Finanzen

Russland hat noch genug Dollar-Reserven, um Turbulenzen auf den Geldmärkten auszulösen

Lesezeit: 2 min
25.02.2022 17:42  Aktualisiert: 25.02.2022 17:42
Zwar hat Russland seine Dollar-Reserven in den letzten Jahren massiv abgebaut. Doch um am Geldmarkt Turbulenzen auszulösen, reicht es noch, sagt der Wall-Street-Analyst Zoltan Pozsar.
Russland hat noch genug Dollar-Reserven, um Turbulenzen auf den Geldmärkten auszulösen
Seit vielen Jahren betreibt Putin die Abkehr vom Dollar. Doch um Turbulenzen auszulösen, reichen die Bestände noch. (Foto: dpa)
Foto: Fernando Alvarado

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russland verfügt immer noch über Fremdwährungsreserven im Wert von etwa 300 Milliarden Dollar, die im Ausland gehalten werden, sagt Zoltan Pozsar, Analyst bei der Credit Suisse Group AG. Diese Summe sei genug, um die Geldmärkte zu stören, etwa wenn der Westen diese Devisen mittels Sanktionen einfriert oder wenn Russland sie plötzlich verschiebt, um Sanktionen des Westens zu umgehen.

Zoltan Pozsar, der wegen seiner Expertise auch als „Guru“ des Repo-Markts bezeichnet wird, hat die Daten der Bank von Russland und der Finanzmärkte analysiert und berechnet, dass Russland einen viel größeren Anteil in Dollar hält, als seine offiziellen Zahlen vermuten lassen. Die Credit Suisse schätzt, dass die Bank of Russia zu etwa 50 Prozent in Dollar investiert ist, während sie selbst nur 20 Prozent angibt.

Die russischen Fremdwährungsreserven sind nach Ansicht von Pozsar genug, um die Finanzierungsmärkte erheblich zu bewegen. "300 Milliarden Dollar können im Extremfall entweder durch Sanktionen blockiert werden oder irgendwie vom Westen in den Osten verschoben werden, um zu vermeiden, dass sie durch Sanktionen blockiert werden", zitiert Bloomberg aus seinem Bericht vom Donnerstag.

Russlands ist seit etwa fünf Jahren dabei, den Einfluss des Dollars auf seine Wirtschaft zu beseitigen. Dies hat bisher erfolgreich dazu beigetragen, die Auswirkungen der Sanktionen durch die USA und ihre Verbündeten abzumildern. Nicht offiziell gemeldete Reserven, falls sie existieren, wären weitaus schwieriger zu verfolgen und mit Sanktionen zu belegen.

Dennoch erwartet der Analyst Pozsar, dass nun auch die von ihm beschriebenen Devisenbestände im Ausland anfällig für Sanktionen sein könnten oder dass sie verschoben werden könnten, was möglicherweise eine weitere Entdollarisierung befördern würde. Russlands Dollarreserven wurden wahrscheinlich in Swaps umgeschichtet, nachdem das Land in den Jahren 2018 und 2017 alle seine US-Staatsanleihen abgestoßen hat.

Die russische Zentralbank und der Privatsektor verfügen über ein liquides Vermögen von fast 1 Billion Dollar, wobei der Anteil der Dollarreserven höher ist, als den meisten bewusst ist, schreibt Pozsar. Er schätzt, dass etwa 200 Milliarden Dollar in Devisenswaps und weitere 100 Milliarden Dollar in Einlagen bei ausländischen Banken gehalten werden.

Russlands seit Jahren betriebene Abkehr vom Dollar macht die Sanktionen des Westens nun weniger wirksam. Die USA haben im Zuge der Eskalation der Ukraine-Krise gerade geschworen, dass sie der russischen Wirtschaft "schwere Kosten" auferlegen wollen, um deren Geschäfte in ausländischen Währungen zu beeinträchtigen.

Die Aktienkurse und Anleiherenditen sind in dieser Woche stark eingebrochen. Am späten Donnerstag belebte sich die Risikostimmung in den USA, nachdem die Sanktionen der Biden-Administration die russischen Ölexporte verschont und auch eine Sperrung des Zugangs zum globalen Zahlungsnetzwerk Swift vermieden hatten.

"Wenn sich die Handelsströme ändern, können sich die Spreads ausweiten", schreibt Pozsar. "Wenn die Dinge eskalieren, ist es schwer, angesichts der enormen Finanzüberschüsse Russlands und der Frage, wo diese Überschüsse eingesetzt werden, keine direkten Auswirkungen auf Devisenswaps und US-Dollar-Libor-Fixings zu sehen."


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Panorama
Panorama Studie: Klimawandel führt zu weniger Ertrag und Qualität bei Reis
18.05.2024

Japanische Forscher wollten herausfinden, wie sich der Klimawandel auf die Reisernte auswirkt. Dafür haben sie mehrere Szenarien...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Kommentar: 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance - das ist doch ein unternehmerischer Alptraum!
17.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft E-Autos: Zölle gegen China – sollte die EU jetzt den USA nacheifern?
17.05.2024

Nachdem die USA die Zölle auf chinesische Elektroautos drastisch angehoben haben, steht nun die EU vor der Frage, ob sie es dem großen...

DWN
Panorama
Panorama Gesundheitsminister präsentiert neuen Bundes-Klinik-Atlas für Deutschland
17.05.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird am Freitag den "Bundes-Klinik-Atlas" vorstellen, ein staatliches Vergleichsportal, das...

DWN
Politik
Politik 13 Außenminister alarmiert: Rafah droht laut einem Pressebericht ein Großangriff
17.05.2024

13 Außenminister haben Israel in einem Brief vor einer umfassenden Militäroffensive in Rafah im südlichen Gazastreifen gewarnt und mehr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Unser neues Magazin ist da: Macht. Spiel. Politik – Hinter den Kulissen der Fußball-EM 2024
17.05.2024

Eröffnet die EM 2024 eine glänzende Perspektive für die deutsche Wirtschaft oder wird das Großevent ein weiteres Symptom für...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Neue Front bei Charkiw - Die Nacht im Überblick
17.05.2024

Die Ukraine kämpft weiterhin gegen den russischen Angriff entlang ihrer Ostgrenze im Gebiet Charkiw. Schwere Gefechte wurden bei den Orten...

DWN
Politik
Politik Arbeitsvisa-Abkommen mit Drittstaaten: Lösung für Europas Asylkrise?
17.05.2024

Experten vom Ifo-Institut schlagen Arbeitsvisa-Abkommen zwischen der EU und sicheren Drittstaaten vor, um Asylanträge und irreguläre...