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Arbeitgeber wollen schnelle Integration ukrainischer Flüchtlinge in deutschen Arbeitsmarkt

Lesezeit: 2 min
02.03.2022 11:25
Der DIHK will die Ukraine-Flüchtlinge schnell in Deutschland arbeiten lassen. Die Bundesregierung stellt dazu eine schnelle Arbeitserlaubnis in Aussicht.
Arbeitgeber wollen schnelle Integration ukrainischer Flüchtlinge in deutschen Arbeitsmarkt
Am späten Dienstagabend kamen rund 300 Flüchtlinge aus der Ukraine am Hauptbahnhof Berlin an. (Foto: dpa)

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Der Bund strebt nach den Worten von Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner eine rasche Arbeitserlaubnis für Geflüchtete aus der Ukraine an. "Die Bundesregierung wird dafür sorgen, dass die Geflüchteten, die in Deutschland ankommen, schnell eine Erlaubnis zu arbeiten erhalten", sagte der Grünen-Politiker und Mittelstands-Beauftragte der Bundesregierung am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

Das Arbeiten in Deutschland sei eine Möglichkeit, das Leid der Geflüchteten etwas zu lindern. "Damit die Integration in den Arbeitsmarkt gut gelingt, sprechen wir bereits mit den Wirtschaftsverbänden." Bestehende Förderprogramme des Bundeswirtschaftsministeriums würden weiter verbessert: "So erleichtern wir es Familien, die aus großer Not geflohen sind, gut und sicher in Deutschland anzukommen."

DIHK: Beschäftigung insbesondere für geflüchtete Ukrainerinnen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) will Flüchtlingen aus der Ukraine eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen. "In einer ersten Phase wird es um Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter gehen, bei der viele Unternehmen auch helfen wollen", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Schon bald werde aber auch die Frage nach Ausbildung und Beschäftigung insbesondere für geflüchtete Ukrainerinnen relevant werden. "Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung hier jetzt schnell Erleichterungen bei Aufenthaltsregelungen und Arbeitserlaubnis schaffen will", sagte Adrian.

Flüchtlinge aus der Ukraine sollen in Deutschland und EU-weit ohne Asylverfahren bis zu drei Jahre vorübergehenden Schutz erhalten. Das würde auch eine Arbeitserlaubnis umfassen. Auf Details wollen sich die Innenminister der EU-Mitgliedstaaten am Donnerstag verständigen. In der Bundesregierung wird zudem überlegt, den Lebensunterhalt und die Wohnungskosten der Flüchtlinge über die Hartz-IV-Grundsicherung zu gewährleisten.

Adrian sprach von einem "enormen Engagement der deutschen Wirtschaft" bei der Hilfe für die Menschen aus der Ukraine. "Allein heute habe ich von einem Dutzend konkreter Beispiele gehört", sagte Adrian. "Da sind deutsche Unternehmen in der Ukraine, die aus Sicherheitsgründen geschlossen haben und die Löhne weiterzahlen. Firmenchefs geben Mitarbeitern Sonderurlaub, damit sie Verwandte an der Grenze abholen können. Und von Firmen geliehene Busse transportieren Versorgungsgüter an die polnisch-ukrainische Grenze und bringen auf dem Rückweg Geflüchtete mit."

Über das Netzwerk der Außenhandelskammern in den direkten Nachbarländern wie Polen, Tschechien und der Slowakei erfahre man schnell, was am dringendsten gebraucht werde. Im Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge", das beim DIHK angesiedelt sei und vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt werde, seien seit Jahren rund 2800 Unternehmen bei der Integration aktiv: "Viele von ihnen wollen sich jetzt ebenfalls einsetzen und andere Betriebe an ihrem Knowhow teilhaben lassen." Adrian zufolge sind rund 2000 deutsche Unternehmen mit etwa 50.000 Beschäftigten in der Ukraine aktiv.

BA-Chef Scheele: Humanitäre Hilfe derzeit vorrangig

Allerdings ist in Deutschland nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) noch nicht entschieden, wie der geplante EU-Beschluss konkret umgesetzt wird. "Die Gespräche, die ich geführt habe, sind eindeutig darauf gerichtet, einen schnellen Arbeitsmarktzugang herzustellen - wenn die Menschen es wollen", sagte BA-Chef Detlef Scheele in Nürnberg. Die Jobcenter der Kommunen und der BA seien handlungsfähig.

In der Bundesregierung wird überlegt, den Lebensunterhalt und die Wohnungskosten der Flüchtlinge über die Hartz-IV-Grundsicherung zu gewährleisten. Dafür sind die Jobcenter zuständig. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sie unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen.

Vorrangig ist aus Sicht der BA die humanitäre Hilfe. "Die Integrations-Perspektive stellt sich dann, wenn die Menschen entscheiden, sich zumindest für einen bestimmten Zeitraum in Deutschland niederzulassen und zu bleiben", sagte Scheele. "Davon sind wir weit entfernt. Denn wenn man gerade Haus und Hof verlassen hat, denkt man erst mal daran, wie man am besten dahin zurückkommt." Es gehe darum, vor allem Frauen mit Kindern die Ankunft zu ermöglichen und eine Unterkunft zu verschaffen: "Jetzt kommt es auf ein humanitäres Zusammenstehen der EU an."


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