Politik

Neuer Lockdown und Impfpflicht für alle in Österreich - und bald auch in Deutschland?

Österreich wird ab Montag einen landesweiten Lockdown für alle verhängen. Zudem kommt ab Februar eine generelle Impfpflicht. Diese fordert auch Bayerns Ministerpräsident Söder.
19.11.2021 09:41
Aktualisiert: 19.11.2021 09:41
Lesezeit: 3 min

In Österreich wird wegen der massiv steigenden Corona-Neuansteckungen das öffentliche Leben wieder komplett herunter fahren. Ab Montag werde für maximal 20 Tage ein Lockdown für das ganze Land verhängt, sagte Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag nach einem Treffen mit den Landeshauptleuten. Zudem soll es ab 1. Februar 2022 eine allgemeine Impfpflicht geben, um die Impfquote von derzeit rund 66 Prozent zu erhöhen.

"Trotz monatelanger Überzeugungsarbeit ist es uns nicht gelungen, genug Menschen zu überzeugen, sich impfen zu lassen", sagte Schallenberg. Durch die bisherigen Einschränkungen für Ungeimpfte habe die Impfbereitschaft nicht ausreichend erhöht werden können. "Die Impfquote nachhaltig zu erhöhen ist aber der einzige Weg, um aus diesem Teufelskreis von Viruswellen und Lockdown-Diskussionen endgültig rauszukommen." Die Regierung habe sich daher mit den Länderchefs zu diesen schwierigen Beschluss durchgerungen. "Wir wollen keine fünfte Welle, wir wollen diese Diskussion nicht mehr führen", sagte Schallenberg.

Für Österreich ist das der vierte Lockdown seit dem Ausbruch der Pandemie. Ab Montag bleiben Gastronomie, die Kultur- und Veranstaltungsbranche sowie der Handel - außer Geschäfte des täglichen Bedarfs - geschlossen. Die Schulen und Kindergärten sollen für absolut notwendige Betreuungszwecke offen bleiben. Nach zehn Tagen soll die Lage evaluiert werden und spätestens ab dem 13. Dezember die Einschränkungen für Geimpfte und Genesene vorbei sein, sagte Schallenberg.

Die konservativ-grüne Bundesregierung steht unter wachsenden Druck, da Experten aus dem Gesundheitsbereich seit längerem auf schärfere Maßnahmen pochen, um eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern. Schallenberg sprach sich bislang vehement gegen Einschränkungen für Geimpfte aus. Seit Montag gilt bereits ein Lockdown für Ungeimpfte und eine Woche davor wurde eine 2G-Pflicht für viele Bereiche des öffentlichen Lebens beschlossen. Die Neuinfektionen kletterten dennoch von einem Rekordwert zu nächsten und erreichten am Vortag erstmals über 15.000 Fälle. Das ist der höchste Wert seit dem Ausbruch der Pandemie. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei knapp 991 pro 100.000 Einwohner.

Söder will allgemeine Impfpflicht

Bayern verhängt in der vierten Welle der Coronavirus-Pandemie ab nächster Woche einen Lockdown für Ungeimpfte und in Hotspots sogar für alle Bürger. "Wir müssen handeln", sagte Ministerpräsident Markus Söder am Freitag in München unter Verweis auf die hohen Infektionen im Freistaat, wo die Impfquote deutlich niedriger als in anderen Bundesländern ist. Es werde wieder Kontaktbeschränkungen geben - "ein De-facto-Lockdown für Ungeimpfte im ganzen Land". Maximal fünf Ungeimpfte aus zwei Haushalten dürften sich dann noch treffen. Besonders gefährdete Bereiche würden wieder dichtgemacht - darunter Bars, Clubs und Diskotheken. Auch Weihnachtsmärkte seien davon betroffen, würden dafür aber Wirtschaftshilfen bekommen.

