Wirtschaft

Warnung aus Washington: Spannungen zwischen Öl-Staaten und ihren Kunden nehmen zu

Der seit Längerem schwelende Streit zwischen den im Opec+-Format vereinten Öl-Staaten und ihren Kunden gewinnt an Schärfe.
09.11.2021 16:47
Lesezeit: 2 min

Seit geraumer Zeit drängen große Abnehmerländer die im Opec+-Format versammelten Öl-Staaten, ihre Förderung auszuweiten und dadurch die Weltmarktpreise für Rohöl zu drücken. Diese kamen den Wünschen ihrer Kunden zwar in gewissem Umfang nach, einer weitergehenden Ausweitung der Förderkapazitäten wurde aber eine klare Absage erteilt. Der Konflikt scheint sich nun aufzuschaukeln.

Insbesondere die US-Regierung hatte in den vergangenen Monaten mehrfach Druck auf das Opec+-Kartell ausgeübt. Anfang April schickte US-Präsident Joe Biden seine Energieministerin Jennifer Granholm zu Gesprächen mit dem saudi-arabischen Energieminister Abdulaziz bin Salman al-Saud, um für eine Förderausweitung zu werben. Das Treffen fand nur wenige Stunden vor einer Konferenz des Opec+-Kartells statt, zu dem neben den Opec-Mitgliedsstaaten auch Russland gezählt wird.

In den folgenden Monaten rief Biden noch mehrmals dazu auf, dem Anstieg der Ölpreise entgegenzuwirken - ohne Erfolg. Die Notierungen für Rohöl liegen derzeit solide über der Marke von 80 US-Dollar je Barrel (Faß zu 159 Litern) und damit so hoch wie zuletzt im Jahr 2014. Biden scheint insbesondere der Anstieg der Preise für Benzin und Treibstoff ein Dorn im Auge zu sein, weil dieser als politisch aufgeladen gilt und die Zufriedenheit des Wahlvolkes direkt negativ beeinflusst.

Implizite Drohungen

Wie die Financial Times berichtet, verstärkt das Weiße Haus nun den Druck auf die Öl-Staaten. Das Kartell gefährde den Aufschwung in der Weltwirtschaft durch sein Zögern, die USA seien deshalb bereit, „alle Werkzeuge in ihrem Arsenal“ zu nutzen, um auf ein Sinken der Ölpreise hinzuwirken. Granholm zufolge zählt dazu die Option, Rohöl aus der Strategischen Reserve der USA freizugeben. Die Aussage impliziert jedoch auch darüber hinausgehende, offensivere, Methoden.

Zuvor hatte die US-Regierung erneut eine Ausweitung der Förderung gefordert, ein Anliegen, das von den Produzenten mit Verweis auf einen bereits existierenden Plan für schrittweise Erhöhungen abgelehnt wurde. Diesem Plan zufolge soll die Förderungmenge bis Ende 2022 jeden Monat um zusätzlich 400.000 Barrel erhöht werden.

Washington scheint dieser Vereinbarung nicht viel abgewinnen zu können. „Opec+ scheint nicht bereit zu sein, die Kapazität und Macht, über die es verfügt, an diesem kritischen Moment in der weltweiten Wirtschaftserholung für Länder auf der ganzen Welt nutzen zu wollen“, zitiert die FT einen Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates. „Wir denken, dass der globale Aufschwung nicht durch ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage beschädigt werden darf.“

Opec+ wehrt sich

Saudi-Arabien, das wichtigste Opec-Mitglied und im Verbund mit Russland so etwas wie die inoffizielle Führungsgruppe der Opec+, verteidigt die getroffenen Entscheidungen. Mit dem schrittweisen Stufenplan unterstreiche man seine Rolle als „verantwortungsvoller Regulierer.“ „Was wir in den zurückliegenden Monaten immer und immer wieder gesehen haben ist, dass die Märkte reguliert werden müssen, damit die Entwicklung nicht aus dem Ruder läuft“, sagte Energieminister Abdulaziz bin Salman. Öffentliche Unterstützung erfuhr Abdulaziz bin Salman unter anderem von den Energieministern Mexikos und der Vereinigten Arabischen Emirate.

In einer Stellungnahme schrieb die Opec+, dass man „zu einem Zeitpunkt Klarheit auf dem Markt schaffen wolle, an dem andere Teilbereiche des Energiekomplexes außerhalb des Ölgeschäfts unter extremen Schwankungen und Instabilitäten litten.“ Mit dem Verweis auf die „anderen Teile des Energiekomplexes“ bezieht sich das Kartell auf die extremen Preissprünge und Lieferengpässe bei Erdgas und Kohle.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Arbeitsplatz 2030: Wie KI Bürojobs neu definiert
09.12.2025

Roboter übernehmen nicht mehr nur Fließbänder, sondern auch Schreibtische. Die künstliche Intelligenz dringt tief in den Büroalltag...

DWN
Finanzen
Finanzen Halbleiter-Aktien: Wie die ASML-Aktie zur europäischen Macht im Chipsektor wird
08.12.2025

Die US-Großbank Bank of America setzt in Europa auf einen Chipkonzern, der in einem neuen Wachstumszyklus steckt und die Branche unter...

DWN
Politik
Politik EU-Staaten beschließen schärfere Migrationspolitik
08.12.2025

Die EU zieht die Zügel in der Migrationspolitik an: Abschiebungen sollen leichter, Verteilung verpflichtender werden. Doch neue Regeln zu...

DWN
Politik
Politik Russland tobt nach Interview mit ehemaligen NATO-General Rob Bauer
08.12.2025

Ein explosiver Schlagabtausch zwischen Russland und einem früheren NATO-Spitzenoffizier schürt neue Ängste vor einer Eskalation. Moskau...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission: Vorschläge zum Verbrenner-Aus nächste Woche
08.12.2025

Die EU-Kommission legt am 16.12. neue Vorschläge zum Verbrenner-Aus vor. Nach wachsender Kritik aus Industrie, Politik und Bevölkerung...

DWN
Finanzen
Finanzen Confluent-Aktie auf Höhenflug: IBM will Dateninfrastruktur-Spezialisten Confluent kaufen
08.12.2025

Ein Mega-Deal rückt die Confluent-Aktie schlagartig ins Rampenlicht: IBM bietet Milliarden für den Datenstreaming-Spezialisten Confluent....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VDA rechnet 2026 mit rund 693.000 neuen E-Autos
08.12.2025

Deutschlands Autokäufer stehen vor einem elektrischen Wendepunkt: Verbände prognostizieren deutliche Zuwächse bei Elektroautos und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtwechsel im Arbeitsmarkt 2025: Arbeitgeber geben wieder den Ton an
08.12.2025

Der Wind am Arbeitsmarkt 2025 dreht sich offenbar: Nach Jahren der Bewerbermacht gewinnen Unternehmen wieder Spielraum. Jan-Niklas Hustedt,...