt. Abbildung Nr. 5 zeigt die Details. Insbesondere die Marken des VW-Konzerns (Audi, Seat, Skoda, VW) haben im Mai leicht höhere Kundenrabatte eingeräumt. Eingeschränkt dagegen wurden die Rabatte beim Fiat 500. Dies ist auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der Eigenzulassungen im Stellantis-Konzern (Opel, Peugeot, Citroen, Fiat, Chrysler) von Interesse.
Unter Stellantis gibt es bei Fiat deutlich weniger Eigenzulassungen
Die geringeren Rabatte beim Fiat 500 bei den Internetvermittlern spiegeln sich sehr deutlich bei Fiat, aber auch bei Jeep in den Eigenzulassungen. Traditionell lagen Fiat und Jeep seit fast ewigen Zeiten bei hohen beziehungsweisen sehr hohen Eigenzulassungsquoten von zum Teil über 50%. Die Fiat-Händler waren gewohnt, ein Großteil ihrer Neuwagen als Eigenzulassungen mit hohen Nachlässen zu vermarkten. Ähnliches galt auch für Jeep. Abbildung Nr. 6 zeigt, dass unter Stellantis die Fiat-Eigenzulassungen im deutschen Automarkt auf eine Art historisches Tief gesunken sind. Lediglich 22% der Pkw-Neuwagenzulassungen der Marke Fiat waren im April Eigenzulassungen.
Was für Fiat gilt, spiegelt sich auch bei Citroen, Peugeot und Opel. Die „alte“ Art, Neuwagen mit dem teuren Instrument der Eigenzulassung in den Markt zu schieben, ist bei Stellantis deutlich weniger erkennbar. Nach unserer Einschätzung scheint Stellantis eine Konzernstrategie zu fahren, die sich deutlich von der Vergangenheit der einzelnen Marken unterscheidet. Ramschpreise stehen nach diesen Daten bei Stellantis nicht auf der Agenda. Das heißt allerdings nicht, dass man auf das „Umgarnen“ der Käufer mit attraktiven Konditionen verzichtet. So bieten die Konzernmarken, wie die Übersichten der Abbildungen 4a und 4b zeigen, durchaus deutlich subventionierte Auto-Abos. Ähnliches gilt für den neuen Fiat 500e Icon, also die vollelektrische Version, die beim Kauf via Internetvermittler und Anrechnung der stattlichen Innovationsprämie mit 37% Rabatt im Angebot ist.
Im Gegensatz zur Stellantis-Gruppe entscheidet sich die hoch defizitäre Allianz von Renault und Nissan für hohe Eigenzulassungsquoten. Bei beiden scheint der Druck so hoch, dass auf die „alte“ Art mit teuren Eigenzulassungen versucht wird, den Anschluss nicht zu verpassen.
Fazit: Das Umgarnen wird subtiler
Der CAR-Auto-Report des Monats Mai zeigt, dass die Autobauer wieder stärker die Neuwagenkäufer umgarnen. Das war bereits in den Vormonaten schon erkennbar. Neu ist die Verschiebung auf Verkaufsförderungsaktionen, die durchaus Kundenvorteile im Blick haben, aber eben subtiler daherkommen als die plumpe alte Art des „Schweinebauch-Marketing“. In den Folgemonaten rechnen wir mit weiteren Verbesserungen in der Kundenattraktivität. Die Autobauer haben viel aufzuholen, die Sparkonten der Deutschen sind prall gefüllt, und das Auto-Abo erlaubt ohne lange Bindung den Neuwagen schnell vor der Garage stehen zu haben. Also gute Zeiten für die Verbraucher.
ANHANG
Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist Direktor des "CAR-Center Automotive Research", Duisburg. Alfred Paul verantwortet die Analysen und Datenerhebungen zum Car-Auto-Report. www.car-future.com/de/das-institut/