Politik

Sieben mögliche Ursachen für die nächste globale Finanzkrise

Die nächste globale Finanzkrise steht unter den aktuellen Bedingungen vor der Tür. Unklar ist nur, welche Szenarien die Krise verursachen werden. Doch renommierte Wissenschaftler und Finanzexperten machen sich bereits ernsthafte Gedanken und Sorgen.
14.09.2021 17:21
Aktualisiert: 14.09.2021 17:21
Lesezeit: 3 min

Der Finanzhistoriker Charles Kindleberger hat in den 1970er Jahren darauf hingewiesen, dass die Geschichte über mehrere Jahrhunderte hinweg gezeigt hat, dass es etwa alle zehn Jahre eine Finanzkrise gab. Diese Feststellung hat ihre Gültigkeit offenbar nicht verloren. Denn tatsächlich fanden in den 1980er, 1990er, 2000er, 2010er Jahren und noch einmal im Jahr 2020 aus Finanzkrisen aus, so Alex J. Pollock in einem Beitrag des Magazins „Law & Liberty“. Pollock geht auf sieben Szenarien ein, die die nächste globale Finanzkrise auslösen könnten:

Krisen, die niemand kommen sieht

Über die globale Finanzkrise von 2007-09 bemerkte ein ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Federal Reserve offen: „Wir haben es nicht nur nicht kommen sehen“, sondern „hatten Schwierigkeiten zu verstehen, was passierte“. In ähnlicher Weise „haben Zentralbanken und Aufsichtsbehörden die Pleite nicht erwartet, ebenso wie sie ihr potenzielles Ausmaß nicht vorhergesehen haben“, bemerkte ein anderer führender Zentralbankexperte. Die nächste Finanzkrise könnte ähnliche Konturen aufweisen.

Finanzkrisen, die durch Hacker ausgelöst werden

Es ist zu beobachten, dass sogar die sichersten Systeme anfällig sind für Hacker-Attacken. Ein derartiges Ereignis im Zusammenhang mit dem Finanzsystem würde Panik und Chaos auslösen. Bei diesem Szenario geht es den Verursachern nicht darum, Geld zu erpressen, sondern um Zerstörung zu bewirken. Ein 9/11 des Finanzsystems ist nicht ausgeschlossen.

Die Zentralbanken begehen immer gemeinsame Fehler

Wir wissen, dass die großen Zentralbanken als enger internationaler Club agieren. Ihre Entscheidungen sind mit großer Unsicherheit behaftet, und infolgedessen zeigen sie ein erhebliches kognitives und verhaltensbezogenes Herdenverhalten. Es ist denkbar, dass die Zentralbanken durch ihre Geldpolitik eine massive Preisinflation auslösen. Dann müssen letztendlich die Zinsen steigen und die Vermögenspreise fallen. Dies würde in einem Umfeld von überzogenen Vermögenspreisen und hoher Verschuldung geschehen. Wenn die Vermögenspreise fallen, wird die spekulative Hebelwirkung bestraft. „Jede große Krise offenbart die exzessiven Spekulationen vieler Häuser, die vorher niemand geahnt hat“, sagte Walter Bagehot. Die „Alles-Blase“ („Everything-Bubble“) unserer Zeit würde dann implodieren und die Krise hätte uns erreicht. Riesige Rettungsaktionen der Regierung würden folgen.

Eine erneute Immobilien-Krise

Die Immobilienpreise steigen in den USA mit einer nicht nachhaltigen Rate von mehr als 18 Prozent pro Jahr, doch dies ist auch ein globales Problem. Viele Länder, umgerechnet etwa 20, sind mit einer extremen Immobilienpreisinflation konfrontiert. Ein Finanzkommentator meint: „Dies ist jetzt eine globale Immobilienblase von epischen Ausmaßen, die noch nie zuvor von Mensch oder Tier gesehen wurde, und sie hat mehr Zentralbanken als nur die Fed gefangen.“ Als Auslöser von Immobilien-Krisen gelten im Regelfall überteuerte, fremdfinanzierte Immobilien.

Ein Blackout im Strom-System

Mehrere internationale Organisationen haben davor gewarnt, dass ein Blackout im Stromnetz die betroffenen Länder wirtschaftlich und gesellschaftlich lähmen würde. Dieses Szenario ist nicht abwegig. Doch Blackouts können nicht nur durch Cyber-Attacken oder Systemfehler, sondern auch durch Sonnenstürme ausgelöst werden. Im Jahr 1989 kam es in der Folge derartigen Sonnensturms in der kanadischen Provinz Québec zu einem Blackout. Etwa sechs Millionen Menschen waren betroffen. Physikalisch gesehen ist das Finanzsystem, einschließlich natürlich aller Formen des elektronischen Zahlungsverkehrs, ein elektronisches System, das vollständig von der Stromversorgung abhängig ist. Wenn dieses Szenario eintreten sollte, würde es sich anbieten, Bargeld, Goldmünzen und Silbermünzen zu besitzen. Denn die Bankkonten und auch das Kryptowährungs-System würden zum Erliegen kommen.

