Zehntausende Menschen sind am Wochenende erneut in zahlreichen deutschen Städten auf die Straßen gegangen, um gegen Corona-Maßnahmen und einen Impfzwang zu protestieren. Die Demonstrationen verliefen überwiegend friedlich, vereinzelt kam es zu Zwischenfällen, häufiger zu Maskenpflicht-Verstößen. Die Polizei war vielerorts mit starken Kräften im Einsatz. In einigen Städten gab es Gegendemos und andere Aktionen, die sich gegen den Protest richteten.
Den wohl größten Protest am Wochenende gab es in Hamburg: Dort zogen am Samstag nach Angaben der Polizei mehr als 11 000 Menschen in mehreren Gruppen durch die Innenstadt. «Nein zur Impflicht!», hieß es auf selbstgebastelten Plakaten. Die Veranstalter sprachen von 15 000 Teilnehmern.
Nach Angaben der Polizei protestierten allein in Bayern am Wochenende mehr als 25 000 Menschen an verschiedenen Orten. Den größten Andrang gab es am Sonntag in Nürnberg. Hier kamen nach Angaben der Polizei mehr als 2000 Menschen zu Gegenprotesten zusammen. Rund 2500 Menschen zählte die Polizei zudem bei einer AfD-Kundgebung in der Nürnberger Innenstadt, bei der auch die beiden Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Alice Weidel und Tino Chrupalla, auftraten. Beide sprachen sich gegen eine Impfpflicht aus. «Niemand darf gegen seien Willen zu einer medizinischen Behandlung gezwungen werden», betonte Weidel. Nicht einmal einen Kilometer entfernt erinnerte zeitgleich eine «Menschenkette für Menschenrechte» an die Corona-Toten. «Wir stehen gemeinsam auf gegen Hetze, Desinformation und Verschwörungstheorien», schrieb Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) dazu auf Twitter.
Auch in mehreren Orten in Baden-Württemberg wurde wieder demonstriert. In Reutlingen gingen trotz Versammlungsverbots wieder viele Menschen auf die Straße - und gerieten erneut mit der Polizei aneinander.
Hitzig war die Stimmung zeitweise im brandenburgischen Cottbus: Hier protestierten am Samstag nach Polizeiangaben bis zu 4000 Menschen an mehreren Orten. Aus zwei erlaubten Demonstrationen bildeten sich mehrere nicht angemeldete Protestzüge, bei denen gegen die Maskenpflicht und zum Teil gegen die Obergrenze von 1000 Menschen für Demos im Freien verstoßen wurde. 15 Menschen hätten Feuerwerkskörper gezündet, gegen sie seien Strafverfahren eingeleitet worden.
Demos in dutzenden Städten
Der Unmut über die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hat am Wochenende rund 28 000 Menschen im Freistaat auf die Straßen getrieben. Den größten Andrang gab es am Sonntag in Nürnberg und in Schweinfurt. Aber auch andernorts war einiges los. Zudem gab es in vielen Kommunen auch Gegendemonstrationen, auf denen Bürgerinnen und Bürger für ein solidarisches Miteinander warben.
Demonstrantinnen und Demonstranten zogen mit Plakaten und Transparenten durch die Südstadt, auf denen «Denkpflicht statt Impflicht» oder «Wir halten Stand» geschrieben war. Auch Schriftzüge wie «Impfen macht frei» seien zu sehen gewesen. Unter den Demonstranten waren Menschen aller Altersgruppen, auch Familien mit Kindern.
Bereits am Samstag hatten laut Polizei mehr als 15 000 Menschen - allerdings in verschiedenen Orten im Freistaat - gegen die Corona-Maßnahmen protestiert. Im Großen und Ganzen blieb es dabei friedlich, doch in Traunstein wurde nach Angaben der Polizei ein Beamter leicht verletzt, nachdem ein Teilnehmer einen Platzverweis erhalten hatte. Auch in anderen Kommunen gab es Platzverweise sowie Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht oder wegen Beleidigung.
