Die US-Zentralbank Federal Reserve System wird dem US-Kongress keine Einsicht in sensible Akten gewähren, die im Zusammenhang mit einem möglicherweise handfesten Korruptionsskandal und dem anschließenen Rücktritt dreier hochrangiger Fed- Funktionäre stehen.
Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, sollen 60 Seiten, welche die Kommunikation zwischen der Ethik-Abteilung der Zentralbank und ihren hochrangigen Funktionären aus dem Corona-Jahr 2020 enthalten, nicht freigegeben werden. Die Notenbank beruft sich zur Begründung dieses ungewöhnlichen Schrittes auf Ausnahmen, die nach dem geltenden Informationsgesetz ("Freedom of Information Act“) möglich seien. Solche Ausnahmen betreffen traditionell eigentlich nur schwerwiegende und weitreichende Faktoren - etwa Angelegenheiten der nationalen Sicherheit der USA.
Reuters berichtet, dass es im Rahmen des Informationsgesetzes die Freigabe aller Mitteilungen „in Bezug auf die Angemessenheit einzelner Finanztransaktionen“ im Jahr 2020 beantragt hatte, die zwischen dem General Counsel oder dem Ethikstab der Fed einerseits und Mitgliedern des Board of Governors, insbesondere dem damaligen Präsidenten des Bezirks Dallas, Robert Kaplan, und dem Präsidenten des Bezirks Boston, Eric Rosengren, andererseits gegeben habe. Die Fed-Beauftragte und stellvertretende Vorstandssekretärin Margaret McCloskey Shanks antwortete Reuters, dass ihre Mitarbeiter „ungefähr 47 Seiten mit Informationen“ identifiziert hätten, die Mitglieder des Fed-Vorstands betrafen, und etwa 13 Seiten, die entweder Kaplan oder Rosengren betrafen. Die Freigabe der Dokumente sei jedoch verweigert worden.
Drei Rücktritte innerhalb weniger Monate
Drei hochrangige Fed-Beamte - neben den bereits erwähnten Bezirkspräsidenten von Dallas und Boston handelte es sich um den stellvertretenden Vorsitzenden Richard Clarida - waren Ende des vergangenen Jahres beziehungsweise im Januar (Clarida) in rascher Folge zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass sie im Krisenjahr 2020 auf eigene Rechnung umfangreiche Investitionen getätigt hatten.
So spekulierten Robert Kaplan und Richard Clarida offenbar mit Aktien, während Eric Rosengren in immobilienbesicherte Wertpapiere investierte. Weil die Finanzmärkte im Zuge der Corona-Pandemie erst massive Einbußen und Preiszusammenbrüche verzeichneten und schließlich dank massiver geldpolitischer Hilfsaktionen der Federal Reserve selbst (sowie des amerikanischen Staates) wieder neue Höchststände erklommen, wurde der Vorwurf des Insiderhandels laut. Denn alle drei Funktionäre verfügten aufgrund ihrer Tätigkeit bei der Zentralbank über hochkarätiges Insider-Wissen mit marktbewegendem Potenzial - beispielsweise, wann die Fed ihre Hilfsmaßnahmen bekanntgeben würde und wie diese ausfallen würden. Es bot sich damit für die Funktionäre die Chance, Wertpapiere zu niedrigen Preisen aufzukaufen in dem Wissen, dass eine kräftige Erholung kurz bevorstehen würde.
Kaplan und Rosengren verwiesen zur Zeit der Enthüllungen ihrer Aktivitäten darauf, dass ihre Handelsaktivität den Ethikregeln der Zentralbank entsprochen hätten. Angesichts des starken öffentlichen Drucks - welcher nicht zuletzt von Enthüllungsberichten in der New York Tims ausgelöst wurde - traten sie jedoch schließlich recht schnell zurück.
Die internen Untersuchungen der Federal Reserve zu den Vorgängen sind noch nicht abgeschlossen und die Zentralbank ist überdies gerade dabei, Maßnahmen und konkrete Elemente der von Fed-Präsident Jerome Powell zur Beilegung des Skandals vorgestellten neuen Ethikregeln zu finalisieren.