Bayern begründete die Maßnahmen, die zunächst bis Mitte Dezember gelten sollen, mit dem drohenden Kollaps des Gesundheitssystems. Die 2G- und 2G-Plus-Regeln, die Ungeimpfte bereits ausschließen, sollen nochmal verschärft werden. In der Gastronomie sei eine Sperrstunde von 22 Uhr geplant, im Handel dürfe es nur einen Kunden pro zehn Quadratmeter geben. Dafür werde die epidemische Notlage festgestellt.

In Hotspots mit einer Inzidenz von mindestens 1000 - derzeit sind das acht Landkreise in Bayern - sollen für drei Wochen noch umfangreichere Beschränkungen für alle Bürger gelten. "Hier reichen die vorhandenen Maßnahmen nicht aus. Hier braucht es eine harte Notbremse", sagte Söder. Das bedeute Schließungen für Hotels, Gastronomie, Frisöre, Kultur- und Sportveranstaltungen. Er forderte alle Bürger erneut auf, sich impfen zu lassen. In Bayern liege die Inzidenz bei Ungeimpften bei 1500, bei Geimpften bei 110. 90 Prozent der Intensivbetten seien von Ungeimpften belegt. Die Lage sei erdrückend und spitze sich noch zu.

"Ich glaube, dass wir am Ende um eine allgemeine Impfpflicht nicht herumkommen werden", sagte Söder. Dies könne eine langfristige Lösung sein. Die Lage werde sonst nicht besser. "Sonst wird das eine Endlosschleife mit diesem Mist-Corona."

Sachsen kündigt Lockdown an

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat angesichts dramatisch steigender Corona-Infektionen weitere harte Einschnitte in seinem Bundesland angekündigt. Bei einer Regierungserklärung im Landtag sprach er am Donnerstag von einem "harten und klaren Wellenbrecher" für zwei oder drei Wochen. Das Wort Lockdown vermied er. Details sollen am Freitag vom Kabinett beschlossen werden. Es gelte auch noch die Beschlussfassung im Bundestag und im Bundesrat abzuwarten, sagte der Regierungschef.

Kretschmer verwies auf den extrem hohen Wert der Wocheninzidenz in Sachsen, den das Robert Koch-Institut am Donnerstag mit 761,4 angab. Damit hat Sachsen bundesweit mit Abstand die höchste Infektionsrate vor Bayern (609,5) und Thüringen (565,0). Dies zeige einmal mehr, dass dringend gehandelt werden müsse, betonte Kretschmer. Die Seuche brauche vorausschauendes Handeln. Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz. Sachsen haben die niedrigste Impfquote, obwohl man immer wieder für das Impfen geworben habe. Es gebe nur einen Weg, die Seuche zu beenden - die Immunisierung.

Kretschmer verglich die Situation in Sachsen mit den Jahrhunderthochwassern. In der Pandemie seien die Dämme nun gebrochen. "Diese Welle bricht sich jetzt Bahn. Niemand hat die Kraft, in der jetzigen Situation, diese Dämme zu schließen. Das Wasser steigt." Bei Hochwasser beginne dann die Phase der Evakuierung. Man müsse dieses Land zur Ruhe bringen. Das könne man vor allem mit einer Kontaktreduzierung erreichen. Dafür sei ein gemeinsames Handeln und gesellschaftlichen Zusammenhalt notwendig. "Vom Ich zum Wir - das ist das Gebot der Stunde. Nur so schaffen wir es, die Pandemie zu bewältigen."

Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, schließt Maßnahmen über 2G-Plus hinaus inzwischen nicht mehr aus. In ihrem Bundesland sei bereits 2G vorgesehen, sagt die SPD-Politikerin im ZDF. Wenn das nicht reiche, gehe man auf 2G-Plus. Dann müssten sich auch Geimpfte und Genesene testen lassen. "Und wenn auch das nicht reicht, wie es bereits leider in Bundesländern ist wie Sachsen, dann muss es zusätzliche Einschränkungen geben." Mit Blick auf die Auslastung von Krankenhäusern sagt sie: "Ich mache mir große Sorgen." Sie erklärt: "Ungeimpfte haben die moralische Verantwortung, sich impfen zu lassen."

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