Die größte Demo am Samstag war in Ansbach, gut 40 Kilometer westlich von Nürnberg. Da die meisten der - von der Polizei geschätzten - 4200 Teilnehmer die Anordnung, mindestens medizinische Masken zu tragen, am Anfang nicht einhielten, stoppten die Beamten den Zug vorübergehend.
In Augsburg versammelten sich laut Polizei rund 2300 Maßnahmenkritiker. In Regensburg waren es demnach in der Spitze rund 2400 Menschen. 2300 Kritiker protestierten nach Polizeiangaben in Neumarkt in der Oberpfalz. In Bamberg versammelten sich zwischen 1800 und 2000 Maßnahmengegner, wie ein Polizeisprecher sagte. Auch in anderen Städten und Gemeinden im Freistaat gab es Versammlungen mit bis zu einigen hundert Teilnehmern. An vielen Orten formierten sich auch Gegendemonstrationen, die unter anderem ihre Solidarität mit dem Pflegepersonal ausdrückten.
Rund 5000 Menschen hatten am Sonntag in Saarbrücken gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie demonstriert. Die angemeldete Veranstaltung sei friedlich verlaufen, teilte die Polizei mit. Einige Teilnehmer habe man auf die geltende Maskenpflicht hinweisen müssen. Nach Angaben der Polizei waren rund 100 Einsatzkräfte vor Ort. Vor Beginn der Demonstration am Landwehrplatz hatten sich demnach 20 nicht angemeldete Gegendemonstranten versammelt. Diese hätten die Auflagen der Polizei jedoch befolgt, hieß es. Zu einer Konfrontation sei es nicht gekommen.
In ganz Thüringen hatten am Sonntag etwa 2900 Menschen gegen Corona-Maßnahmen demonstriert. Von den insgesamt 17 Demonstrationen waren nur drei angemeldet, wie ein Polizeisprecher in der Nacht zu Montag sagte. Die meisten Menschen versammelten sich in Eisenach (900) und in Gotha (800). Beim Einsatz in Gotha wurden fünf Polizeikräfte leicht verletzt.
Landesweit sprach die Polizei 11 Strafanzeigen und 179 Ordnungswidrigkeitsanzeigen aus. Zudem wurden 239 Platzverweise erteilt. Weitere Demonstrationen gab es in Erfurt, Friedrichroda, Jena, Bad Langensalza, Mühlhausen, Greußen, Schleusingen, Bad Liebenstein und Wandersleben.
«Montagsspaziergänge verboten»
Mehrere Städte haben für diesen Montag (20. Dezember) geplante sogenannte «Montagsspaziergänge» verboten. Diese seien bewusst nicht angemeldet worden, hieß es unter anderem zur Begründung. Bei Veranstaltungen dieser Art protestieren an vielen deutschen Orten Menschen regelmäßig gegen Corona-Maßnahmen. Die Verbote wurden von den Städten Frankenthal, Neustadt an der Weinstraße, dem Kreis Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) sowie der Stadt Karlsruhe (Baden-Württemberg) verhängt.
Die Kreisverwaltung Bad Dürkheim teilte zur Begründung mit, die bundesweit praktizierten «Spaziergänge» seien «durch die Gleichzeitigkeit von akkurater Planung und vermeintlicher Spontanität geprägt». Die Versammlungen zielten darauf ab, staatliche Maßnahmen zu unterlaufen. Es bestehe auch die Besorgnis, «dass die betreffenden Personen, bei denen eine zunehmende Enthemmung und Radikalisierung festzustellen ist, (...) gleichsam ein «Katz-und-Maus-Spiel» mit der Versammlungsbehörde, der Ordnungsbehörde und der Polizei treiben».
Aus der Stadt Neustadt an der Weinstraße hieß es am Samstagabend, der «Montagsspaziergang» werde auf Kommunikationskanälen wie Telegram und Facebook angekündigt, sei aber nicht ordnungsgemäß angemeldet worden.