Politik

Deutschland wird sieben Panzerhaubitzen an Ukraine liefern

Lesezeit: 2 min
06.05.2022 11:17
Deutschland wird der Ukraine sieben Panzerhaubitzen liefern. Verteidigungsministerin Lambrecht bezeichnete die Haubitzen als «eine besondere Waffe».
Deutschland wird sieben Panzerhaubitzen an Ukraine liefern
Eine Panzerhaubitze 2000 fährt während einer Übung über einen Truppenübungsplatz Altengrabow. (Foto: dpa)

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Mit einer Lieferung von sieben Panzerhaubitzen 2000 will die Bundesregierung die Feuerkraft der ukrainischen Streitkräfte deutlich verstärken. Dazu sei eine Übereinkunft erzielt worden, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Freitag in Sliac in der Slowakei. Die Ministerin bezeichnete die Haubitzen als «eine besondere Waffe», die als Teil eines Gesamtpakets mit Ausbildung und Munition sowie möglichen Beiträgen weiterer Nato-Partner bereitgestellt werde.

Um die Lieferung schwerer Waffen hatte es lange Streit gegeben. Der Bundestag hatte Ende März eine Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gefordert und dazu einen gemeinsamen Antrag von Union sowie den regierenden Ampel-Parteien beschlossen. Lambrecht hat auch eine Lieferung von Flugabwehrpanzern Gepard in Aussicht gestellt, von dem der Hersteller KMW noch 50 Stück in den Beständen hat.

Die Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriesystem mit einer Kanone auf einem Kettenfahrzeug - und ähnelt damit einem Panzer. Mit Standardmunition erreicht die Panzerhaubitze Schussentfernungen von 30 Kilometern, mit reichweitengesteigerter Munition sind 40 Kilometer möglich, wie die Bundeswehr schreibt. Die Geschützbesatzung kann demnach bis zu sechs Granaten so abfeuern, dass diese gleichzeitig einschlagen. «Die Panzerhaubitze 2000 ist eines der modernsten Artilleriegeschütze weltweit. Ihre Stärke liegt in ihrer Präzision und in ihrer großen Kampfentfernung», heißt es.

Praktiker erklären, dass die Ukrainer in Verbindung mit Aufklärungsergebnissen erhebliche Waffenwirkung auf größere Entfernung erzielen könne. Befürworter einer Lieferung verwiesen darauf, dass in der Ukraine Gefechte gegen russische Angreifer liefen, bei denen sich die künftige Ordnung in Europa wesentlich entscheiden könne und ein Sieg der russischen Streitkräfte deswegen verhindert werden müsse. Bedenken wurden wiederholt laut mit Hinweis darauf, Deutschland dürfe nicht Partei in dem Krieg werden.

Die SPD-Politikerin besuchte am Freitag auf dem Militärflughafen Sliac in der an die Ukraine angrenzenden Slowakei deutsche Soldaten, die mit dem Flugabwehrsystem Patriot zur Verstärkung an die Nato-Ostflanke verlegt wurden. Der Schritt ist eine unmittelbare Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Die deutschen Patriots ersetzen ein Flugabwehrsystem S-300, das die Slowakei der Ukraine zur Verfügung stellt. Konkret schützen die Patriots den militärisch wichtigen Flugplatz mit einer zentralen Kommandostelle.

Für die slowakischen Gastgeber sind Besuche wie jetzt von der deutschen Verteidigungsministerin nicht nur als Signal gegenüber Russland wichtig, sondern auch innenpolitisch. Sie liefern der unter schlechten Umfragewerten leidenden Regierung positive Bilder, ohne dass oppositionelle Kritiker dabei sind. Denn dass die Slowakei ihre Militärtechnik an die Ukraine abgibt und dafür selbst von Truppen und Waffen der Bündnispartner geschützt wird, spaltet die Öffentlichkeit in dem EU- und Nato-Land.

Verteidigungsminister Jaroslav Nad bezeichnete die Stationierung von Truppen und Patriot-Systemen aus Deutschland und anderen Nato-Verbündeten als «größten Schritt für die Verteidigung der Slowakischen Republik seit ihrer staatlichen Unabhängigkeit». Oppositionsparteien hingegen werfen der Regierung wegen der zum Teil als Ringtausch organisierten militärischen Transaktionen «Hochverrat» vor und haben Proteste organisiert, sowie Verfassungsklagen und einen Misstrauensantrag gegen das gesamte Kabinett angedroht.

Nad selbst hatte wochenlang Gerüchte von sich gewiesen, dass die Slowakei im Gegenzug für die Patriot-Stationierung ihr eigenes Flugabwehrsystem S-300 der Ukraine übergeben werde. Dass er Anfang April bestätigte, das Raketensystem sei der Ukraine geschenkt und bereits heimlich dorthin transportiert worden, löste empörte Reaktionen aus.

Dennoch kündigte Nad am vergangenen Freitag bereits den nächsten Ringtausch an: Die Slowakei werde ihre Kampfflugzeuge des ebenfalls sowjetischen Typs MiG-29 der Ukraine verkaufen und ihren eigenen Luftraum dafür vom Nachbarland Polen schützen lassen. Auch die MiG hatte Nad noch vor kurzem als unverzichtbar bezeichnet, bis im Jahre 2024 die noch von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung in den USA bestellten F-16 geliefert würden.

Weniger umstritten sind andere Pläne der slowakischen Regierung. Außenminister Ivan Korcok berichtete jüngst in einer TV-Diskussion von Verkaufsverhandlungen mit der Ukraine über die in der Slowakei produzierten Radpanzerhaubitzen Zuzana. Auch habe man der Ukraine angeboten, beschädigte Panzerfahrzeuge und andere Militärtechnik in der Slowakei zu reparieren.

Noch zu Jahresbeginn hatte sich in Umfragen eine große Mehrheit der slowakischen Bevölkerung gegen die Anwesenheit ausländischer Truppen im Land ausgesprochen und deshalb auch einen von der Regierung trotzdem abgeschlossenen Militärvertrag mit den USA abgelehnt. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die Stimmung in der Bevölkerung zwar zu einem klaren Ja für die Anwesenheit verbündeter Truppen gekippt, der Anteil der Gegner ist aber noch immer groß.


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