Eine neue Pandemie

Nationale und internationale Politiker weisen seit Beginn der Pandemie darauf hin, dass die Corona-Pandemie nicht die letzte Pandemie sein werde. Professor Adam Tooze sagte im Zusammenhang mit Corona: „Eine Sache, mit der wir uns im Jahr 2020 abfinden müssen, ist, dass dies kein schwarzer Schwan war [eine unbekannte Möglichkeit]. Diese Art von Pandemie wurde weithin und eindringlich und wiederholt vorhergesagt.“ Was nicht vorhergesagt wurde, war die politische Reaktion und die Finanzpanik. Wenn in Zukunft eine tödlicher Pandemie ausbrechen sollte, würde dies zum Kollaps des internationalen Finanzsystems führen.

Ein großer Krieg

Graham Allison von der Harvard University wörtlich: „Ein katastrophaler Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und China in den kommenden Jahrzehnten ist nicht nur möglich, sondern viel wahrscheinlicher, als die meisten von uns bereit sind zuzugeben.“ Ein besonderer Spannungspunkt ist der chinesische Souveränitätsanspruch über Taiwan. Könnte eine chinesische Entscheidung, Taiwans Freiheit gewaltsam zu beenden, der deutschen Invasion in Belgien im Jahr 1914 entsprechen? Das Südchinesische Meer stellt einen weiteren Brennpunkt dar. Zudem ist Washington unzufrieden mit den engen chinesisch-iranischen Beziehungen. Mit Afghanistan wurde ein neuer Krisenherd aufgebrochen, der zu Spannungen zwischen China und dem Westen führen könnte.

Pollock meint: „Wäre jemand verrückt genug, um einen Krieg zwischen China und den USA zu beginnen? Das hoffen wir alle sicherlich nicht, aber wir sollten uns daran erinnern, dass ein solcher Krieg bereits stattgefunden hat: Der Großteil des Koreakrieges bestand aus Schlachten zwischen der chinesischen und amerikanischen Armee. In seiner Geschichte des Koreakrieges schrieb David Halberstam: ,Die Chinesen betrachteten Korea als großen Erfolg‘ und dass Mao ,die inneren Vorteile des Kriegszustands seiner Grafschaft mit den Amerikanern klug erkannt hatte‘. Wenn es noch einmal passieren würde, wäre es natürlich eine schreckliche Krise mit vielleicht einer globalen Finanzpanik.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Russischer Angriff auf Kiew überschattet G7-Gipfel – mindestens 14 Tote
17.06.2025

Russische Raketen treffen Kiew während des G7-Gipfels. Mindestens 14 Menschen sterben – Selenskyj warnt vor Moskaus Strategie, zivile...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teilzeit boomt: Deutschland zählt zu den EU-Spitzenreitern
17.06.2025

Beschäftigte in Deutschland liegen in Sachen Teilzeit mit an der Spitze in der EU. 2024 arbeiteten hierzulande 29 Prozent der...

DWN
Panorama
Panorama Großes Bangen in Regensburg: CSD unter Bedrohungslage neu geplant
17.06.2025

Die Zahl queerfeindlicher Angriffe in Deutschland steigt. Nun ist auch der Christopher Street Day (CSD) in Regensburg von einer...

DWN
Politik
Politik Trump verlässt G7 vorzeitig: Drohende Nahost-Eskalation im Fokus
17.06.2025

Mit einem überraschenden Abgang beim G7-Gipfel wirbelt Trump das hochrangige Treffen durcheinander. Kurz nach der Abreise hinterlässt er...

DWN
Politik
Politik US-Anspruch auf Grönland: Der stille Bruch im westlichen Bündnis
17.06.2025

Die USA werfen Dänemark vor, ein schlechter Verbündeter zu sein – weil es Grönland nicht energisch genug verteidigt. Doch hinter der...

DWN
Politik
Politik Putins Ökonom mit Wall-Street-Vergangenheit: Die stille Macht des Kirill Dmitriev
17.06.2025

Vom Harvard-Absolventen zum Architekten von Putins Kriegsökonomie: Kirill Dmitriev spielt eine zentrale Rolle in Moskaus Konfrontation mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rüstungsboom und Inflation: Gefahr für die Wirtschaft oder unterschätzte Chance?
17.06.2025

Zentralbanken fürchten neue Inflationsrisiken durch Verteidigungsausgaben. Doch Produktivitätsschübe könnten den Preisdruck dämpfen...

DWN
Politik
Politik IfW-Analyse: Europa verstärkt Ukraine-Hilfe deutlich
16.06.2025

Die europäische Ukraine-Hilfe hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen – doch nicht überall im gleichen Maß. Während die USA...