Deutschland

Fußball-Bundesliga: Quo vadis?

Lesezeit: 3 min
10.05.2022 12:03  Aktualisiert: 10.05.2022 12:03
Die Fußball-Bundesliga steht vor einer Zäsur. Die Zeit des selbstverständlichen Wachstums scheint vorbei.

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Und jährlich grüßt das Murmeltier: Der Branchenprimus FC Bayern München ist zum zehnten Mal in Folge deutscher Meister geworden, die Corona-Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen, und die in den Statuten der Deutschen Fußball Liga (DFL) verankerte 50+1 Regel spaltet die Geister. Entsprechend skeptisch schauen die Verantwortlichen in die Zukunft. Die Zeit des selbstverständlichen Wachstums sei vorüber, meint Donata Hopfen, Sprecherin des DFL-Präsidiums. Selbst befindet sich die DFL am Scheideweg zwischen einer noch stärkeren Kommerzialisierung oder einem eigenwilligen „deutschen Weg.“ Die 50+1 Regel besagt, dass die Mehrheit der Anteile eines Vereins immer in den Händen der Mitglieder sein muss.

Einer Studie zufolge betrug der Anteil des Fußballs (gesamte Wertschöpfung) vor Corona-Zeiten rund 0,2 Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Einen empfindlichen Einbruch erlitt der Fußball allerdings mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Ein Vergleich: Der Gesamterlös der 1. und 2. Bundeliga im Geschäftsjahr 2020/2021 betrug mit 4,05 Milliarden Euro rund eine Milliarde weniger als noch 2019/2020. Während vor Corona noch Tickets im Wert von 650 Millionen Euro abgesetzt wurden, waren es im Jahr 2020/2021 Corona-bedingt lediglich 35,5 Millionen Euro. Besonders hart hat es auch direkt und indirekt beschäftigte Personen in den ersten zwei deutschen Ligen getroffen, deren Zahl vorübergehend von 52.786 im Jahre 2019/2020 auf 25.183 (rund 50 Prozent) im Jahre 2020/2021 gesunken sind.

Zwar hat sich der deutsche Profifußball im Laufe dieser Saison erholt, die Zuschauer strömen wieder ins Stadion, allerdings sind die Erlöse aus der Vermarktung geringer geworden. Auch wenn der überraschende Vormarsch von Eintracht Frankfurt bis ins Finale der Europa League zumindest in der Finanzmetropole eine regelrechte Fußballeuphorie ausgelöst hat. In der Regel ist es Bayern München, der die deutsche Eliteliga im Ausland vertritt. Für den mit 611 Millionen Euro mit Abstand umsatzstärksten deutschen Verein war in der laufenden Champions-League-Saison allerdings schon im Viertelfinale Endstation.

Die Krux an der Geschichte: In der deutschen Bundesliga gibt es kaum einen Kampf um die Meisterschaft, und auf europäischer Ebene läuft der deutsche Fußball ständig Gefahr, abgehängt zu werden. Zwar bescheren die nationalen TV-Übertragungsrechte der DFL Liga 1,1 Milliarden Euro pro Saison. Damit liegt die Bundesliga in etwa gleichauf mit Italien, Spanien und Frankreich – in England gibt es allerdings mit 1,9 Milliarden Euro deutlich mehr Geld. Allerdings sorgt die Verteilung der Gelder selbst immer wieder für hitzige Debatten unter den Vereinen.

Vor allem die kleineren Vereine der 1. Bundesliga, die mit ohnehin kaum konkurrenzfähigen Etats jährlich versuchen müssen, die Klasse zu halten, fühlen sich benachteiligt. Nur ein Beispiel: Während Abstiegskandidat Arminia Bielefeld mit einem jährlichen Etat von rund 51 Millionen auskommen muss, steht er bei den Spitzenklubs bei mehr als dem Zehnfachen.

Zudem verhindert die 50+1 Regel, dass ausländische Investoren verstärkt in Vereine der deutschen Bundesliga investieren. Sie zieht es vor allem nach England, Italien, Spanien und Frankreich. Dort werden mittlerweile im Spitzensegment für den deutschen Fußballmarkt kaum zu stemmende Spielergehälter und Transfersummen erzielt. Mit dem Ergebnis, dass die Bundesliga ständig Angst haben muss, die attraktivsten Spieler der Liga an ausländische Vereine zu verlieren.

Nicht zuletzt schwebt über den europäischen Fußball und damit auch über die Bundesliga das Gespenst einer europäischen Superliga. Zwar hat der europäische Fußballverband UEFA die Idee vorerst abgeschmettert, allerdings scheint sie mehr als ein Hirngespinst superreicher Klubs und deren Investoren zu sein. Mittlerweile schlagen auch ehemalige Fußballer in diese Kerbe.

Erst kürzlich hat der einstige brasilianische Fußballstar Ronaldo in dem vom ehemaligen italienischen Weltklassespieler Christian Vieri ins Leben gerufenen Streaming-Dienst "Bobo TV" seine feste Überzeugung geäußert, dass in Zukunft eine Superliga kommen müsse. Zum einen, um die ständig wachsenden Ansprüche der Fans zufriedenzustellen, zum anderen weil das Fußballgeschäft eine Unterhaltungsindustrie sei, die noch riesiges Wachstumspotential biete. Sein Rezept: weniger Spiele, dafür mehr Qualität. Er selbst ist mittlerweile Eigentümer des spanischen Zweitligisten Real Valladolid und des brasilianischen Traditionsclubs Cruzeiro.

Sollte es mittelfristig in diese Richtung gehen – die Superliga ist vor allem bei den Spitzenvereinen Real Madrid und Juventus Turin noch lange nicht vom Tisch - dann werden wohl auch Vereine wie Bayern München und Borussia Dortmund umdenken müssen. Vorerst können sie dieser Idee noch nichts Positives abringen. Auf jeden Fall aber stünde die Bundesliga wie auch andere europäischen Ligen mit einer europäischen Superliga vor einer neuen Herausforderung – mit einer noch ungewissen Zukunft.


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