Politik

Geopolitische Kehrtwende: US-Regierung nimmt Sanktionen gegen Venezuela zurück

US-Präsident Biden hat die unter Trump begonnene Druck-Kampagne gegen Venezuela abrupt beendet und eine erstaunliche Kehrtwende eingeleitet.
18.05.2022 12:00
Lesezeit: 2 min
Geopolitische Kehrtwende: US-Regierung nimmt Sanktionen gegen Venezuela zurück
Auf diesem vom venezolanischen Präsidentenamt zur Verfügung gestellten Bild winken Nicolas Maduro (l), Präsident von Venezuela, und seine Frau Cilia Flores (r) bei einer Veranstaltung zum Tag der Jugend. (Foto: dpa) Foto: Fancisco Batista

Die US-Regierung hat eine möglicherweise weitreichende Kehrtwende im Verhältnis zu Venezuela eingeleitet. Wie verschiedene Medien in den USA berichten, werden demnach mehrere Sanktionen gegen das südamerikanische Land zurückgenommen, andere bleiben vorerst noch erhalten.

So wurden unter anderem gegen den Ölkonzern Chevron in Venezuela bestehende Restriktionen gelockert. Ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter sagte am Dienstag in einer Telefonschalte mit Journalisten, das Finanzministerium habe Chevron eine eng gefasste Erlaubnis erteilt, „Bedingungen für mögliche zukünftige Aktivitäten in Venezuela auszuhandeln.“ Chevron darf demnach wieder direkt mit der venezolanischen Regierung und dem staatlichen Ölkonzern PDVSA verhandeln. Er betonte, damit solle die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen Staatschef Nicolás Maduro und dem selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó unterstützt werden.

Oppositionsführer Guaidó hatte sich Anfang 2019 mit aktiver Unterstützung der Trump-Administration zum Interimspräsidenten erklärt und versucht seitdem, Maduro aus dem Amt zu drängen. Doch obwohl die USA und auch zahlreiche europäische Regierungen Sanktionen gegen Maduro und die Ölindustrie des Landes erließen und Guaidó sogar offiziell als Präsidenten anerkannten konnte sich dieser in Venezuela selbst nicht durchsetzen.

Biden sucht händeringend nach günstigem Öl

Die Lockerung der Sanktionen im Energiebereich verweisen auf die Motive der Biden-Administration bei der gegenwärtigen Kehrtwende. Angesichts rasant steigender Preise für Benzin und Diesel sucht die US-Regierung nach neuen Bezugsquellen für Rohöl und Ölprodukte, um das Angebot zu stärken und damit die Preise zu drücken.

Der massive Anstieg der Preise an den Tankstellen sorgt in der Bevölkerung für Unmut und könnte bei den im November anstehenden Zwischenwahlen zu herben Verlusten für die ohnehin sehr unbeliebte demokratische Regierung führen. Venezuela verfügt Schätzungen zufolge über die weltweit größten unerschlossenen Rohölreserven. Eine komplette Zurücknahme der gegen den Ölsektor erlassenen Sanktionen könnte kurzfristig zu einem Export von täglich 400.000 Barrel Rohöl führen.

In der Vergangenheit hatte Biden auch schon am Persischen Golf diplomatisch interveniert und die dort angesiedelten großen Ölproduzenten aufgefordert, die Fördermengen zu erhöhen, damit die Rohölpreise sinken.

Lesen Sie dazu: Trumps Energie-Politik wird revidiert: Biden bittet die Saudis um „bezahlbares Öl“

Maduro ist mit Moskau verbündet

Auch wenn die diplomatische Kehrtwende von einem Sprecher des Weißen Hauses als mit Guaidó abgesprochen dargestellt wurde - die Fakten sprechen für eine pragmatische Annäherung an Venezuela und eine faktische Anerkennung Washingtons, dass Nicolás Maduro und eben nicht Juan Guaidó der entscheidende Mann in Caracas ist.

Maduro pflegt indes enge Kontakte nach Moskau. Der venezolanische Präsident hatte die von westlichen Staaten gegen Russland erlassenen Sanktionen Anfang März verurteilt und Moskau erneut seine Unterstützung ausgesprochen. Venezuela werde die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland auf allen Ebenen aufrechterhalten.

Venezuela gehört neben Kuba und Nicaragua zu den engsten Verbündeten Russlands in Lateinamerika. Die beiden Länder haben eine ganze Reihe von Kooperationsverträgen geschlossen. In den vergangenen Jahren waren zudem immer wieder russische Soldaten für Schulungen und gemeinsame Manöver in Venezuela.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...