Finanzen

Zentralbanken kaufen wieder Gold, erwarten Änderungen im Geldsystem

Lesezeit: 3 min
17.11.2021 10:00
Im 3. Quartal haben die Zentralbanken netto 69 Tonnen Gold zu ihren Reserven hinzugefügt. Sie erwarten strukturelle Veränderungen im globalen Währungssystem.
Zentralbanken kaufen wieder Gold, erwarten Änderungen im Geldsystem
Die Zentralbanken kaufen wieder erhebliche Mengen Gold. (Foto: dpa)
Foto: Arne Dedert

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Zentralbanken im dritten Quartal netto 69 Tonnen Gold gekauft, so Daten des Branchenverbands World Gold Council. Diese erheblichen Goldkäufe stehen im Gegensatz zum letzten Jahr, als die Zentralbanken im dritten Quartal netto 10 Tonnen ihrer Goldreserven verkauften. Im Verlauf der ersten drei Quartale des laufenden Jahres haben die Zentralbanken bereits netto 393 Tonnen Gold gekauft.

Die Nettokäufe der Zentralbanken in den ersten neun Monaten haben die Käufe des Gesamtjahres 2020 in Höhe von 255 Tonnen längst übertroffen. Sollten die Goldkäufe im vierten Quartal stark bleiben, werden die Goldkäufe der Zentralbanken dieses Jahres etwa doppelt so stark sein wie im letzten Jahr. Der World Gold Council sagt, dass die Nettogoldkäufe "im Jahr 2021 eine beträchtliche Summe erreichen werden".

Im dritten Quartal kauften die Zentralbanken brutto insgesamt 96 Tonnen Gold. Die Bruttoverkäufe beliefen sich entsprechend auf 27 Tonnen. Die Goldkäufe der Zentralbanken im dritten Quartal niedriger als im zweiten Quartal, da keine so großen Käufe getätigt wurden wie in der ersten Jahreshälfte.

So hatte Thailand seine Goldreserven im 2. Quartal um 90,2 Tonnen erhöht und Brasilien hatte 53,75 Tonnen Gold gekauft. Die indische Notenbank war im dritten Quartal der größte Goldkäufer, als sie ihre Reserven um 41 Tonnen erhöhte. Indiens Notenbank verfügt nun über 745 Tonnen Gold und ist auf dem besten Weg, den größten jährlichen Anstieg seiner Goldbestände seit dem Jahr 2009 zu verzeichnen.

Schon zuvor verfügte Indien über riesige Mengen Gold und ist besser als jedes andere Land der Welt auf einen neuen globalen Goldstandard vorbereitet. Denn wenn man das Gold der Notenbank und den privaten Goldbesitz der Bürger zusammennimmt, dann hat Indien im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft mit Abstand mehr Gold als alle anderen Staaten der Welt.

Die brasilianische Zentralbank hat ihre Reserven im dritten Quartal um weitere 9 Tonnen Gold aufgestockt. Sie hat ihren Bestand in diesem Jahr bereits um 92 Prozent erhöht und hält nun 130 Tonnen Gold. Weitere große Käufer im dritten Quartal waren Usbekistan (26 Tonnen), Kasachstan (7 Tonnen) und Russland (6 Tonnen).

Nach Angaben des World Gold Council handelt es sich bei den Goldkäufen Russlands wahrscheinlich um eine Umschichtung seiner Reserven, nachdem sie zu Beginn des Jahres im großen Umfang Goldmünzen verkauft hatte. Die Philippinen und die Mongolei stockten ihre Goldbestände um jeweils knapp 1 Tonne auf.

Die Türkei war im dritten Quartal mit 13 Tonnen der größte Goldverkäufer. Dieser umfangreiche Verkauf im September überwog die geringen monatlichen Käufe im Juli und August. Katar war der andere auffällige Verkäufer im dritten Quartal. Das Emirat an der Ostküste der arabischen Halbinsel trennte sich von 3 Tonnen Gold.

Der World Gold Council weist darauf hin, dass die Zentralbanken - trotz der nachlassenden Käufe im dritten Quartal - Gold weiterhin positiv bewerten. So hat der polnische Zentralbankgouverneur Adam Glapinski Anfang Oktober Pläne angekündigt, wonach das Land bis zum Jahr 2022 weitere 100 Tonnen Gold kaufen wird.

Laut der Umfrage des World Gold Council zu den Goldreserven der Zentralbanken nimmt das Vertrauen in den US-Dollar ab und der Trend zur Abkehr vom Dollar hält an. "Daher gehen wir davon aus, dass die Nettokäufe im vierten Quartal zu Gesamtjahreskäufen führen werden, die in etwa dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (458 Tonnen) entsprechen."

Die Notenbanken gehen weiterhin von langfristigen strukturellen Veränderungen im internationalen Währungssystem aus und setzen damit einen Trend fort, der sich bereits in der letztjährigen Umfrage des World Gold Council abgezeichnet hat. Die Hälfte der Befragten sagt, dass der Dollar unter seinen derzeitigen Wert fallen wird. Zugleich sagen 88 Prozent der Befragten sagen, dass der Anteil des chinesischen Renminbi zunehmen wird.

Nach den historischen Rekordjahren 2018 und 2019, als die Zentralbanken netto 656,2 Tonnen beziehungsweise 650,3 Tonnen Gold kauften (so viel wie seit dem Ende von Bretton Woods nicht mehr), verlangsamten sich ihre Nettokäufe deutlich auf 273 Tonnen. Dennoch war 2020 das elfte Jahr in Folge mit einem Nettozuwachs der Goldreserven der Zentralbanken. Dieses Jahr wird das zwölfte Jahr sein.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...